Die Liebe kommt auf leisen Pfoten
verstehen“, musste Nicole etwas lachen, „Du dachtest, Du würdest vom Regen in die Traufe kommen.“
„Nein, natürlich nicht“, ruderte Andrea zurück, „so war das nicht gemeint. Ich wollte nur so viel wie möglich Abstand von welcher Lesbe auch immer haben, um erst gar nicht mehr daran erinnert zu werden.“
„Na hör mal, immerhin trennt uns eine dicke Betondecke“, stichelte Nicole.
„Das stimmt“, nahm Andrea den Faden auf, „nur leider sabotiert mein Kater das ganze Vorhaben.“
„Schön, dass Du wieder ein bisschen lächeln kannst“, stellte Nicole fest.
„Oh Mist, ich muss los. Ich komme noch zu spät zur Arbeit.“ Hektisch winkte Andrea nach der Bedienung. „Entschuldige den fluchtartigen Aufbruch, aber eine Kollegin ist krank und ich muss heute wieder früher ran.“
„Kein Problem. Und melde Dich bitte, wenn was ist.“
„Das mache ich, versprochen.“ Andrea bezahlte die Bedienung und eilte dann auch gleich davon. Nicole sah ihr gedankenverloren hinterher.
Für den Rest des Tages ging ihr Andreas Frage nicht mehr aus dem Kopf. `Hättest Du dann schon längst versucht, mich ins Bett zu kriegen?´ Sie musste sich eingestehen, dass Andrea insgeheim eine Frau wäre, die sie interessieren konnte. Aber den Gedanken daran hatte sie nie wirklich zugelassen, weil sie immer davon ausgegangen war, dass Andrea hetero war.
Es war wie verhext. Jetzt, nachdem quasi die Bombe geplatzt war, konnte sie an nichts anderes mehr denken. Immer wieder kam ihr in den Sinn, wie sich Andrea wohl anfühlen würde oder ob sie gut Küssen konnte. Sie versuchte sich in Erinnerung zu rufen, welchen Duft Andrea eigentlich an sich hatte, aber sie kam zu keinem Ergebnis. Vielleicht lag es daran, dass sie sich noch nie wirklich nah gekommen waren. Denn meisten saßen sie sich eben an einem Tisch gegenüber. Nicole konnte sich nur noch schwer auf ihre Arbeit konzentrieren, aber da sie an diesem Nachmittag nur noch wenig Kundschaft hatten, war das ein Glück nicht so schlimm. Und der Chef konnte sich auch nicht beschweren, denn immerhin hatte sie eine sehr gute Laune und lächelte die meiste Zeit.
Als sie abends nach Hause kam, verflog ihre gute Laune jedoch ziemlich schnell. Der Fressnapf war noch genauso voll, wie sie ihn morgens zurück gelassen hatte. Sie ging sofort ins Schlafzimmer, um nach Flecki zu schauen. Die lag noch immer zusammengerollt am Fußende wie am Morgen. Nicole setzte sich zu ihr aufs Bett und streichelte ihr über den Rücken. „Na Süße, was ist denn mit Dir? Kein Appetit?“ Flecki brummte nur und hob kurz den Kopf. „Das werden wir aber genau im Auge behalten.“ Nicole wusste, dass ihre Katze nicht mehr die Jüngste war. Dennoch fürchtete sie sich vor dem Tag, an dem sie ihre langjährige Begleiterin gehen lassen musste.
In der Nacht schlief sie unruhig und wachte immer wieder auf. Jedes Mal machte sie ihre Nachttischlampe an und schaute, ob Flecki noch schnaufte. Am Morgen wurde sie dann, wie so oft, nicht durch ihren Wecker aufgeweckt, sondern durch das rotgetigerte Fellbüschelchen. Der Kleine tappte wieder wie selbstverständlich auf ihr herum und schleckte ihr über das Gesicht. Nicole sah diesmal jedoch zuerst wieder nach Flecki. Die atmete zu ihrer Beruhigung noch. Da sie noch ein paar Minuten Zeit bis zum Aufstehen hatte, kuschelte sie noch etwas mit dem kleinen, aufdringlichen Kater. Skipper war jedoch ein wenig aufgedreht und hüpfte wild auf dem Bett herum. Schließlich stolperte er über seine eigenen Füße und fiel auf Flecki. Die schreckte laut maunzend hoch und fauchte den Kleineren an. Danach sprang sie vom Bett wobei sie gequälte Laute von sich gab. Nicole stand sofort auf und lief hinter ihr her um sie sich genauer anzusehen, aber Flecki ging gleich unter das Sofa, so dass Nicole nicht mehr an sie heran kam.
Zum Frühstück brachte Nicole nur mit Mühe ein paar Cornflakes runter. Der Futternapf war zwar inzwischen leer, aber sie ging davon aus, dass es nicht Flecki sondern Skipper gewesen war, der sich daran vergnügt hatte. Schweren Herzens ließ sie ihre Katze in der Wohnung zurück. Skipper klemmte sie sich unter den Arm und setzte ihn auf ihren Balkon. Von dort sollte er sich seinen Weg entweder in den Garten oder hoch zu seinem Frauchen suchen. Ob Andrea noch da war? Egal, das konnte jetzt nicht ihr Problem sein. Heute würde sie trotz des guten Wetters mit dem Auto fahren. Sie hoffte, dass sie bei ihrem Tierarzt kurzfristig einen Termin bekommen
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