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Die Liebenden von Leningrad

Die Liebenden von Leningrad

Titel: Die Liebenden von Leningrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paullina Simons
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kam es ihr vor wie ein Festessen.
    Alexander warf nur einen Blick auf seine Schüssel und sagte, so viel würde er nicht essen. Dascha hatte ihre Schüssel bereits leer gelöffelt, und Marina auch. Auch die Eier hatten sie schon gegessen.
    Tatiana und Alexander dagegen blickten schweigend auf ihre Schüsseln. »Was ist los mit euch beiden?«, fragte Dascha. »Alex, du brauchst viel mehr zu essen als sie. Du bist ein Mann. Sie ist die Kleinste, sie braucht am wenigsten von uns allen. Und jetzt iss bitte.«
    »Ja«, sagte Tatiana, ohne aufzublicken. »Du bist ein Mann und ich bin die Kleinste. Ich brauche am wenigsten. Nun iss schon.«
    Doch Alexander tauschte seine Schüssel gegen Tatianas aus. »Du isst jetzt«, befahl er. »Ich bekomme in der Kaserne genug! «
    Dankbar schlang Tatiana die Hafergrütze hinunter. Dann aß sie ihre Eier.
    Dascha sagte: »Oh, Alexander, alles hat sich so verändert, seit du das letzte Mal hier warst! Das Leben ist so viel schwerer geworden. Und die Leute sind härter. Jeder denkt nur an sich selbst.« Sie seufzte.
    Alexander und Tatiana blickten sie schweigend an. »Wir bekommen nur dreihundert Gramm Brot pro Tag«, fuhr sie fort. »Wie viel schlimmer soll es denn noch werden?« »Viel schlimmer«, erwiderte Tatiana, um Alexander die Antwort zu ersparen. »Denn bald sind unsere Vorräte aufgebraucht.«
    »Wie viele Dosen Schinken habt ihr noch?«, fragte Alexander. »Zwölf.«
    »Stimmt«, sagte Tatiana, »aber vor vier Tagen waren es noch achtzehn. Wir haben sechs Dosen in vier Tagen gegessen. Wir sind abends immer so hungrig!«
    Die Mädchen mussten zur Arbeit gehen. Dascha trat zu Alexander, der ihr die Hände um die Taille legte. »Oh, Alexander, ich bin so dünn geworden«, sagte Dascha. »Du wirst mich nicht mehr mögen. Bald sehe ich so aus wie Tania.« Sie küsste ihn. »Was machst du, während wir weg sind?« Alexander lächelte. »Ich falle in dein Bett und wache erst wieder auf, wenn ihr nach Hause kommt.«
    Um fünf Uhr rannte Tatiana nach Hause. Zu Hause war es gemütlich warm. Alexander trat aus dem Zimmer und lächelte sie fröhlich an. Tatiana erwiderte sein Lächeln und sagte: »Hallo, Alexander, da bin ich wieder!« Er lachte. Am liebsten hätte sie ihn geküsst. Er hatte gebündeltes Holz aus dem Keller nach oben getragen. Dascha kam aus der Küche. »Ist es nicht gemütlich hier, Tania?«, fragte sie und umarmte Alexander. »Mädchen«, sagte er, »ihr werdet die Zimmer öfter heizen müssen. Es wird viel zu kalt.«
    »Wir werden doch über das zentrale Heizsystem versorgt, Alex«, widersprach Dascha.
    »Dasch«, erwiderte er, »der Leningrader Stadtrat hat angeordnet, dass in Wohngebäuden höchstens zehn Grad herrschen dürfen. Hältst du das für warm genug?« »So schlimm war es bisher nicht«, sagte Tatiana und zog ihren Mantel aus.
    Alexander tätschelte Daschas Arm. »Ich hole euch noch mehr Holz aus dem Keller und lasse es euch da. Heizt eure Zimmer über den großen Ofen und nicht mit der kleinen borsoika , an der sich nicht einmal ein Pinguin wärmen kann. In Ordnung, Tania?«
    Tatiana schwieg. »Alexander, diese großen Öfen verbrauchen viel Holz«, erwiderte sie schließlich und lief in die Küche, um das Abendessen zu machen.
    Babuschka brachte sieben Kartoffeln aus Malaja Ochta mit. Sie aßen eine Dose Schinken und alle Kartoffeln. Dascha regte sich auf und sagte, sie könnten unmöglich alle von einer Dose Schinken satt werden. Alexander schwieg. Als die Sirene heulte, wies er die ganze Familie an, in den Luftschutzkeller zu gehen - alle, einschließlich Tatiana. Als Dascha ihn bat, mit ihnen zu kommen, blickte er sie nachdenklich an und sagte: »Dascha, geh jetzt und mach dir keine Sorgen wegen mir.« Als sie ihn weiter drängte, bemerkte er: »Was wäre ich denn für ein Soldat, wenn ich jedes Mal in den Luftschutzkeller laufen würde, wenn ein paar Bomben fallen? Jetzt geh. Und du auch, Tania.«
    Später an diesem Abend sagte Dascha: »Marinka, kannst du heute Abend bei Babuschka schlafen? Bitte. Es ist warm in ihrem Zimmer, nicht so kalt wie bei uns. Ich möchte, dass Alexander neben mir schläft. Mama, du hast doch nichts dagegen, oder? Wir heiraten schließlich.«
    »Neben dir und Tania?« Marina warf Tatiana einen Blick zu, den diese nicht erwiderte.
    »Ja.« Lächelnd holte Dascha frisches Bettzeug aus der Kommode. »Alexander, es macht dir doch nichts aus, mit Tania in einem Bett zu schlafen?« Er grunzte nur.
    »Taneschka«, neckte Dascha

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