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Die Liebenden von Leningrad

Die Liebenden von Leningrad

Titel: Die Liebenden von Leningrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paullina Simons
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wiederholte Tatiana, als hörte sie das Wort zum ersten Mal. Dann begriff sie. »Oh, du meine Güte.« Sie schlug sich mit der Hand vor die Stirn und sagte: »Oh nein, du wirst es nicht glauben, aber ich kann nicht nach Hause gehen. Ich werde furchtbaren Ärger bekommen.« »Warum?«, fragte Alexander. »Kann ich dir irgendwie helfen?« Warum hatte sie nur das Gefühl, dass er es ernst meinte? Und warum war sie auf einmal so erleichtert und hatte gar keine Angst mehr davor, nach Hause zu kommen? Sie erzählte ihm von den Rubeln in ihrer Tasche und ihren vergeblichen Bemühungen, etwas einzukaufen, und schloss mit den Worten: »Ich weiß nicht, warum mein Vater gerade mich damit beauftragt hat. Ich bin die Unfähigste aus der ganzen Familie.«
    »Mach dich nicht schlechter, als du bist, Tatiana«, erwiderte Alexander. »Außerdem kann ich dir helfen.«
    »Wirklich?«
    Er sagte, er könne mit ihr zu einem der Armee-Geschäfte gehen, zu denen nur Soldaten Zutritt hatten, den so genannten Voentorgs, und dort könnten sie die Dinge kaufen, die sie brauchte.
    »Aber ich bin doch kein Soldat«, erwiderte sie.
    »Nein, aber ich.«
    »Wirklich?«
    »Ja«, sagte er. »Alexander Below, Leutnant. Beeindruckt?« »Skeptisch«, erwiderte sie. Alexander lachte. Tatiana gefiel es nicht, dass er schon alt genug war, um Leutnant zu sein. »Wofür hast du den Orden bekommen?«, fragte sie und blickte auf seine Brust.
    »Militärische Auszeichnung«, entgegnete er und zuckte gleichgültig mit den Schultern.
    »Oh.« Ihre Mundwinkel verzogen sich zu einem schüchternen, bewundernden Lächeln. »Und was hast du militärisch Wertvolles getan?«
    »Nichts Besonderes. Wo wohnst du, Tania?« »In der Nähe des Taurischen Gartens - an der Ecke Grecheskij und Fünfter Sowjet«, erwiderte sie. »Weißt du, wo das ist?« Alexander nickte. »Ich patrouilliere durch die ganze Stadt. Wohnst du bei deinen Eltern?«
    »Natürlich. Ich wohne mit meinen Eltern, meinen Großeltern, meiner Schwester und meinem Zwillingsbruder zusammen.«
    »Alle in einem Zimmer?«, fragte Alexander erstaunt. »Nein, wir haben zwei!«, rief Tatiana fröhlich. »Und meine Großeltern stehen auf der Liste für ein weiteres Zimmer. Aber das kriegen sie erst, wenn eins frei wird.« »Und wie lange stehen sie schon auf der Liste?«, fragte Alexander.
    »Seit 1924«, erwiderte Tatiana und sie mussten beide lachen. Die Busfahrt schien ewig zu dauern.
    »Ich habe noch nie jemanden kennen gelernt, der ein Zwilling ist«, sagte Alexander, als sie ausstiegen. »Seid ihr euch nahe?« »Eigentlich ja, aber Pascha kann einem auch auf die Nerven gehen. Er glaubt immer gewinnen zu müssen, nur weil er ein Junge ist.«
    »Und du findest das nicht?«
    »Natürlich nicht«, sagte Tatiana und wich Alexanders neckendem Blick aus. »Hast du auch Geschwister?« »Nein«, erwiderte Alexander. »Ich war das einzige Kind meiner Eltern.« Er blinzelte und fuhr dann rasch fort: »Wir haben eine große Runde gedreht, was? Zum Glück sind wir nicht mehr weit von dem Geschäft entfernt. Möchtest du lieber laufen oder auf den 22er Bus warten?«
    Tatiana musterte ihn prüfend. Hatte er gerade gesagt, war? Hatte er gesagt, ich war das einzige Kind meiner Eltern? »Wir können zu Fuß gehen«, erwiderte Tatiana langsam, wobei sie ihn prüfend ansah. Seine Knochen zeichneten sich deutlich unter seiner Haut ab und ihren neugierig forschenden Augen kam es so vor, als sei sein Gesicht im Moment wie in Stein gemeißelt. Vorsichtig fragte sie: »Woher kommst du eigentlich, Alexander? Du hast einen leichten ... Akzent.« »Tatsächlich?«, erwiderte er und blickte auf ihre Füße. »Kannst du in den Schuhen auch wirklich gehen?« »Aber ja«, antwortete sie. Warum wollte er das Thema wechseln? Der Träger ihres Kleides war von der Schulter gerutscht. Alexander griff danach und zog ihn mit dem Zeigefinger wieder hoch, wobei er mit der Fingerspitze über ihre Haut strich. Tatiana wurde rot. Sie hasste das. Immerzu wurde sie ohne jeden Grund rot.
    Alexander starrte sie an. Seine Gesichtszüge wurden weich -und was war das in seinen Augen? Es schien fast so, als sei er verwirrt. »Tania ...«
    »Komm, lass uns gehen«, sagte Tatiana, die sich der fortgeschrittenen Tageszeit und dem merkwürdigen Klang seiner Stimme nur allzu bewusst war.
    Ihre Füße schmerzten, in den Sandalen, aber das wollte sie ihm gegenüber nicht zugeben. »Ist das Geschäft weit von hier entfernt?«
    »Nein«, entgegnete er. »An der Kaserne

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