Die Liebe in Grenzen
Konrads Wohnung betätigte. Extra hatte ich den Umweg über die Pferdekoppeln genommen, um mich unbemerkt von hinten dem Haus zu nähern. Ich wollte die AuÃentreppe erreichen, ohne den von den meisten Zimmern aus einsichtigen Kiesweg benutzen zu müssen. Aus den Fenstern seiner Wohnung drang leise Musik, kurz meinte ich, vom Haupteingang her Stimmen zu hören, klingelte deshalb nicht, sondern stieg möglichst schnell und leise die Treppe hinauf. Oben wurde die Tür aufgestoÃen, bevor ich daran klopfen konnte. Vor mir stand Lena mit einer Zigarette in der Hand. Bei meinem Anblick verfinsterte sich ihr Gesicht.
» Du? Ich dachte, du hast Kopfweh. «
» Ist wieder weg. Was ist mit dir? Ich dachte, du bist im Kino. «
» Wie du siehst, habe auch ich umdisponiert. Komm rein! «
Lena trat zurück und gab die Sicht auf einen festlich gedeckten Tisch frei, an dem bereits Martin, Carmen, Professor Albrecht und sogar die Köchin Helga Platz genommen hatten. Konrad hantierte im Hintergrund mit einer groÃen hölzernen Salatschüssel, ohne sich nach mir umzudrehen. Ich verfluchte still den Aufwand, den ich mit meinem ÃuÃeren betrieben hatte, und versuchte lässig in die Runde zu grüÃen, als hätte ich selbstredend gewusst, dass ich mich nicht zu einem romantischen Abendessen, sondern zu einer Dienstbesprechung eingefunden hatte.
» Für deine Verhältnisse hast du dich ja ganz schön aufgebrezelt « , sagte Carmen dann auch prompt.
» Ich will später vielleicht noch ausgehen. «
» Ausgehen? In Lennau? «
» Meine Vermieterin und ich fahren eventuell noch nach Alsfeld, ins Rockhouse, da spielt heute eine Band oder so. «
» Oder so « , blaffte Lena, die mir offensichtlich kein Wort glaubte.
Konrad drängte sich zwischen uns.
» Ah, da ist ja endlich auch Katia. Schön, dass du es trotz deines Zustands geschafft hast zu kommen. Geht es dir besser, haben die Tabletten geholfen? «
Mir wurde schlagartig klar, dass seine Aufmerksamkeit während meiner BegrüÃung nicht unbedingt dem Salat gegolten hatte.
» Ja, die Tabletten waren super. « Dankbar griff ich seine Lüge auf. Doch angesichts so schamlos vorgetragener Unwahrheiten trat ich aus Verlegenheit von einem Bein aufs andere.
Lena maulte, dass ich ja dann auch mit ihr nach Alsfeld hätte fahren können, statt schick geschminkt hier aufzutauchen. Carmen betrachtete mich mit einem gewissen Argwohn im Blick, und Professor Albrecht brummelte, er wisse sowieso nicht, was er hier solle, und hielt Helga sein leeres Weinglas hin.
» Ich sage euch jetzt, was der Grund für euer Hiersein ist. « Konrad erhob feierlich seine Stimme. » Ihr wurdet eingeladen, weil ich etwas zu verkünden habe. «
» Hört, hört « , sagte Martin und bekam von seiner Frau einen Hieb in die Seite.
» Also, Professor Andrasch von der Kunsthochschule Kassel, der auch einen Zeichenkurs in Alsfeld gibt, hat sich letzte Woche meine Mappe angesehen und mich zur Aufnahmeprüfung bei ihm an der Akademie ermutigt. Das wäre viel besser und intensiver für mich als dieses Goodwill-Arrangement, das ich hier in Alsfeld habe. Ich würde mich gern dieser Herausforderung stellen, was sagt ihr dazu? «
» GroÃartig! « Carmen sprang ganz gegen ihre Art auf und klatschte in die Hände. » Warum hast du das nicht letzte Woche schon erzählt? «
» Ich war mir nicht sicher, wie ihr es aufnehmen würdet. «
» Das ist eine wunderbare Nachricht! Wir werden dich alle unterstützen. Alle. Nicht wahr, Hajo? « Sie sah ihren Schwager herausfordernd an.
» Jaaaa, schon « , antwortete Dr. Albrecht gedehnt über den Rand seines Weinglases hinweg, schien darüber hinaus jedoch keinen weiteren Kommentar von sich geben zu wollen.
Helga schloss sich der Gratulation an, so auch Lena, und Martin begann leise mit seinem Bruder zu diskutieren. Ich dachte nur: Das ist nicht der eigentliche Grund, warum wir heute Abend hier sind.
» Danke « , sagte schlieÃlich Konrad. » Keine Frage, es ist eine groÃe Chance für mich. Andrasch sitzt in der Aufnahmekommission und hat durchblicken lassen, er könne mich ohne Weiteres durch das Verfahren drücken. AuÃerdem hat er groÃes Verständnis für meine Situation gezeigt. Er ist der Meinung, das könne meiner Kunst sogar zugutekommen, ich bräuchte nicht einmal umzuziehen,
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