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Die Liebe des letzten Tycoon

Die Liebe des letzten Tycoon

Titel: Die Liebe des letzten Tycoon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Scott Fitzgerald
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ich an dieser Stelle erzähle, wie es mir ergangen ist, denn es geht um einen Abschnitt meines Lebens, der mir peinlich ist. Aus dem, was einem peinlich ist, wird gewöhnlich eine gute Story.
    Wylie White, den ich an Martha Dodds Tisch geschickt hatte, konnte nicht herausbringen, wer die Frau war, aber für mich war das plötzlich das Allerwichtigste im Leben. Im Übrigen hatte ich den Verdacht – zu Recht, wie sich herausstellte –, dass es Martha Dodd nicht anders erging: Eine Frau am Tisch sitzen zu haben, der ein gekröntes Haupt zu Füßen liegt, der womöglich ein Krönchen in unserem kleinen Feudalsystem winkt, und nicht einmal zu wissen, wie sie heißt!
    Ich kannte Martha nur flüchtig, und sie direkt anzusprechen wäre zu auffällig gewesen, deshalb fuhr ich am Montag ins Studio und besuchte Rose Meloney.
    Zu Rose Meloney hatte ich ein fast freundschaftliches Verhältnis, für mich war sie das, was für ein Kind das Familienfaktotum ist. Ich wusste zwar, dass sie Autorin war, aber früher habe ich sie immer mit den Sekretärinnen in einen Topf geworfen; der einzige Unterschied war für mich, dass Leute, die Drehbücher schrieben, meist eine [164] Cocktailfahne hatten und öfter zum Essen eingeladen wurden. Hinter ihrem Rücken sprach man über beide Gruppen im gleichen Ton, mal abgesehen von der Spezies der sogenannten Stückeschreiber, die aus dem Osten kamen und mehr hofiert wurden, vorausgesetzt, sie blieben nicht lange, sonst wurden sie zu ganz gewöhnlichen Lohnschreibern wie die anderen auch.
    Rose hatte ihr Büro in einem der »alten Autorenschuppen«, die es auf jedem Filmgelände gibt, eine lange Reihe von Folterkammern, Überbleibsel aus der Stummfilmzeit, in denen noch immer das dumpfe Stöhnen weltabgeschiedener Schnorrer und Schreiberlinge widerhallt. Es gibt da die Geschichte von einem neuen Produzenten, der eines Tages die Reihe abging und sich dann aufgeregt in der Zentrale meldete.
    »Wer sind diese Leute?«
    »Wir führen sie als Drehbuchschreiber.«
    »Eben, das hab ich mir auch gedacht. Aber ich hab sie zehn Minuten beobachtet, und wissen Sie was? Zwei haben in der ganzen Zeit nicht eine einzige Zeile zu Papier gebracht.«
    Rose saß an der Schreibmaschine und wollte gerade Mittagspause machen. Ich erklärte ihr freiweg, dass ich eine Rivalin hatte.
    »Ein unbeschriebenes Blatt«, sagte ich. »Nicht mal ihren Namen hab ich rausgekriegt.«
    »Vielleicht kann ich dir weiterhelfen«, meinte Rose. »Irgendwer hat mir da was geflüstert…«
    Der Irgendwer war natürlich ihr Neffe Ned Sollinger, Stahrs Bürobote, einstmals ihr Stolz und ihre Hoffnung. [165] Sie hatte ihm die New York University finanziert, wo er im Footballteam spielte. Dann hatte ihn im ersten Semester seines Medizinstudiums ein Mädchen abblitzen lassen, woraufhin er einer Frauenleiche den intimsten Körperteil herausgeschnitten und dem Mädchen geschickt hatte – fragt mich nicht, warum. Beim Schicksal und der Menschheit in Ungnade gefallen, hatte er wieder ganz unten angefangen, und da war er immer noch.
    »Was weißt du?«, fragte ich.
    »Es war in der Erdbebennacht. Sie ist auf dem Außengelände ins Wasser gefallen, und er ist reingesprungen und hat ihr das Leben gerettet. Jemand anders hat mir erzählt, dass sie von seinem Balkon gesprungen ist und sich den Arm gebrochen hat.«
    »Und wer war sie?«
    »Ja, das ist eine komische Sache…«
    Ihr Telefon läutete, und ich trat ungeduldig von einem Fuß auf den anderen, während sie ein langes Gespräch mit Joe Rienmund führte. Offenbar versuchte er per Telefon zu ermitteln, wie gut sie war oder ob sie überhaupt schon mal für den Film geschrieben hatte. Dabei war Rose angeblich an dem Tag am Set gewesen, als Griffith die Nahaufnahme erfand! Sie stöhnte leise, krümmte sich, schnitt Gesichter, legte den Hörer in den Schoß, so dass seine Stimme nur ganz leise zu ihr drang, und versorgte nebenbei noch mich mit einem laufenden Kommentar.
    »Was soll der Blödsinn? Der hat wohl zu viel Leerlauf zwischen seinen Terminen… Was er mich da fragt, hab ich ihm alles schon zehnmal beantwortet… er braucht bloß die Aktennotiz zu lesen, die ich ihm geschickt habe…«
    [166] Und in den Hörer: »Wenn das in dieser Form an Monroe geht, lehne ich jede Verantwortung ab. Ich will das so durchziehen.«
    Gepeinigt machte sie die Augen zu.
    »Jetzt ist er beim Casting… er castet die Nebenrollen… Buddy Ebsen will er haben… Der Mann hat einfach nichts zu tun… jetzt ist er bei

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