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Die Liebe des letzten Tycoon

Die Liebe des letzten Tycoon

Titel: Die Liebe des letzten Tycoon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Scott Fitzgerald
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muss es sein und nicht [200] anders…‹, auch wenn Sie Ihrer Sache nicht sicher sind. Zehn-, zwölfmal in der Woche komme ich in Situationen, bei denen es keinen klaren Grund für die eine oder andere Entscheidung gibt. Dann erfindet man einen.«
    »Alle Führungspersönlichkeiten kennen das«, sagte Brimmer. »In der Arbeiterbewegung und beim Militär allemal.«
    »Und deshalb musste ich in der Sache der Guild Stellung beziehen. Mir scheint, dass man dort mehr Macht will, aber ich werde den Drehbuchschreibern nur Geld geben.«
    »Manchen geben Sie sehr wenig Geld. Dreißig Dollar die Woche.«
    »Wer bekommt das?«, fragte Stahr verwundert.
    »Die Freelance-Schreiber, die leicht zu ersetzen sind.«
    »Nicht bei mir«, sagte Stahr.
    »Aber ja doch. Zwei aus Ihrer Kurzfilmabteilung bekommen dreißig Dollar die Woche.«
    »Wer?«
    »Ein gewisser Ransome und ein gewisser O’Brien.«
    Stahr und ich wechselten einen belustigten Blick.
    »Das sind keine Drehbuchschreiber«, sagte Stahr, »sondern Vettern von Cecelias Vater.«
    »Aber in anderen Studios gibt es auch welche«, beharrte Brimmer.
    Stahr nahm seinen Teelöffel und gab aus einem Fläschchen eine Medizin hinein.
    »Was ist ein fink ?«, fragte er plötzlich.
    »Ein Betriebsspitzel. Oder auch ein Streikbrecher.«
    »Dachte ich mir. Einer meiner Fünfzehnhundert-Dollar-Autoren sagt jedes Mal, wenn er in der Kantine am Stuhl von Kollegen vorbeigeht: ›Fink!‹ Wenn er sie damit [201] nicht zu Tode erschrecken würde, könnte das sogar witzig sein.«
    Brimmer lachte.
    »Das würde ich gern mal erleben.«
    »Hätten Sie nicht Lust, auf einen Tag mit mir ins Studio zu kommen?«, fragte Stahr.
    »Nein, Mr. Stahr«, sagte Brimmer ehrlich amüsiert. »Obgleich ich zweifellos beeindruckt wäre. Wie man hört, sind Sie einer der arbeitswütigsten und tüchtigsten Männer hier im Westen. Es wäre mir eine Ehre, Ihnen zuzuschauen. Leider muss ich mir dieses Vergnügen versagen.«
    Stahr sah mich an. »Dein Freund gefällt mir. Er ist verrückt, aber er gefällt mir.« Er besah sich Brimmer genau. »Hier geboren?«
    »O ja. Mehrere Generationen.«
    »Sind viele so wie Sie?«
    »Mein Vater war Baptistenprediger.«
    »Viele von den Roten meine ich. Ich würde gern diesen berühmten Juden kennenlernen, der versucht hat, es mit den Ford-Werken aufzunehmen, wie heißt er gleich…«
    »Frankensteen?«
    »Genau. Schätze, dass einige von euch daran glauben.«
    »Ziemlich viele sogar«, gab Brimmer trocken zurück.
    »Sie nicht«, sagte Stahr.
    Brimmers Gesicht verdunkelte sich kurz.
    »Doch, natürlich.«
    »Nein«, sagte Stahr. »Jedenfalls nicht mehr…«
    Brimmer zuckte die Schultern. »Das Blatt hat sich womöglich gewendet. Im Grunde Ihres Herzens, Mr. Stahr, wissen Sie, dass ich recht habe…«
    [202] »Nein. In meinen Augen ist das ein Haufen Humbug.«
    »…Sie denken bei sich ›Er hat recht‹, aber Sie trösten sich damit, dass das System zumindest Sie noch überleben wird.«
    »Sie bilden sich doch nicht im Ernst ein, dass Sie die Regierung stürzen können?«
    »Nein, Mr. Stahr. Aber Sie vielleicht.«
    Sie gingen mit kleinen Hieben und Stichen aufeinander los, wie Männer das manchmal machen. Bei Frauen wächst sich so was zu einem Kampf aus, bei dem es kein Pardon gibt, aber Männern dabei zuzusehen ist nicht sehr erfreulich, weil man nie weiß, was draus wird. Der Atmosphäre dieses Zimmers jedenfalls tat das Gezerre nicht gut, fand ich, deshalb lotste ich die beiden durch die Terrassentür in unseren goldgelben kalifornischen Garten hinaus.
    Wir hatten Hochsommer, aber das frische Wasser aus den hechelnden Sprengern ließ den Rasen glitzern wie im Frühling. Brimmer betrachtete ihn mit dem typischen Blick dieser Leute, in dem immer ein leiser Seufzer liegt. Hier draußen schien der Mann zu wachsen, er war viel größer, als ich gedacht hatte, und breitschultrig. Ein bisschen erinnerte er mich an Superman, wenn er seine Brille abnimmt. Ich fand ihn durchaus attraktiv für einen Mann, der mit Frauen eigentlich nichts anzufangen weiß. Wir spielten eine Runde Pingpong, jeder gegen jeden, und er hatte einen guten Schlag. Ich hörte Vater ins Haus kommen, das verflixte Little Girl, You’ve Had a Busy Day singen und abbrechen, als wäre ihm eingefallen, dass wir eigentlich verzankt waren. Es war halb sieben, mein Wagen stand in der Auffahrt, und ich schlug vor, zum Essen ins Trocadero zu fahren.
    [203] Brimmer machte ein Gesicht wie Pater O’Ney damals in New York,

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