Die Liebe am Nachmittag
Stück, zumindest was sie betrifft und den Dudás, ihren Partner. Alles andere ist nicht so wichtig. Der Herr Professor Tatai hat sie manchmal anderthalb Stunden oben bei sich in der Garderobe, er hält sich an einem Satz solange fest, bis er ihn völlig einwandfrei von ihr gehört hat. Der Dudás erzählt jedem, er könne sich die Rolle jedes anderen Darstellers nur mit gleichgültigem Lächeln anhören, auch ihre. Das heißt, er hört gar nicht richtig hin, hat nur diesen spöttischen Ausdruck im Gesicht. Der ekelhafteKerl sagt, die anderen interessieren ihn nicht, obwohl er wirklich keine Angst haben muss,dass ihm jemand die Schau stiehlt.
Iboly hat für ihren Prüfungsauftritt schon alles beisammen. Daheim ist man ganz hingerissen von ihrer Garderobe. Maci leiht ihr auch noch die rosa Seidenschuhe, vorn in die Schuhspitzen muss man etwas Zeitungspapier stopfen, damit sie an Ibolys Füßen nicht schlottern. Auch das Problem des Retiküls zu ihrem Abendkleid ist schon gelöst. Bijou hatte eine Idee, sie näht ihr aus ihrem rosa Mousselinetaschentuch ein zum Kleid passendes Säckchen.
Ich höre ihr zu, und mir tut das Herz weh.
In manchen Augenblicken muss ich wegschauen. Will sie nicht sehen, so lieb, so süß ist sie.
Aber öfter als einmal muss ich auch gähnen. Nicht nur, um ihr eine Komödie vorzuspielen. Ich bin so müde, wirklich. Will das Gähnen aber auch nicht unterdrücken, das ist alles.
Anderntags,das heißt drei Tage später,erzählt sie,ich soll mir bloß mal vorstellen, der junge Mann, dieser Metzgergehilfe, war im Theater, hat wieder auf sie gewartet, bis sie herauskam.
»Zum Wiehern, nicht?«, sagt sie – und verbessert sich sogleich. »Ist doch lächerlich. Was will der noch von mir, weiß er nicht, dass ich für ihn gestorben bin?«
Aber sie hat dem Burschen trotzdem erlaubt, sie heimzubegleiten.
»Was sollte ich machen? Ich konnte nicht sagen, dass ich jemanden erwarte, er wäre ja bis zum Morgen mit mir da stehen geblieben. Weil Sie gestern wieder keine Zeit für mich hatten, und es ist so schrecklich, dass Sie jetzt abends immer zu tun haben.«
Ich erkundigte mich nicht weiter nach dem Burschen; unterwegs kaufte ich eine Abendzeitung und blickte, während Iboly erzählte, nur hin und wieder auf, weil mich an diesem Tag nämlich der Wechselbetrug irgendeines Aristokraten so brennend interessierte.
Ich bin auch sonst sehr zerstreut: vergesse mein heiliges Gelübde, greife hinter die Bank und pflücke eine Pusteblume, eine die zu früh, nämlich im Mai, schon zur Reife gekommen ist; ein paar Mal puste ich in die flaumige Kugel und weiß zu Iboly nichts Gescheiteres zu sagen als:
Siehst du, meine Liebe, so schwindet alles dahin, was schön ist in diesem Leben.
Sie sieht den davonschwebenden kleinen Fallschirmen nach und legt ihren Kopf auf meine Brust; offenbar denkt sie nach und haucht mir mit einer kleinen Verspätung diese Sentenz ins Ohr:
»Aber solange es dauert, ist es so schön.«
Und gegen meine Krawatte gelehnt, ruht sie ihren Kopf aus, dann sieht sie sich um, lässt den Kopf in den Nacken fallen und bietet mir plötzlich mit einem leisen milden Wimmern ihren Mund an.
Iboly, da kommen Leute!
»Ist mir gleich.«
Na also, Närrin. So etwas kann man in Paris machen, vor den Augen anderer Menschen schmusen. Hier ist es anstößig.
Es schien geraten, die ungestüme kleine Dame hinüber in den Garten des Lukács-Bades zu nötigen. Da werden wir ein bisschen Musik genießen, es ist ewig her, dass ich ein Promenadenkonzert gehört habe. Ich besitze ja kein Radio. Du kannst dir eine Portion Eis einverleiben, dazu eine Vanillemilch. Das schmeckt dir sicher besser als mein greiser Mund. Wir haben noch eine halbe Stunde; dann muss ich gehen, du weißt, ich habe noch zu tun.
Auf dem Rückweg hinüber nach Pest hielt ich Iboly mehrmals an, damit wir uns an den Babys entzücken konnten, die um diese Zeit aus den Anlagen unterhalb der Brückenpfeiler und vom Kossuth-Lajos-Platz heimgeschoben werden.
Als wären sie aus den rosaroten Himmelsfederbetten in ihre Wägelchen herabgefallen. Hat etwa Hollywood so reizendeFox- oder Metro-Stars wie dieses zahnlose Engelchen, schau, wie es sich freut und dich interessiert ansieht.
Das Kindermädchen ist so nett zu erlauben, dass Iboly dem freundlichen Baby ihre Finger reicht und sie von dem sauberen weichen Patschhändchen packen lässt.
Tut dir das Herz nicht weh, Iboly, wenn dich ein so drolliger kleiner Mensch anlächelt?
»Warum soll das
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