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Die Liebe am Nachmittag

Die Liebe am Nachmittag

Titel: Die Liebe am Nachmittag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erno Szep
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Eissalon. Iboly leckte mit langer Zunge von unten an dem Eishörnchen hoch, ich sah auch, dass es rotes Eis war, Himbeer. Iboly hatte ein grün- oder blaugepunktetes Seidenkleid an; sie war wirklich hübsch. Noch etwas konnte ich in den wenigen Augenblicken feststellen: Gyula trug eine getupfte Krawatte, wie auch ich sie gern mag. Ich trat etwas zurück, was aber eigentlich nicht nötig war, sie hatten mich gar nicht wahrgenommen.
    Ich freute mich sehr.
    Aber einen kleinen, gemeinen Stich am Herzen spürte ich doch.
    Ja, zu solchen kurzen Herzstichen gab es seit der Prüfungsaufführung mehrmals Gelegenheit. Vorher hatte ich so etwas nicht. Interessant, dass man es erst nach einer gewissen Zeit zu spüren beginnt. Wie man ja auch nach einem Schlag den Schmerz nicht sofort empfindet.
    Guten Abend. Guten Aaabend.
    Nichts Schlimmes, ein kleines Verlustgefühl.
    Wenn ich mein Taschenmesser irgendwo verliere, trauere ich ihm auch eine Zeit lang nach, einfach weil ich daran gewöhnt war.
    Ich schlendere am Abend so dahin und muss daran denken, dass wir,wenn wir aus dem Kino kamen oder zum Abendessen gingen, im Schein der Lampen unseren zusammengewachsenen Schatten auf dem Trottoir beobachteten.
    Ich drücke mir meinen Ellenbogen in die Seite und versuche, mir wieder ihren Arm unter dem meinen vorzustellen. Und ich muss schmunzeln,denn mir kommt irgendein lustiges Wort, das ich schon vergessen hatte, in den Sinn. Im Winter sagte sie einmal von einem etwas verwegen aussehenden Ordensbruder: ein Zisterzianer.
    Damals im Frühjahr, als sie noch nichts als ihre Künstlerlaufbahn im Kopf hatte, verkündete sie einmal bedeutungsvoll: wie gut, dass die Hoffnung kein Geld kostet, sonst hätten die Armen nichts zu hoffen.
    Dieser Tage bin ich richtig zusammengezuckt, ich hatte halblaut vor mich hin gesagt: lassen Sie sich gesagt sein.
    Eines Morgens fiel mir ein Taschentuch in die Hände, auf dem sich noch Spuren von Lippenstift befanden; ich habe es nicht in die Wäsche gegeben.
    Es war das Lippenrot von ihrem Mund, geranienfarben, aber von der helleren Sorte.
    So kommt es dann zu dieser kleinen Herzattacke, nicht mehr als ein Mückenstich unten am Knöchel. Oder nicht einmal so viel.
    Ich freue mich, wenn ich spüre, ich habe ein Herz.
    Natürlich gibt es auch Augenblicke, in denen mich eine Art heidnische Reue überkommt und ich mich tadeln muss: Warum hast du diesen sauberen kleinen Körper aus der Hand gegeben! Darf man denn in diesem armseligen Dasein ein solches Geschenk einfach ignorieren?
    Wenn ich gegen Abend über den Elisabeth-Platz gehe, den Városmajor-Park durchquere und mich die Nachtigall schimpfend antrillert, so geht mir das schon nahe. Vier, fünf Minuten lang.
    Aber natürlich, diese ganze Geschichte wird sich nach und nach verflüchtigen.
    Ein anderes Mädchen wird kommen, vielleicht ein noch attraktiveres.
    Ich glaube ja gelegentlich auch, im nächsten Jahr würde ich jünger sein und nicht noch älter.
    Ist ja auch egal, ganz egal. Und für mich sowieso einfach, ich weiß ja stets, dass ich sterben werde. Schüttle alles, was mir passiert, nur so ab, werfe es weit weg, fort in diese Finsternis.
    Doch solange ich da bin, muss ich in meiner Schwäche etwas als Stütze haben, damit ich leichter laufen kann auf dieser Erde. Und dieses Etwas benötige ich sogar noch dringender als mein Spazierstöckchen; das verwende ich ja nur im Sommer, diese innere Stütze aber brauche ich sommers wie winters.
    Noch etwas brauche ich: Freiheit, ja. Damit ich spüre, das mache ich so, und so tut es mir gut. Das bin ich.
    Aber wer ist dieses
Ich
,was ist das,wo ist es? Ich weiß es nicht, man kann es nicht sehen, ich kann mir nicht an die Nase fassen, um es zu spüren, weil es nur eine Nase ist wie die Nase eines x-Beliebigen.
    Nein, dieses gewisse
Ich
brauche ich gar nicht, denn was ist das schon.
    Der Vogel, der ist ein Vogel, wie er einer sein muss. Und der Wolf ist ein Wolf, wie er im Buche steht. Und auch der Marienkäfer ist ein Marienkäfer,wie es ihm bestimmt ist. Benimmt sich, wie ein Marienkäfer sich zu benehmen hat.
    Wie soll ich Mensch sein? Wie muss ich mich benehmen, um ein Mensch zu sein, so wie der Wolf ein Wolf und der Marienkäfer ein Marienkäfer ist?
    Ich kenne keine Vorschrift, habe keine Gebrauchsanweisung mitbekommen.
    Der Mensch, der eine ist ein Anwalt und will den Prozess gewinnen. Der andere Mensch, ein Fabrikant, will den zweitenFabrikanten zugrunde richten. Der dritte ist Soldat und will morden. Der

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