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Die lieben Patienten!

Die lieben Patienten!

Titel: Die lieben Patienten! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Tibber
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ist mit mir?«
    »Da fragst du am besten Mrs. Theobald.«
    »Sylvia, ich bin müde, und wenn ich jetzt nicht gehe und Mrs. Calthorpe schnellstens ihre Injektion gebe, wird sie die Wände hochgehen. Halt mich nicht länger auf und sag, was los ist.«
    »Nun gut«, begann sie, »dann werde ich es dir sagen. Als ich dich heiratete, warst du ein verhältnismäßig gutaussehender, heiterer, glücklicher, gutsituierter Arzt. Nun, sieh dich einmal jetzt an.«
    »Das habe ich gerade getan«, knurrte ich.
    »Ich meine nicht deine Zunge. Ich meine dich.« Sie betrachtete mich von Kopf bis Fuß. »Hohlwangig, unrasiert, langhaarig, abgetragener Anzug, dickbäuchig, abgehetzt, schlecht gelaunt.«
    »Gut«, sagte ich, aber sie war noch nicht fertig, sondern erhob sich und schwenkte drohend einen Gummistiefel vor meiner Nase.
    »Und das ist noch nicht alles! Du hast eine Frau und zwei prachtvolle Kinder - aber niemand würde das glauben. Seit Wochen hast du mit uns kaum mehr ein Wort gesprochen, und was deinen Sinn für Humor anbetrifft, so hast du den, glaube ich, vor sechs Monaten zusammen mit Mr. Thomas begraben.«
    »Der Winter ist immer die schlimmste Zeit für mich«, entgeg-nete ich besänftigend.
    »Unsinn! Das ist in früheren Zeiten so gewesen, aber jetzt ist es das ganze Jahr hindurch immer dasselbe. Wenn ich mit einem häßlichen, humorlosen, überarbeiteten Arbeitspferd verheiratet sein wollte, hätte ich mir jemand aussuchen können, der einen höheren Posten hat.«
    »Es ist doch schließlich nicht so, daß wir irgend etwas zu entbehren hätten«, stammelte ich.
    »Das ist jetzt unwichtig. Und wenn du mich ausreden lassen würdest...«
    »Ich dachte, du hättest...«
    »Nein, ich habe nicht. Ich wollte noch sagen, daß ich dir all dieses schon seit Monaten erklären wollte, aber du hast mich gar nicht beachtet. Doch sofort, wenn Mrs. Theobald, oder wie sie heißt, andeutet, daß du blaß aussiehst, streckst du deine Zunge vor dem Spiegel heraus. Ich wollte dich nur, nachdem ich nun anscheinend endlich einmal deine Aufmerksamkeit habe, daran erinnern, daß du weder mit dem Nationalen Gesundheitsdienst noch mit Mrs. Theobald verheiratet bist.«
    Mit Nachdruck setzte sich Sylvia wieder auf ihren Stuhl und lies mich wie einen ungezogenen Schuljungen mitten im Zimmer stehen.
    »Erinnerst du dich daran, wie wir zu lachen pflegten?« fragte ich sie, während ich mich neben sie setzte.
    Sie legte den Gummistiefel hin und blickte mich an.
    »Wenn die Leute lustige Sachen sagten?« Ihr Ärger verschwand.
    »Als ich dem alten Jackson eine Kneippkur empfahl und seine Frau wütend in meine Sprechstunde kam und mir entgegenschrie, kneipen täte er schon so genug?«
    »Und als Miss White mir strahlend und wichtig erzählte, sie sei stichmatisiert worden.«
    »Und als ich die alte Miss Parker bat, mir ihre Zähne zu zeigen, und sie sie herausnahm und auf meinen Tisch legte...« Ich dachte einen Augenblick nach.
    »Komisch, jetzt finde ich überhaupt nichts mehr zum Lachen.«
    »Du hast keine Zeit.«
    »Ich weiß.«
    »Gut. Dann müssen wir irgend etwas dagegen tun.«
    »Was?«
    »Ja, zuerst einmal...«, begann Sylvia, und dann klingelte das Telefon. Es war Reverend Barker, zehn Meilen entfernt in Essex, mit Schmerzen in der Brust - und ich hatte keine Zeit mehr, zuzuhören, was zuerst geschehen sollte.
    Im Verlauf der Jahre hatte sich meine Praxis immer mehr und mehr ausgebreitet. Ich hatte klein und bescheiden in einem Kreis begonnen, der sich mit einem Radius von nur etwa ein bis zwei Meilen um meine Praxis zog, die sich in meinem Wohnhaus befand. Als die Zeit verging und meine Patienten sich aus dem einen oder anderen Grunde zum Umzug entschlossen, fragten sie mich, ob ich wohl auch in dem anderen Bezirk, in den sie nun gingen, weiterhin nach ihnen sehen würde, da sie sich an mich gewöhnt hätten. Wenn es nicht gerade eine ganz unannehmbare Entfernung war, sagte ich meistens ja. Mit diesen Familien, die soviel auf mich gaben, daß sie mich baten, weiterhin ihr Hausarzt zu bleiben, war ich seit Jahren eng verbunden. Bei den ersten derartigen Fällen war ich sehr geschmeichelt, daß sie meine Behandlung vorzogen, statt sich über den Wechsel des praktischen Arztes zu freuen. Jetzt hatten sich die Dinge jedoch so schnell entwickelt, daß ich die Ausdehnung meiner Praxis nicht mehr verantworten konnte, und ich war gezwungen, wie jetzt im Fall des Reverend Barker, zehn und selbst fünfzehn Meilen weit entfernt Besuche zu machen -

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