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Die Liebe des letzten Tycoon

Die Liebe des letzten Tycoon

Titel: Die Liebe des letzten Tycoon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Scott Fitzgerald
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Harry Davenport – dabei meint er Donald Crisp… Er hat ein dickes Besetzungsverzeichnis im Schoß, ich höre ihn blättern… heute Vormittag ist er ein wichtiger Mann, ein zweiter Stahr… Herrgott noch mal, ich muss vor der Mittagspause noch zwei Szenen schreiben.«
    Rienmund legte endlich auf oder wurde unterbrochen. Ein Bote aus der Kantine brachte den Lunch für Rose und eine Cola für mich – ich hatte in jenem Sommer das Mittagessen gestrichen. Rose tippte noch einen Satz, ehe sie anfing zu essen. Ihre Art zu schreiben faszinierte mich. Einmal hatten sie und ein junger Kollege gerade eine Story aus der Saturday Evening Post abgekupfert und dabei natürlich die Personen und alles andere umgemodelt, und ich war dabei, als sie mit dem Schreiben loslegten. Jede Zeile passte nahtlos zu der vorhergehenden, das Ganze hörte sich an wie im richtigen Leben, wenn einer versucht, den Witzigen zu spielen, das Lamm oder den Löwen. Den fertigen Film habe ich mir immer ansehen wollen, aber irgendwie habe ich ihn verpasst.
    Ich hing an Rose, wie man an einem billigen, abgegriffenen Spielzeug hängt. Sie verdiente dreitausend die Woche, und ihre Ehemänner tranken alle und prügelten sie halb tot. Aber heute hatte ich selber ein Problem.
    »Du weißt also nicht, wie sie heißt?«, hakte ich nach.
    [167] »Ach ja, richtig«, sagte Rose. »Er hat danach immer wieder bei ihr angerufen, und zu Katy Doolan hat er gesagt, es wäre der falsche Name.«
    »Ich glaube, er hat sie gefunden«, sagte ich. »Kennst du Martha Dodd?«
    »Nein, was hat die Ärmste aber auch für ein Pech gehabt«, rief Rose theatralisch aus.
    »Könntest du sie wohl morgen zum Lunch einladen?«
    »Also zu hungern braucht sie nicht, glaube ich, es gibt da einen Mexikaner…«
    Ich machte ihr klar, dass meine Einladung nichts mit christlicher Nächstenliebe zu tun hatte. Rose war bereit mitzumachen. Sie rief Martha Dodd an.
    *
    Am nächsten Tag aßen wir im Bev Brown Derby, einem schläfrigen Laden, des Essens wegen geschätzt von Gästen, die immer aussahen, als wenn sie sich am liebsten gleich hinlegen würden. Zur Mittagszeit wird es etwas lebhafter, weil die Frauen sich, wenn sie gegessen haben, für fünf Minuten mächtig in Szene setzen, aber wir waren ein traniges Trio. Ich hätte meine neugierige Frage sofort stellen sollen. Martha Dodd war vom Land, sie hatte nie ganz begriffen, was mit ihr passiert war, und geblieben war ihr nur ein verwaschener Ausdruck um die Augen. Sie glaubte immer noch, das, was sie kurz gekostet hatte, wäre das wirkliche Leben und die Gegenwart nur ein langes Warten.
    »1928 hatte ich ein sagenhaftes Grundstück«, erzählte sie. »Dreißig Morgen, mit einem kleinen Golfplatz, Pool und atemberaubendem Blick – das ganze Frühjahr über nichts als wogende Wiesen weit und breit.«
    [168] Das Ende vom Lied war, dass ich sagte, sie solle mitkommen, ich würde sie mit Vater bekannt machen. Dass ich sie aus gemischten Motiven eingeladen hatte, war mir peinlich, und ich hatte das Gefühl, etwas gutmachen zu müssen. Gemischte Motive sind in Hollywood nicht angebracht, sie machen die Leute nur konfus. Die verstehen einen auch so, und bei dem Klima ist so was einfach zu anstrengend. Gemischte Motive zahlen sich einfach nicht aus.
    Rose trennte sich, empört über meine Feigheit, am Tor von uns. Martha war wegen ihrer Karriere zutiefst frustriert – ein Frust, der sich nach den sieben Jahren, die sie schon in der Versenkung verbracht hatte, nicht in dramatischen Ausbrüchen, sondern in einer Art ängstlicher Ergebung äußerte, und ich hatte mir vorgenommen, Vater deswegen ins Gewissen zu reden. Er und seinesgleichen machten für Menschen wie Martha, mit denen sie früher mal viel Geld verdient hatten, keinen Finger krumm, sondern sahen in aller Ruhe zu, wie sie in die Armut abdrifteten und sich mehr schlecht als recht mit Komparsenrollen durchs Leben schlugen. Da wäre es menschenfreundlicher gewesen, sie ganz abzuschieben. Dabei war Vater in diesem Sommer so stolz auf mich! Ich musste ihn davon abhalten, jedem zu erzählen, dass seine Erziehung doch einfach ein Juwel hervorgebracht hätte. Und nun gar Bennington… nein, so was Exklusives… o du meine Güte… Ich versicherte ihm, dass es auch dort, geschmackvoll verhüllt unter Roben von Sex, Fifth Avenue, den üblichen Prozentsatz an geborenem Gesinde gab, aber Vater fühlte sich praktisch als ehemaliger Eliteschüler. »Du hast alles bekommen, was man sich wünschen kann«,

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