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Die Liebe der anderen

Die Liebe der anderen

Titel: Die Liebe der anderen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederique Deghelt
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genau über dieses Thema wollte ich mit dir reden … Deine Schwangerschaften sind allesamt sehr glücklich verlaufen. Im Gegensatz zu vielen anderen Frauen, mit denen ich zu tun habe, hast du sehr auf deinen Körper gehört. Du wolltest mit jedem neuen Leben, das sich ankündigte, auf natürliche und harmonische Weise zusammenfinden. Deine Töchter kamen zu Hause auf die Welt, weil du das Gefühl hattest, bei der Entbindung von Youri in der Klinik habe man dir – so drücktest du es aus – alles aus der Hand genommen; das hattest du in schlechter Erinnerung. Du hast dich entschieden, dein zweites Baby lediglich mit Unterstützung einer Hebamme auf die Welt zu bringen, im archaischen Zweikampf einer Mutter mit der Natur. Eine neue Erfahrung, auf die du dich gern einlassen wolltest … Pablo war völlig verzaubert von der Ankunft seiner Töchter. Er war die ganze Zeit dabei und unterstütztedich mit aller Kraft … Doch lass uns erst über die schwierigen Dinge reden. Mach es dir bequem und entspann dich.« Sie hat registriert, dass ich vor lauter Anspannung und Angst eilig die Arme vor der Brust verschränkt habe. Sie senkt die Stimme. »Als wir uns das letzte Mal gesehen haben, hattest du gerade ein Kind verloren … Eigentlich noch kein Kind, sondern einen Fötus. Aber für eine Frau, die bereits Mutter ist, bedeutet dies schon das Versprechen eines Kindes.«
    »Wann war das?«
    »Ende April, Anfang Mai.«
    »Also zwei Wochen vor der Amnesie … Vor zwei Monaten.« Wieder verhalte ich mich, als würde ich von den Erfahrungen der anderen sprechen, als hätte ich es nicht am eigenen Leib erlebt.
    Sie schweigt, lässt mir Zeit, mich mit dieser gewaltigen Neuigkeit auseinanderzusetzen. Ich habe ein Baby verloren, erst vor zwei Monaten. Dass mein Körper vor so kurzer Zeit schwanger war, scheint mir unglaublich. Vor die fernen neun Monde mit meinen anderen Kindern schiebt sich dieses neue winzige Wesen, das ich erst kürzlich in mir trug.
    Dominique fährt fort, und ihre Stimme ist gedämpft von meinen Gedanken. »Du warst im dritten Monat. Du hast es zunächst nicht bemerkt, weil du korrekt verhütet hattest. Obwohl ein Risiko bestand, hast du dich entschieden, das Kind zu behalten, und wir haben die Spirale entfernt. Der Ultraschall sah perfekt aus …«
    Das alles erscheint mir so absurd, redet sie wirklich über mein Leben?
    »Du wolltest warten, sicher sein, dass alles in Ordnung ist, bevor du Pablo von dem Kind erzähltest. Aber dann ist irgendetwas in deinem Leben passiert … Eines Morgens standst du vor meiner Tür, du hattest viel Blut verloren. Ich habe dich sofort ins Krankenhaus gebracht … du hast das Kind verloren. Du hast sehr viel geweint. Aber ich solltePablo auf keinen Fall Bescheid sagen … Ich habe nicht verstanden, was wirklich los war, habe versucht, dich in deiner Trauer zu begleiten, mich auf das Naheliegende zu beschränken. Du wolltest dein Kind sehen, es war ein Junge. Später bist du mit zu mir gekommen, du wolltest nicht im Krankenhaus bleiben. Ich habe eingewilligt, weil ich in der Nähe wohne und weil es, aus medizinischer Sicht, kein Risiko mehr gab. Am Abend hast du es geschafft, Pablo anzurufen, und ich hörte, wie du ihm irgendeine berufliche Geschichte auftischtest, die dich angeblich in die Provinz führte. Du warst wie ein Automat, hast gelogen wie ein Profi. Deine Lüge hat ihn offenbar überzeugt. An jenem Abend versuchte ich, mit dir darüber zu reden, aber es gelang mir nicht. Sobald ich von Pablo anfing, öffneten sich die Schleusen … Also habe ich dich in meinen Armen gewiegt und das Warum auf später verschoben. Kummer ist eine Wunde, die bluten muss, damit sie verheilen kann. Anne, die Hebamme, die bei der Entbindung von Zoé dabei war, kam am nächsten Tag vorbei. Ich musste zu einer Geburt. Sie hat sich um dich gekümmert. In der folgenden Woche haben wir uns Tag für Tag über Musik oder über Bücher unterhalten. Und das war’s. Dann hatten wir ausgemacht, dass wir uns heute wiedersehen …«
    Ich spüre, dass sie auf eine Reaktion von mir wartet. Das erste Bild, das mir in den Sinn kommt, ist wie eine Vision. Als wäre ich in einem anderen Leben bei lebendigem Leib verbrannt worden und hätte nun in diesem Leben keine Angst mehr vor dem Feuer. Es scheint also eine Geschichte zu geben, aber Dominique kennt sie nicht. Ich bin enttäuscht, wieder stehe ich am Anfang … Fast, wäre da nicht das Kind, das ich verloren habe.
    »Und in dieser ganzen Woche habe ich

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