Die Liebe ist eine Insel
Pressenachrichten, die der Regisseur Jacques Rebotier jeden Nachmittag verkündet. Es ist ein Treffen, das nicht lange dauert, ihnen aber wichtig ist.
Odon geht hinaus. Er findet den Pfarrer am Tisch mit dem Schachspiel. Er setzt sich ihm gegenüber.
Sein Gesicht ist finster.
»Woran denkst du?«, fragt der Pfarrer.
»An all das, was ich tun möchte und nicht tun werde.«
»Und?«
»Und nichts … Es bringt mich zur Verzweiflung.«
Er hat sich mit Julie gestritten. Sie sagt, er sei ein Rechter. Das hat ihn verletzt. Er ist kein Rechter. Eher ein Linker. Sie ist wirklich eine Linke, idealistisch, sentimental, sie glaubt an das Gute im Menschen.
Eine ganze Weile geht das schon so, das Mitfühlen, die Brüderlichkeit, es nervt ihn. Er ertappt sich sogar schon dabei, dass er die Menschen für pervers, kleinlich und eifersüchtig hält.
Wird er etwa alt?
Julie sagt es.
Sie stellen die Figuren auf.
Sie spielen, ohne zu reden.
»Ich habe Mathilde gesehen«, sagt der Pfarrer. »Sie ist in meine Kirche gekommen.«
Seine Finger trommeln auf dem Rand des Tisches.
»Wir haben Marzipanschnittchen in der Sakristei gegessen. Ich habe sie auf den Vorplatz begleitet, die ganze Stadt hat uns gesehen.«
»Eitler Kerl«, knurrt Odon.
Der Pfarrer schiebt einen Bauern vor, zögert, nimmt den Zug zurück, macht den Weg für seine Dame frei. Ein spöttisches Lächeln umspielt seine Lippen.
»Ich widerspreche dir nicht … Dieser Augenblick hat mich übrigens ein paar ernste Pater und mehrere Ave gekostet. Und du?«
»Was ich?«
»Hast du sie wiedergesehen?«
»Das geht dich nichts an.«
»Du hast sie also wiedergesehen … Und wo, im Theater?«
»Auf dem Kahn.«
Die Augen des Pfarrers leuchten auf.
»Und?«
»Und nichts, wir haben einen Kaffee getrunken, uns unterhalten.«
Der Pfarrer schiebt einen Bauern vor.
Julie kommt aus dem Theater, die Hände in den Taschen einer Latzhose in völlig verrückten Farben. Sie stellt sich dicht hinter Odon und schlingt die Arme um seinen Hals.
»Weißt du, dass du wie ein alter Reaktionär spielst?«
»Ich weiß …«
Sie wirft einen Blick auf die begonnene Partie. Von Zeit zu Zeit spielt sie ebenfalls. Häufig verliert sie. Schwache Verteidigung, sie lässt sich die Figuren eine nach der anderen nehmen.
»Weißt du, dass wir beinahe das einzige Theater in dieser Stadt gewesen wären, das gespielt hat?«
»Galilei war zu seiner Zeit auch sehr allein, und er hat trotzdem recht gehabt.«
Sie löst ihre Arme von seinem Hals.
»Galilei, ja, natürlich, die Erde ist rund, während alle behaupteten, sie sei flach …«
Die Jungs kommen ebenfalls heraus.
Und Jeff, mit dem Fisch im Glas. Er stellt ihn auf die Stufe.
Er hofft, dass jemand vorbeikommt und ihn mitnimmt.
Vom Nachbarplatz dringt Beifall herüber, Applaus, der von Pfiffen übertönt wird.
Julie läuft hin.
Odon knurrt.
»Der Lärm lockt sie an wie der Honig die Fliegen …«
O don setzt die Schachpartie mit dem Pfarrer fort. Marie kommt mit ihren Fotos, will sie ihm zeigen.
Sie wartet drinnen.
Zuschauer kommen und gehen, ein ständiges Hin und Her, manche kaufen Karten für die Abendvorstellung, andere suchen lediglich Schutz vor der Hitze.
Die Kassiererin hat gepflegte Fingernägel. Sie trägt eine Bluse mit großen Karos und eine Brille mit dicken Gläsern. Ihre Augen wirken riesig.
Zwei Japaner warten auf der Schwelle. Ihre Haut ist weiß. Sie betrachten die Sonne, wie man den Regen betrachtet. Ohne sich hinauszutrauen. Sie wechseln ein paar Worte in einer Sprache, die wie Musik klingt. Plötzlich gehen sie los, mit eingezogenen Köpfen und hochgezogenen Schultern, ähnliche dünne Baumwolljacken schützen sie. Sie überqueren den Platz, die Sonne ist überall, ihre Füße laufen durch das, was wie eine riesige Pfütze aussieht.
Sie verschwinden in der überdachten Passage.
Marie erscheint wieder in der Tür.
Rechts, am Fuß der Treppe, befindet sich die Holztafel, von der Isabelle gesprochen hat, an der ein paar Fotos früherer Vorstellungen und Zeitungsartikel hängen.
Marie setzt sich auf die Bank.
Unter ihr ein roter Teppichboden. Ihre Schuhsohlen sind dünn.
Isabelle hat gesagt: »Halte dich gerade, das ist wichtig.«
Sie richtet sich auf.
Schließlich kommt Odon. Er hat es eilig, deutet auf die Tafel. Sagt, er wisse Bescheid, Isabelle habe ihn angerufen.
Marie befestigt ihre Fotos mit Heftzwecken. Es bleibt noch Platz.
Die Kassiererin verlässt ihre kleine Kassenbox, sie findet, es sei
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