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Die Liebenden von Leningrad

Die Liebenden von Leningrad

Titel: Die Liebenden von Leningrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paullina Simons
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werde dich nicht verraten.«
    Alexander gab ihr einen Kuss neben die Nase. »Habe ich dir eigentlich jemals gesagt, dass ich deine Sommersprossen hinreißend finde?«, murmelte er. Sie rieb ihr Gesicht an seinem Mund.
    »Tatiascha ...?«, flüsterte Alexander. »Du hast wunderbare Lippen ... Du weißt gar nicht, wie schön du bist!« Sie kuschelten sich enger aneinander.
    Ich liebe dich, Alexander, dachte Tatiana, aber sie wagte nicht, es auszusprechen.
    Plötzlich sprang Alexander auf. Auch Tatiana vernahm ein Geräusch. Feldwebel Petrenko betrat die Galerie und verkündete, es sei Zeit für die Wachablösung.
    Alexander trug Tatiana auf dem Rücken die vielen Stufen hinunter. Es war nach zwei Uhr morgens. Beide waren hellwach. Während sie Arm in Arm durch die dunklen Straßen von Leningrad gingen, hing jeder seinen eigenen Gedanken nach.

    Als Tatiana am nächsten Abend von der Arbeit nach Hause kam, saß ihre Mutter schluchzend auf dem Sofa. Auch Dascha weinte. Die Metanows hatten ein Telegramm vom Kommandanten in Nowgorod bekommen. Ihnen wurde mitgeteilt, dass der Zug, in dem sich Pawel Metanow und Hunderte anderer junger Freiwilliger befunden hatten, am 13. Juli 1941 von den Deutschen in die Luft gesprengt worden war. Es gab keine Überlebenden.
    Tatiana war wie betäubt. Was hatte sie an dem Tag gemacht, als ihr Bruder starb? Sie konnte sich nicht entsinnen. Aber sie hatte die ganze Zeit über gespürt, dass er nicht mehr am Leben war. Trotzdem hatte sie so gelebt wie immer, war zur Arbeit gegangen, hatte geträumt und geliebt... Sie konnte nicht umhin, sich Vorwürfe zu machen. Warum nur hatten sie Pascha fortgeschickt? Er hätte in Leningrad bleiben können, zumindest so lange, bis er eingezogen worden wäre. Sie hätten ihn bei sich gehabt, hätten sich in Ruhe von ihm verabschieden können. Und womöglich wäre er eines Tages gesund aus dem Krieg heimgekehrt.
    Papa lag betrunken auf dem Sofa und Mama putzte vor lauter Verzweiflung wie besessen. Tatiana bot ihr ihre Hilfe an, aber Mama schob sie beiseite. Tatiana hörte Dascha in der Küche wimmern, wo sie das Abendessen zubereitete. Tatiana beschlich eine namenlose Angst vor der Zeit, die vor ihr lag. Jetzt, wo ihr Zwillingsbruder tot war, war alles möglich. Sie ging Dascha zur Hand und sagte: »Dasch, vor einem Monat hast du mich gefragt, ob ich glaube, dass Pascha noch am Leben ist, und ich habe geantwortet ...«
    »Als ob ich auf dich hören würde, Tania«, schnappte Dascha. »Warum hast du mich denn dann gefragt?«, wollte Tatiana überrascht wissen.
    »Ich habe gedacht, du würdest mir irgendetwas Tröstendes sagen. Ich will jetzt nicht darüber reden. Du magst ja gut damit zurechtkommen, aber wir anderen stehen unter Schock!« Als Alexander zum Abendessen kam und die traurige Stimmung wahrnahm, zog er fragend die Augenbrauen hoch. Tatiana erzählte ihm von dem Telegramm. Niemand aß von dem Kohl mit Dosenschinken, den Dascha gekocht hatte, außer Alexander und Tatiana. Seit ihren Erlebnissen in Luga hatten sie sich im Grunde bereits mit dem Gedanken abgefunden, dass Pascha tot war.
    Papa blieb auf dem Sofa liegen und Mama hockte stumm neben ihm.
    Dascha ging in die Küche, um den Samowar anzustellen. Alexander und Tatiana saßen allein am Tisch. Er flüsterte: »Kopf hoch, Tania!«
    Lächelnd nickte sie ihm zu. Er erhob sich, öffnete leise die Tür und verließ die Wohnung.
    Sie ging hinauf aufs Dach. In der kalten Leningrader Nacht hielt sie Ausschau nach Flugzeugen. Der Sommer war endgültig vorüber, der Winter stand vor der Tür.



Von dem Moment an, in dem Tatiana erwachte, bis zu dem Augenblick, in dem sie wieder in einen bleiernen Schlaf fiel, kam eine Lüge nach der anderen über ihre Lippen. Das Schlimme war, dass sie sich selbst gegenüber nicht aufrichtig war. Sie hielt sich vor Augen, dass es besser sei, wenn Alexander nicht mehr vorbeikäme. Dass es eine Tragödie sei, wenn er die Beziehung zu Dascha abbräche. Wie stolz sie darauf sei, dass sie dem Treffen in der Isaakskathedrale kein weiteres mehr folgen ließ. Dass es ihr nichts ausmache, wenn es keine innigen Momente mit Alexander mehr gab. Aber mit all diesen Gedanken verfolgte sie nur den einen Zweck, die Distanz zu Alexander zu ertragen.
    Alexander verhielt sich ihr gegenüber kühl. Kein Muskel zuckte in seinem Gesicht, wenn sie sich sahen. Tatiana sagte sich, dass seine Fähigkeit, sich zu verstellen, von unschätzbarem Wert sei. Aber in Wahrheit war sie enttäuscht.
    Seit

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