Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Liebe in Grenzen

Die Liebe in Grenzen

Titel: Die Liebe in Grenzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronika Peters
Vom Netzwerk:
Eindeutig war auszumachen, wie ich den Kopf in den Nacken legte, die Zähne bleckte, scheinbar hemmungslos den Mund aufriss, als würde ich den Rest der Welt auslachen. Mit einem weiteren Strich hatte er noch die Kontur einer Brust angedeutet, ein Punkt reichte aus, um den Betrachter davon in Kenntnis zu setzen, dass sie unbedeckt war. Ich konnte nichts sagen, nichts denken, starrte nur einfach die Wand an. Und je länger ich darauf starrte, desto zwiespältiger erschien mir das, was ich anschaute: Lachen, Schmerz, Ekstase, Irrsinn, was ging da vor sich? Ich wusste es nicht.
    Â» Krass, Konrad « , rief Mischa. » Du bist ein verdammter Magier! «
    Das war er zweifellos, auch wenn das, was ich betrachtete, mich verunsicherte. Nicht weil ich nackt gezeichnet worden war, sondern vielmehr deshalb, weil ich etwas entdeckte, das ich zuvor noch nie an mir bemerkt hatte, das aber womöglich ein Teil von mir sein konnte, den ich bislang entschieden zu wenig kennengelernt hatte.
    Â» Kann ich das behalten, kann die Wand so bleiben, bitte? « , fragte Mischa flehend.
    Jetzt erst schaffte ich es, mich zu rühren.
    Â» Äh … «
    Konrad fiel mir ins Wort: » Das geht kaum, Alter, wir wollen doch nicht, dass unsere Freundin hier Ärger bekommt. « Dann tauchte er die große Farbrolle in den Eimer.
    Â» Nicht! « , jammerte Mischa.
    Aber schon war mein Portrait mit einem breiten sattgrünen Streifen bedeckt, verschwand nach und nach unter den Farbspuren der Rolle.
    Â» Mann, das sah toll aus, ich hätte gern das Bild von Katia behalten. «
    Â» Stell sie dir einfach vor, wenn du auf diese Wand schaust. Du weißt, sie ist dahinter versteckt, wird es von jetzt an immer sein. «
    Ich war unfähig, Vernünftiges von mir zu geben. Doch Konrad sah mich an, als schien er auf etwas zu warten, die Rolle hatte er auf das Abtropfgitter gelegt.
    Â» Das ist ja vielleicht nicht das erste und letzte Portrait von mir, das du anfertigen wirst « , brachte ich endlich heraus.
    Â» Ich zeichne eine Menge, wenn der Tag lang ist « , erwiderte er.
    Danach griff ich nach der Farbrolle, beseitigte die letzten Reste meiner Haarspitzen.
    Â» Wir müssen noch einmal drüberstreichen, sonst schimmert das später durch « , sagte ich.
    Auch diese letzte Wand malerten wir so perfekt wie die anderen Seiten, dass man uns später für unsere handwerklichen Fähigkeiten über die Maßen lobte.
    Kurz vor Mitternacht waren wir fertig. Mischa war in seinem mit Folie abgedeckten Sessel eingeschlafen, einen Pinsel noch in der rechten Hand, die schlaff herunterhing. Konrad betrachtete ihn liebevoll, holte dann seine Jacke und deckte ihn zu.
    Ich war gerade dabei, die Klebestreifen von den Sockelleisten zu ziehen, als ich ihn dicht hinter mir wispern hörte: » Wann kommst du zu mir und siehst dir an, was sich hinter meinen Wänden verbergen könnte? «
    Ohne ihn anzuschauen, sagte ich: » Du weißt, ich brauche einen dienstlichen Grund, um dich in deiner Klause stören zu können, es sei denn, du bittest mich von dir aus zu einem höchst dienstlichen Gespräch. «
    Â» Und das wäre dann wie dienstlich genau? «
    Â» So dienstlich wie gestern unser nächtlicher Spaziergang. «
    Er nahm mich bei den Schultern und drehte mich zu sich herum. Zart strich er mir mit dem Zeigefinger über den Nasenrücken, kratzte dann mit dem Fingernagel etwas Farbe von meiner Haut, murmelte: » Grün, sie ist überall grün «, und küsste mich sehr sanft auf den Mund, bis im Zimmer nebenan die Tür aufging und ich von ihm zurückwich. Konrad wiederum stürmte aus dem nicht einmal zur Hälfte wieder eingerichteten Zimmer, ließ mich zurück mit der Unordnung und dem tief schlafenden Mischa, der jetzt leise schnarchte.
    Konrads kleine Wohnung betrat ich zum ersten Mal, nachdem ich zwei Stunden zuvor die schönste Einladungskarte zu einem Abendessen in meinem Rucksack gefunden hatte, die mir je unter die Augen gekommen war. Sie befand sich in einem lindgrünen Umschlag in Leinenoptik, mit dunkelgrüner Tinte beschriftet: Ein Abend für die Dame mit dem grünen Haar …
    Ich wagte kaum, den Umschlag mit dem Taschenmesser aufzureißen, so schön war das handgeschöpfte Papier, so gut fühlte sich seine Struktur zwischen den Fingern an. Eine Doppelkarte kam zum Vorschein, ebenfalls in Lindgrün. Innen war auf der linken Seite

Weitere Kostenlose Bücher