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Die Liebe des letzten Tycoon

Die Liebe des letzten Tycoon

Titel: Die Liebe des letzten Tycoon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Scott Fitzgerald
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»Besser wird es erst, wenn alles vorbei ist.«
    »Hey, Moment mal! Bin ich jetzt im falschen Film?«
    In diesem Moment wurde Genosse Brimmer gemeldet, und als ich ihm entgegengehen wollte, segelte ich auf einem dieser spinnwebdünnen Läufer bis zur Tür und ihm praktisch in die Arme.
    Er war ein stattlicher Kerl, dieser Brimmer – ein Spencer-Tracy-Typ, aber mit markanteren Zügen, auf denen eine größere Bandbreite an Reaktionen Platz hatte. Während er und Stahr sich lächelnd die Hand schüttelten und in Stellung gingen, sagte ich mir, dass ich noch nie bei zwei Männern ein solches Maß an Wachsamkeit erlebt hatte. Sie wussten sofort sehr genau, was sie voneinander zu halten hatten. Mich behandelten sie mit ausgesuchter Höflichkeit, aber wenn sie in meine Richtung sprachen, wurden die Satzenden unversehens leiser.
    »Was bezweckt ihr eigentlich?«, fragte Stahr. »Meine jungen Männer habt ihr mir total rebellisch gemacht.«
    »Das hält sie wach«, meinte Brimmer.
    »Erst lassen wir ein halbes Dutzend Russen das Studio besichtigen, als Musterbetrieb, wohlverstanden, und dann versucht ihr, die Einigkeit zu zerstören, die es zum Musterbetrieb macht.«
    »Die Einigkeit?«, wiederholte Brimmer. »Das sogenannte Betriebsklima, wie?«
    »Nein, das nicht«, wehrte Stahr ungeduldig ab. »Mir scheint, dass Sie es auf mich persönlich abgesehen haben. [198] Letzte Woche ist ein Autor in meinem Büro aufgetaucht, ein Alkoholiker, der seit Jahren mit einem Fuß in der Klapsmühle steht, und hat mir erzählen wollen, wie ich meinen Laden zu führen habe.«
    Brimmer lächelte.
    »Sie sehen nicht danach aus, als ob man Ihnen das erzählen müsste, Mr. Stahr.«
    Sie wollten beide Tee. Als ich zurückkam, gab Stahr gerade eine Anekdote über die Warner Brothers zum Besten, und sie lachten gemeinsam darüber.
    »Ich erzähle Ihnen noch eine«, sagte Stahr. »Balanchine, der russische Tänzer, hat sie immer mit den Ritz Brothers verwechselt. Er wusste nie, mit welchen er trainieren sollte und welche seine Arbeitgeber waren. Überall erzählte er: ›Ich kann diesen Warner Brothers einfach das Tanzen nicht beibringen.‹«
    Es sah aus, als sollte es ein friedlicher Nachmittag werden. Brimmer fragte ihn, warum die Produzenten nicht die Anti-Nazi-League unterstützten.
    »Euretwegen«, gab Stahr zurück. »Weil ihr euch auf diesem Weg an die Drehbuchschreiber heranmacht. Auf lange Sicht ist das nur Zeitverschwendung. Drehbuchschreiber sind Kinder – selbst in normalen Zeiten können sie sich nicht auf ihre Arbeit konzentrieren.«
    »Sie sind die Farmer der Branche«, sagte Brimmer ganz freundlich. »Sie bestellen den Acker, aber beim Festmahl sitzen sie nicht mit am Tisch. Es geht ihnen mit den Produzenten wie den Farmern mit den Stadtmenschen, mit denen sie ständig ihren Ärger haben.«
    Ich dachte an Stahrs Freundin und ob nun zwischen [199] ihnen alles aus war. Später, als mir Kathleen die ganze Geschichte erzählte, in strömendem Regen auf einer tristen Straße, der Goldwyn Terrace, rechnete ich mir aus, dass das Treffen mit Brimmer eine Woche nach dem Telegramm gewesen sein muss. Das mit dem Telegramm hatte sich nicht vermeiden lassen. Der Amerikaner war unvermutet mit dem Zug eingetroffen und hatte sie zum Standesamt geführt, ohne auch nur im mindesten an ihrem Einverständnis zu zweifeln. Es war acht Uhr morgens, und Kathleen war so überrumpelt, dass sie fast nur noch daran denken konnte, wie sie es anstellen sollte, Stahr das Telegramm zukommen zu lassen. Theoretisch hätte sie sich einen Ruck geben und sagen können: »Ich hab da einen Mann kennengelernt…« Aber die Gleise waren so solide, mit so viel Zuversicht und Mühe und letztlich mit einem Gefühl der Erleichterung verlegt worden, dass sich Kathleen, als sie sich plötzlich mit jenem anderen Gleis kreuzten, vorkam wie ein Waggon auf einer bereits gestellten Weiche. Er saß ihr am Tisch gegenüber und sah zu, wie sie das Telegramm verfasste, und sie konnte nur hoffen, dass er Geschriebenes verkehrt herum nicht lesen konnte.
    Als ich wieder in die Gegenwart zurückkam, hatten sie die armen Drehbuchschreiber in der Luft zerrissen. Brimmer hatte sogar eingeräumt, dass sie »labil« waren.
    »Sie sind nicht dazu geschaffen, Entscheidungen zu treffen«, meinte Stahr. »Entschlusskraft ist durch nichts zu ersetzen. Manchmal, wenn einem nicht danach ist, muss man eben so tun als ob.«
    »Das ist mir auch schon so gegangen.«
    »Sie müssen sagen: ›So und so

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