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Die Liebenden von Leningrad

Die Liebenden von Leningrad

Titel: Die Liebenden von Leningrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paullina Simons
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schließlich.
    Wieder antwortete Alexander nicht und sie sah ihn nicht mehr an, bis sie den Laden verließen. »Kommst du mit mir nach Hause?« »Ja, Tania«, sagte Alexander. »Ich komme mit dir.« Sie nickte. »Mit der Butter mache ich dir eine schöne Hafergrütze. Und Eier brate ich dir auch.« »Habt ihr immer noch Hafer?«
    »Hmm. Aber es wird immer schwieriger, ihn aufzusparen. Babuschka und Marina essen ihn zwischendurch, ungekocht und direkt aus dem Sack.«
    »Und du, Tatia?«, fragte Alexander. »Tust du das auch?« »Noch nicht«, erwiderte Tatiana. Sie wollte nicht zugeben, wie gern sie es manchmal täte. »Das solltest du aber«, sagte Alexander.
    Langsam gingen sie am Fontanka-Kanal entlang. Tatiana erinnerte sich an ihre Spaziergänge im Sommer. Das Herz tat ihr weh. Drei Blocks von zu Hause entfernt blieben sie stehen und lehnten sich an die kalte Hausmauer. »Ich wünschte, hier stünde eine Bank«, flüsterte Tatiana.
    Alexander erwiderte genauso leise: »Marasow hat mir vom Tod deines Vaters erzählt.« Als Tatiana nicht antwortete, fuhr er fort: »Es tut mir wirklich Leid. Verzeihst du mir?«
    »Da gibt es nichts zu verzeihen«, sagte sie.
    »Ich fühle mich so hilflos«, fuhr Alexander fort. »Ich kann nichts tun, um dich zu beschützen. Dabei habe ich es versucht. Von Anfang an habe ich es versucht. Erinnerst du dich noch an deine Zeit bei Kirow?« Tatiana nickte.
    »Damals wollte ich unbedingt, dass du Leningrad verlasst. Aber ich habe versagt, habe dich nicht überreden können. Und ich konnte dich nicht vor deinem Vater schützen.« Er schüttelte den Kopf. »Wie geht es deinem Kopf?« Er berührte die Stelle mit den Fingerspitzen.
    »Es ist schon in Ordnung.« Tatiana wich einen Schritt zurück. »Wie geht es Dimitri?«, fragte sie. »Hast du von ihm gehört?« Kopfschüttelnd erwiderte Alexander: »Was soll ich dir von Dimitri erzählen? Als ich Mitte September das erste Mal nach Schlüsselburg fuhr, habe ich ihm vorgeschlagen, mitzukommen. Aber er hat sich geweigert. Er fand es zu gefährlich dort. Dann habe ich mich freiwillig mit einem Bataillon Soldaten für Karelien gemeldet, wo die Finnen zurückgedrängt werden sollten.« Er schwieg für einen Moment und fuhr dann fort: »Damit der Lebensmitteltransport über den Ladogasee ungehinderter vonstatten gehen kann. Die Finnen waren einfach zu nahe. Die Kämpfe zwischen ihnen und den schießwütigen NKWD-Grenztruppen endeten immer damit, dass ein paar arme Lastwagenfahrer umkamen, die Lebensmittel nach Leningrad bringen wollten. Ich sagte abermals zu Dimitri, er solle mitkommen. Natürlich ist es gefährlich, sagte ich zu ihm, schließlich ist es feindliches Gebiet, aber wenn wir Erfolg haben ...«
    »Dann seid ihr Helden«, beendete Tatiana den Satz. »Und hattest du Erfolg?«
    Leise erwiderte Alexander: »Ja.«
    Staunend blickte Tatiana ihn an. Sie hoffte, er sähe ihr nicht zu deutlich an, was sie in diesem Augenblick für ihn empfand. »Und du hattest dich freiwillig dafür gemeldet?«
    »Ja.«
    »Haben sie dich denn wenigstens befördert?«
    Er hob die Hand an die Stirn und erwiderte: »Ich bin jetzt Hauptmann Below. Siehst du meinen Orden?«
    »Wie schön!«, rief sie aus und lächelte ihn strahlend an.
    »Na hör mal«, sagte Alexander und verschlang sie mit den Augen, »bist du etwa stolz auf mich?« »Hmm«, erwiderte Tatiana lächelnd.
    »Um eine Beförderung ging es mir auch bei Dima«, fuhr Alexander fort. »Wenn es geklappt hätte, wäre er Obergefreiter geworden. Und je höher dein Rang ist, desto weiter bist du von der vordersten Frontlinie entfernt.« Nickend stellte Tatiana fest: »Er ist so kurzsichtig!« »Jetzt hat er es sogar noch schlimmer getroffen«, sagte Alexander. »Sie haben ihn mit Kaschnikow nach Tikhvin geschickt. Marasow ist mir gefolgt und er ist jetzt Oberleutnant. Aber Dima haben sie mit tausend anderen Männern über den Ladogasee verschifft, sozusagen als Kanonenfutter.« Tatiana hatte von Tikhvin gehört. Die Sowjets hatten die Stadt im September von den Deutschen zurückerobert und jetzt fanden dort ständig Kämpfe statt, weil sie ein strategisch wichtiger Punkt für die Eisenbahnlinie zum Ladogasee war. Tatianas Lächeln war erloschen. Sie sagte: »Ich wünschte, du hättest Dimitri überreden können, dir zu folgen. Eine Beförderung wäre gut für ihn gewesen.« »Da hast du Recht.«
    »Wenn er ein Held geworden wäre«, fuhr Tatiana fort, »wäre sein Selbstbewusstsein gestiegen. Er hätte dich

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