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Die Liebe ist eine Insel

Die Liebe ist eine Insel

Titel: Die Liebe ist eine Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudie Gallay
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lässt kaltes Wasser ins Becken laufen, bis es voll ist.
    »Sie kam zu mir, du bist ganz sicher manchmal da gewesen, du hast sie nur nicht gesehen …«
    Esteban liegt noch immer eingerollt auf dem Sofa. Sie geht zu ihm, hebt ihn hoch, setzt ihn auf den Rand der Spüle und taucht seine Füße in das kalte Wasser. Mit schalenförmig zusammengelegten Händen lässt sie das Wasser seine Waden entlangrinnen. Die Tropfen gleiten über die Haut.
    Sie kühlt auch sein Gesicht.
    Schließlich zieht sie ihm das T-Shirt aus, taucht es ins Wasser, wringt es aus und zieht es ihm nass wieder an.
    »Manchmal sage ich mir, dass ich ebenfalls Unterricht hätte nehmen können, anstatt ihr zuzuschauen oder an der Tür auf sie zu warten.«
    Sie spricht schleppend.
    Odon ist überrascht.
    »Hättest du gern Geige spielen gelernt?«
    Sie trocknet sich die Hände an ihrer Schürze ab.
    »Geige oder tanzen oder schauspielern … Weiß man denn, was man will, solange man es nicht versucht hat?«
    Esteban lässt sich von der Spüle gleiten. Er geht zu Odon, verschränkt seine Finger und flüstert, dass in der Höhle seiner Hände Vögel fliegen.
    Odon sagt, da sei nichts, die Vögel, die er sehe, seien nur für ihn da.
    Der Junge lächelt. Der Stoff des T-Shirts klebt an seiner Haut, Tropfen rinnen seine nackten Schultern hinunter.
    Die Unterhaltung schleppt sich dahin.
    Odile füllt ein Glas mit Wasser. Sie sagt, sie müsse noch vor dem Herbst die Heizung überholen lassen. Und die Schultaschen für das neue Schuljahr kaufen.
    Der Verein des Viertels hat einen Ausflug in die Camargue organisiert, vielleicht wird sie mitfahren.

M arie hat eine große Schachtel auf dem Bürgersteig gefunden.
    Sie stand neben den Mülleimern. Eine Schachtel aus dicker Pappe, mit einem Deckel, den man herunterklappen kann, und einem Verschluss aus Metall. Sie sieht aus wie eine Hutschachtel. Die Innenseite ist glatt und mit einem dunklen geblümten Stoff ausgeschlagen.
    Marie nimmt sie mit in ihr Zimmer. Stellt sie auf die Matratze.
    Sie hat keine Ahnung, was sie damit anfangen soll.
    Sie lässt die Schachtel auf dem Bett, ohne sie zu berühren.
    Die Krusten auf ihren Armen sind eingetrocknet. Sie hat keine Lust, sie aufzukratzen. Manche sind abgefallen. Wenn sie mit dem Finger drüberfährt, spürt sie die weiche Spur der Narbe.
    Sie sagt sich, es ist vorbei, jetzt gibt es keinen Grund mehr, das zu tun.
    Die Schachtel ist rund, man könnte Dinge darin aufbewahren. Keine Gegenstände, nur Dinge, die mit kostbaren Wörtern benannt wären und die man in die Schachtel legen könnte, damit sie nicht verloren gehen.
    Sie nähert sich der Schachtel. Schaut sie sich genauer an.
    Auf dem Tisch im Wohnzimmer liegt ein großes Heft mit Blättern und Filzstiften daneben. Sie reißt eine Seite heraus. Mit großen Buchstaben schreibt sie: Gedankenurne.
    Sie klebt das Stück Papier auf die Schachtel.
    Mit einer Schere macht sie einen Schlitz in den Deckel.
    Dann schneidet sie Papierquadrate zurecht.
    Sie stellt die Schachtel auf die Bank auf dem Platz, neben die Telefonzelle. Sie legt die Papierstücke daneben und auf jedes einen Stein, damit sie nicht fortfliegen. Einen Stift.
    Sie lässt die Schachtel dort stehen.
    Überquert den Platz, dreht sich noch einmal um.
    Am späten Nachmittag kommt sie wieder. Die Schachtel ist immer noch da. Sie setzt sich auf die Bank und stellt sie auf ihre Knie. Als sie sie vorsichtig schüttelt, bewegt sich etwas im Innern.
    Sie hebt langsam den Deckel hoch.
    Ein Dutzend Papierstücke, gefaltet, ein Platanenblatt, ein paar Flyer.
    Auf dem ersten Zettel: »Ich liebe dich morgen.«
    Sie faltet einen anderen auseinander: »Heute habe ich Erdbeeren gegessen, einen alten Stein gefunden, aus dem ich eine Bank machen kann, und einen Tisch in den Garten gestellt.«
    Sie liest sie alle.
    Nimmt sie mit in ihr Zimmer. Sie öffnet die Fensterläden, um das Licht hereinzulassen. Es ist zu schwach.
    Sie geht mit den Zetteln ins Badezimmer. Das Neonlicht ist weiß, sehr grell, es tut fast weh in den Augen.
    Genau das wollte Marie.
    Sie legt die Zettel auf die Fliesen und macht ein Foto.

J eff überquert den Platz mit den Hunden, die in der ersten Szene von L’Enfer auftreten werden.
    Esteban hat vor dem Portal auf ihn gewartet. Er hat ihn auf den Rücken von Éthiopie gesetzt, einem ruhigen dreijährigen Weibchen. Ein kleiner Junge in Shorts und weißem Polohemd, die Passanten sind überrascht, ein Kind mit einem solchen Lächeln und einem

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