Die Liebe kommt auf leisen Pfoten
ein Beruhigungsmittel hat, gebe ich ihr jetzt nur noch ein weiteres Mittel. Das lässt ihr Herz stehen bleiben. Sie wird es nicht merken, sondern einfach einschlafen.“
„Kann ich sie dabei festhalten?“ fragte Nicole.
„Natürlich“, sagte der Arzt und verabreichte Flecki die Spritze. „Ich werde sie nun einen Augenblick allein lassen.“
Nicole setzte sich neben den Behandlungstisch, so dass sie Flecki die ganze Zeit über in den Armen halten konnte. Kurze Zeit später atmete die Katze noch einmal tief aus und es war vorbei. Nicole konnte ihre Tränen nicht zurück halten. Sie vergrub ihr Gesicht in Fleckis Fell. „Ich hoffe, im Himmel sehen wir uns wieder.“
Der Tierarzt kam wieder ins Zimmer und kontrollierte den Herzschlag. „Sie hat es geschafft“, bestätigte er. „Es war die richtige Entscheidung. Sie hätte nur noch leiden müssen.“
„Danke.“ Nicole öffnete den Katzenkorb und der Arzt legte Flecki vorsichtig hinein.
Auf der Heimfahrt konnte sie fast nichts mehr sehen, so sehr rannen ihr die Tränen übers Gesicht. Auch daheim konnte sie sich eine lange Zeit nicht beruhigen. Sie hatte Fleckis Körper aus dem Korb geholt und auf ihre Lieblingsdecke gelegt. Irgendwann konnte sie sich dann endlich aufraffen. Sie wickelte Flecki in die Decke ein, kramte noch ihr Lieblingsspielzeug heraus und trug sie in den Garten. Sie musste nicht lange überlegen, wo sie sie begraben würde. Flecki hatte immer gerne unter einem Haselnussbusch gelegen. Dort fing sie an, ein Loch zu graben. Während das Loch immer tiefer wurde kamen ihr all die schönen Momente in Erinnerung, die sie mit ihrer Katze erlebt hatte. Flecki hatte sie ihr halbes Leben lang begleitet.
Als die Grube tief genug war, legte sie das Bündel sanft hinein. Dann fügte sie noch das Spielzeug hinzu und kniete sich ein letztes Mal hin um sich hinunterzubeugen. „Mach es gut, meine Kleine.“
Als sie sich wieder aufgerichtet hatte, legte sich von hinten eine Hand auf ihre Schulter. Erschrocken drehte sie sich um und sah Andrea. „Ich habe Dich vom Küchenfenster aus gesehen. Was ist denn passiert?“ fragte sie und blickte dann in die Grube.
„Es war wohl ein Tumor“, Nicole wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und putzte sich die Nase, „ihr ganzer Bauch war voller Blut. Der Tierarzt meinte, es wäre besser, sie gleich zu erlösen.“ Bei diesem Satz überkamen sie gleich wieder die Tränen. Andrea nahm sie in den Arm und streichelte ihr tröstend über den Rücken. Nicole konnte sich lange Zeit nicht lösen. Sie fühlte sich einsam und verloren und Andreas Arme boten ihr die Sicherheit, die sie nun brauchte. Erst als sich etwas gegen ihre Knöchel drückte, ließ sie Andrea wieder los und sah nach unten, von wo sie ein kleiner, roter Kater fragend anblickte. Sie nahm in hoch und drückte ihm sanft einen Kuss auf den Kopf. „Jetzt musst Du ganz alleine das Haus beschützen.“
„Soll ich Dir helfen?“ fragte Andrea und nahm die Schaufel in die Hand.
„Das ist lieb, danke. Aber das muss ich alleine machen.“
„Kein Problem. Du kannst nachher gerne zu mir kommen, wenn Du willst. Komm Skipper, wir gehen wieder rein.“
Der kleine Kater war hin und hergerissen, ob er seinem Frauchen folgen oder bei diesen offenbar interessanten Buddelarbeiten dabei bleiben sollte. „Komm schon!“ rief Andrea noch einmal und er startete los. Vielleicht sprang in der Wohnung ein Leckerchen für ihn heraus.
Nicole grub indes das Loch wieder zu. Zunächst schaufelte sie die Erde von Hand zurück und legte sie sanft auf der Decke ab. Nachdem die Fläche komplett bedeckt war, schüttete sie den Rest mit der Schaufel darauf. Zum Schluss legte sie noch einen großen Stein darauf. Ihren Tränen ließ sie dabei freien Lauf.
Nachdem sie wieder in ihre Wohnung gegangen war, ging sie unter die Dusche und lies das Wasser warm auf sich herunterprasseln. Sie fühlte sich wie ferngesteuert und stand minutenlang regungslos da. Irgendwann war sie dann wieder aus der Dusche draußen und zog sich ihre bequeme Hose und einen Pulli an. Sie setzte sich aufs Sofa und drehte die Musik auf, um sich zu betäuben und auf andere Gedanken zu kommen. Doch sie fand keine Ruhe. Schließlich nahm sie ihren Schlüssel aus der Jackentasche und ging hoch zu Andrea.
„Ich ertrage die Leere in meiner Wohnung nicht“, sagte sie, nachdem Andrea ihr die Tür geöffnet hatte. „Darf ich heute Abend bei Dir bleiben?“
„Ja natürlich, komm rein.“
Nicole trat in die
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