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Die Liebenden von Leningrad

Die Liebenden von Leningrad

Titel: Die Liebenden von Leningrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paullina Simons
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machen.«
    Vater Michail lächelte. »Na gut, mein Sohn«, sagte er. »Ich freue mich, euch beide verheiraten zu können. Kommt morgen um drei mit Ringen und Trauzeugen wieder. Dann traue ich euch.«
    Als sie die Treppe der Kirche wieder hinunterstiegen, sagte Tatiana traurig: »Na, wir bekommen doch sowieso keine Ringe.« »Doch«, erwiderte Alexander und holte vier Goldzähne aus seinem Rucksack. »Das sollte für zwei Ringe reichen.« Tatiana starrte verwirrt auf die Zähne. »Dascha hat sie mir gegeben. Sieh nicht so entsetzt drein.« »Wir können uns doch nicht aus den Goldzähnen, die Dascha von den Patienten ihres Zahnarztes gestohlen hat, Ringe machen lassen!«
    »Hast du eine bessere Idee?«
    »Vielleicht sollten wir noch warten.« »Warten? Worauf?«
    Darauf wusste Tatiana keine Antwort. Schweren Herzens folgte sie Alexander die Straße hinunter.
    Der Juwelier wohnte in einem kleinen Stadthaus, in dem sich auch seine Werkstatt befand. Er warf einen Blick auf die Goldzähne, blickte Alexander und Tatiana an und erklärte, er könne goldene Ringe aus den Zähnen machen - aber das würde zwei weitere Goldzähne kosten.
    Alexander erwiderte, er besäße nicht mehr, aber er habe eine Flasche Wodka. Der Juwelier weigerte sich jedoch, bis Alexander schließlich laut seufzend zwei weitere Goldzähne aus seinem Rucksack hervorzog.
    Dann fragte Alexander ihn, ob sie irgendwo in Molotow Haushaltswaren kaufen könnten.
    »Wahrscheinlich müssen wir auch die Decken mit Goldzähnen bezahlen, Shura«, flüsterte Tatiana Alexander zu. Der Juwelier stellte sie jedoch seiner dicken Frau Sofia vor, die ihnen zwei Steppdecken, Kopfkissen und Laken für zweihundert Rubel verkaufte.
    »Zweihundert Rubel!«, rief Tatiana aus. »Ich habe zehn Panzer und fünftausend Flammenwerfer zusammengebaut und habe nicht so viel dafür bekommen.«
    »Ja, aber ich habe zehn Panzer in die Luft gejagt und fünftausend Flammenwerfer verbraucht und habe zweitausend Rubel dafür bekommen«, erwiderte Alexander. »Mach dir keine Gedanken wegen des Geldes, Gib es einfach für das aus, was wir benötigen.« Sie kauften auch einen Topf, eine Pfanne, einen Kessel, ein paar Teller, Besteck und Tassen, und einen Fußball. Und Alexander schwatzte Sofia noch zwei Blechschüsseln ab. »Wozu sollen die gut sein?«, fragte Tatiana und blickte auf die Schüsseln, von denen die eine in die andere passte. »Das wirst du schon sehen.« Alexander lächelte. »Eine Überraschung zu deinem Geburtstag.« »Und wie sollen wir das alles nach Hause tragen?« Alexander gab ihr einen Kuss auf die Nasenspitze und sagte zärtlich: »Mach dir keine Gedanken - ich kümmere mich schon um alles.«
    Sofia verkaufte ihnen zwei Kilo Tabak, hatte jedoch keine Lebensmittel. Sie schickte sie zu einem Marktstand, wo man Äpfel, Tomaten, Gurken, Brot und Butter erstehen konnte. Damit setzten sie sich an eine abgelegene Stelle am Fluss und hielten ein Festmahl.
    »Was mich erstaunt«, sagte Tatiana, während sie das Brot brach, »ist, dass du mir den Puschkin schon letztes Jahr zum Geburtstag geschenkt hast.«
    »Ja?«
    »Wie hast du denn die Rubel darin verstecken können?« Sie schenkte Alexander eine Tasse Kwas ein. »Das Geld war schon in dem Buch, als ich es dir geschenkt habe.« Nachdenklich blickte Tatiana Alexander an. »Wirklich?«, fragte sie.
    »Ja, natürlich.«
    »Aber du hast mich doch kaum gekannt! Warum solltest du mir so viel Geld schenken?« Sie wartete darauf, dass er ihr erzählte, woher das Geld kam, aber er schwieg. So weit kannte sie ihn schon: Er würde erst darüber sprechen, wenn er es wollte. Sie blickte ihn an. Sie begehrte ihn so sehr ... »Was ist los?«
    »Nichts, nichts«, erwiderte sie und blickte weg. Alexander kroch über die Decke zu ihr, nahm das Brot und die Tasse von ihr entgegen und sagte lächelnd: »Das bringe ich dir auch noch bei: Wenn du etwas von mir willst, dich aber nicht traust, darum zu bitten, dann musst du einfach dreimal blinzeln.«

    Sie hatten die Nacht in seinem Zelt am Fluss verbracht. Vorher waren sie noch schwimmen gegangen, aber dann waren sie eingeschlafen, noch bevor um elf Uhr abends die Sonne unterging, und hatten fünfzehn Stunden durchgeschlafen. Am späten Vormittag machten sie sich fertig, um erneut nach Molotow zu gehen.
    Tatiana zog ihr weißes Kleid mit den roten Rosen an. »Siehst du, dass ich mittlerweile zu dick für das Kleid geworden bin?« Sie lächelte Alexander zu, der auf der Decke lag und sie beobachtete.

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