Die Liebe deines Lebens
Nasenspitze, blickte verwirrt auf. »Elaine? Ja, sie ist in Ordnung, ich hab sie gerade angeheuert. Komm, lass uns reden.«
Wir gingen hinauf in die Wohnung, in der Amelia mit ihrer Mutter Magda lebte.
»Ich möchte nicht, dass meine Mum etwas mitkriegt«, sagte Amelia leise und schloss die Küchentür. »Sie war total überzeugt, dass Fred mir einen Antrag macht. Ich weiß nicht, wie ich es ihr sagen soll.« Sie begann wieder zu weinen.
»Was ist denn passiert?«
»Er hat gesagt, man hat ihm einen Job in Berlin angeboten, und er möchte unbedingt hinziehen, weil das eine Riesenchance für ihn ist. Er hat mich gefragt, ob ich nicht mitkommen will, dabei weiß er doch, dass das nicht geht. Ich kann hier nicht weg. Und was würde aus dem Laden?«
Es war der falsche Zeitpunkt, sie daran zu erinnern, dass sie seit einem Jahrzehnt wesentlich mehr Geld in den Laden steckte, als er abwarf. Was die großen Buchläden mit ihren Kaffeetheken anging, die Online-Stores und das Thema E-Books, musste ich Amelia manchmal daran hindern, ausfällig zu werden und auf Leute loszugehen, die auf ihrem E-Reader lasen. Sie hatte alles Mögliche versucht, hatte Märchenstunden für Kinder, Autorenlesungen und abendliche Buchclub-Treffen organisiert, aber es sah immer mehr danach aus, als kämpfe sie auf verlorenem Posten. Sie wollte die Erinnerung an ihren Vater aufrechterhalten, dessen ganzer Stolz und Freude der Laden gewesen war. Für Amelia war es anders – sie liebte ihren Vater, nicht das Geschäft. Schon mehrmals hatte ich ihr das klarzumachen versucht, aber sie hatte immer abgeblockt.
»Gibt es denn die Option, dass du deine Mutter nach Berlin mitnimmst?«
Amelia schüttelte den Kopf. »Mum hasst es zu reisen, du weißt ja, wie sie ist, sie will Irland nicht verlassen. Und sie könnte auch niemals in Berlin leben!« Sie sah mich an, entsetzt, dass ich so etwas überhaupt erwähnte, und ich konnte Freds Frust verstehen. Amelia war nicht bereit, länger als eine Sekunde über seinen Vorschlag nachzudenken.
»Ach komm. Das heißt doch nicht, dass es vorbei ist. Fernbeziehungen funktionieren. Du hast es durchgestanden, als er damals sechs Monate in Berlin war, schon vergessen? Es war hart, aber ihr habt es geschafft.«
»Ja, weißt du, das ist es doch.« Sie wischte sich die Augen. »Er hat nämlich eine andere kennengelernt, als er dort war. Ich hab dir das damals nicht erzählt, weil ich dachte, das Problem wäre gelöst. Fred hat mir gesagt, die Sache mit dieser Frau wäre vorbei. Aber er weiß ja, dass ich hier nie weggehen würde. Er weiß, dass ich das nicht mache. Das Restaurant, der Champagner, das war alles bloß eine lächerliche Farce, die mich dazu bringen sollte, unsere Beziehung zu beenden, damit er es nicht tun muss. Er hat genau gewusst, dass ich nein sage, aber wenigstens ist er jetzt nicht der Böse. Wenn er den Kontakt zu dieser Frau nicht schon längst wieder aufgenommen hat, dann plant er es zumindest.«
»Das weißt du aber nicht mit Sicherheit.«
»Ist es dir noch nie passiert, dass du etwas nicht weißt und es gleichzeitig trotzdem weißt?«
Damit traf sie bei mir genau ins Schwarze, denn ich konnte genau nachvollziehen, was sie meinte. Ich hatte es ja genauso formuliert, was meine Gefühle hinsichtlich meiner Ehe mit Barry anging.
»O Gott«, sagte Amelia erschöpft und ließ den Kopf auf die zusammengelegten Arme sinken. »Was für ein Tag.«
»Wem sagst du das«, flüsterte ich.
»Wie spät ist es eigentlich?« Sie schaute zu der Wanduhr hinauf. »Komisch, normalerweise hätte Mum längst nach ihrem Abendessen rufen müssen. Ich schaue lieber schnell mal nach ihr.« Sie rieb sich die Augen. »Sieht man, dass ich geweint habe?«
Amelias Augen waren ungefähr so rot wie ihre wilden roten Locken.
»Du siehst völlig normal aus«, log ich. Amelias Mutter würde sowieso gleich Bescheid wissen.
Als Amelia die Küche verließ, checkte ich mein Handy, ob Adam mir vielleicht eine Nachricht geschickt hatte. Natürlich hoffte ich, dass er wohlbehalten in der Wohnung angekommen und dass mit ihm alles in Ordnung war, aber das Apartment war ja nahezu leer, es gab keine Ablenkung, keinen Fernseher, keine Bücher. Das war nicht gut. Ich wählte seine Nummer.
»Christine! Ruf einen Krankenwagen, schnell!«, schrie Amelia in diesem Moment aus dem Nebenzimmer, und an ihrem Ton erkannte ich, dass ich keine Fragen stellen durfte. So schnell ich konnte, löschte ich Adams Nummer und wählte den Notruf.
Amelia
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