Die Liebe deines Lebens
bin bloß … ein bisschen durcheinander.«
»Ein bisschen durcheinander.« Er musterte mich. »Das ist die Untertreibung des Jahres. Nicht mal I-ah aus Pu der Bär könnte dir das Wasser reichen.«
Ganz gegen meinen Willen musste ich lachen. »Ich meine doch nur, wir sollten auf deine Ernährung achten, denn das wird dir auch helfen. Das hat mehr mit Depression zu tun, als man denkt. Fit bist du ja ansonsten, ich meine, du machst bestimmt viel Sport.« Ich spürte, dass ich rot wurde. »Aber ich habe dich noch nie was essen sehen – keine Ahnung, woher du die Energie nimmst.«
»Soll ich es dir auf fünf oder lieber auf zehn verschiedene Arten erklären?«
»Nur eine bitte.«
»Das kommt vom Strippen, weißt du. Wenn ich auf der Bühne mit den anderen Jungs tanze.«
Ich lachte wieder. »Ich glaube, du bringst da was durcheinander – Strippen ist nicht das Gleiche wie Modeln.«
»Tja, ich weiß nicht, was in deinem Kopf vor sich geht«, grinste er.
Die Kellnerin unterbrach uns und stellte zwei riesige Teller vor uns auf den Tisch. Wir betrachteten sie voller Grauen.
»Ist alles in Ordnung?«, fragte die Kellnerin, der die Reaktion nicht verborgen geblieben war. »Habe ich die Bestellung nicht richtig aufgenommen?«
»Doch, natürlich. Das sieht … köstlich aus. Danke.« Ich ergriff Messer und Gabel, zögerte aber, weil ich nicht recht wusste, wo ich anfangen sollte.
»Wann bist du denn das letzte Mal essen gegangen, Christine, wenn du glaubst, das macht so viel Spaß?«, wollte Adam wissen, während er nachdenklich seinen Teller betrachtete.
»Das ist lange her, aber nur, weil wir auf die Hochzeit gespart haben. Mmm, das schmeckt gut. Und bei dir?«
Nicht einfach nur essen, sondern auch schmecken!
»Ich weiß gar nicht, was das ist – vielleicht Ingwer? Echt lecker. Und Zitrone ist auch dran, glaube ich. Jedenfalls sind wir nach der Hochzeit gleich auf Hochzeitsreise gefahren, und danach hatten wir kein Geld mehr und sind zu Hause geblieben oder haben höchstens ab und zu mal ein Take-away geholt. Aber das war okay, unsere Freunde haben das auch so gemacht.«
»Da hattet ihr alle sicher viel Spaß«, meinte Adam sarkastisch. »Wie lange warst du überhaupt verheiratet?«
»Iss«, entgegnete ich. »Ist es lecker? Ist das Püree schön cremig?«
»Ja, das Püree ist cremig.« Er tat so, als würde er mitspielen. »Und die Karotten sind sehr karottig.«
»Neun Monate«, beantwortete ich seine Frage, ohne auf seine Bemerkung einzugehen.
»Du hast deinen Mann nach gerade mal neun Monaten verlassen? Da war ich ja mit manchen Freundinnen länger zusammen, die ich gehasst habe. Anscheinend hast du dich nicht besonders angestrengt.«
»O doch, ich habe mich angestrengt, und wie.« Ich senkte die Augen und spielte mit meinem Essen.
»Iss! Ist dein Lamm schön lammig?«, fragte er. »Wann hast du denn gemerkt, dass irgendwas nicht stimmt?« Er nahm eine Gabel Lachs, kaute langsam und schluckte den Bissen dann mühsam hinunter, als wäre er eine riesige Pille.
Ich dachte nach. Sollte ich ihm die Wahrheit gestehen oder das Gleiche sagen wie allen anderen?
»Keine Geheimnisse, denk dran«, fügte er hinzu.
»Ich hatte schon eine ganze Weile meine Zweifel, aber ganz sicher gewusst habe ich es, als wir am Hochzeitstag zum Altar gegangen sind.«
Adam hörte auf zu essen und sah mich verdutzt an.
»Iss weiter«, sagte ich. »Ich habe Rotz und Wasser geheult, als ich Barry entgegengegangen bin. Darüber reden unsere Gäste noch heute – sie fanden es wunderschön und anrührend. Aber meine Schwestern wussten Bescheid. Das waren keine Freudentränen.«
»Warum hast du dann überhaupt geheiratet?«
»Das war reine Panik. Ich wollte es abblasen, aber ich hatte nicht den Mut dazu. Und ich wollte Barry nicht weh tun. Ich war überzeugt, dass es keinen Ausweg gibt, und hatte das Gefühl, in der Falle zu sitzen, aber weil ich selbst schuld daran war, habe ich mich gezwungen, die Sache durchzuziehen.«
»Du hast ihn also geheiratet, um seine Gefühle nicht zu verletzen?«
»Ja, und deshalb konnte ich auch nicht aus dem gleichen Grund mit ihm verheiratet bleiben.«
Adam überlegte und nickte schließlich. »Das leuchtet ein.«
»Wenn ich mir damals einen Moment Zeit genommen hätte, um nachzudenken,
richtig
nachzudenken, dann wäre mir bestimmt auch eine andere Möglichkeit eingefallen. Eine bessere Möglichkeit.«
»Wie wenn man auf der Brücke steht.«
»Ja, genau.« Ich schob das Essen auf meinem
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