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Die Liebenden von Leningrad

Die Liebenden von Leningrad

Titel: Die Liebenden von Leningrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paullina Simons
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Wunsch nicht. Slawins Oberkörper lag im Flur, die Beine in seinem Zimmer. Er stank erbärmlich und sein fettiges, graues Haar fiel ihm ins Gesicht. »Slawin hat sich wieder die Haare ausgerissen«, flüsterte Tatiana Alexander zu.
    »Ich glaube, das ist das geringste seiner Probleme«, flüsterte er zurück.
    Grollend ließ Slawin Tatiana vorbeigehen, griff aber hysterisch lachend nach Alexanders Bein.
    »Genosse«, sagte Dimitri und stellte seinen Stiefel auf Slawins Handgelenk, »lass den Leutnant los.«
    »Ist schon gut, Dimitri«, beruhigte Alexander ihn und schob ihn weg. »Ich werde schon allein damit fertig.« Slawin quietschte vor Entzücken und packte Alexanders Stiefel fester. »Unsere Taneschka hat einen hübschen Soldaten mitgebracht«, kreischte er. »Entschuldigung ... zwei hübsche Soldaten. Was wird dein Vater dazu sagen, Taneschka? Billigt er das? Ich glaube nicht. Er mag es nicht, wenn du Jungen mit nach Hause bringst. Er wird sagen, zwei sind zu viel für dich, Taneschka. Gib einen deiner Schwester ab, meine Süße.« Slawin lachte wild auf. Alexander zog sein Bein weg. Slawin streckte die Hand nach Dimitri aus, als er jedoch dessen Gesicht sah, ließ er sie wieder sinken. Er schrie: »Ja, Tanesch-ka, bring sie mit nach Hause. Bring sie alle mit - denn in drei Tagen werden sie tot sein. Tot! Erschossen vom Genossen Hitler, der ein so guter Freund vom Genossen Stalin ist!« »Er war in einem Krieg«, erklärte Tatiana, erleichtert, dass sie an ihm vorbeigekommen waren. »Wenn ich allein bin, nimmt er gar keine Notiz von mir.«
    »Das kann ich mir kaum vorstellen«, bemerkte Alexander. Errötend sagte Tatiana: »Das stimmt aber. Wir langweilen ihn, weil wir ihn nicht beachten.«
    Alexander beugte sich zu ihr und fragte: »Ist gemeinschaftliches Wohnen nicht großartig?«
    Überrascht erwiderte sie: »Welche Möglichkeit gibt es denn sonst?«
    »Gar keine. Diese Art zu wohnen wird unsere eigensüchtigen, bourgeoisen Seelen heilen.«
    »Das sagt Genosse Stalin auch immer!«, rief Tatiana aus. »Ich weiß«, gab Alexander zurück und bemühte sich, ernst zu bleiben. »Ich zitiere ihn gerade.«
    Tatiana unterdrückte ein Lachen und führte ihn zu ihrer Zimmertür. Sie blickte Alexander und Dimitri an und sagte nervös seufzend: »So, wir sind da.« Dann öffnete sie die Tür, betrat den Raum und verkündete lächelnd: »Komm herein, Alexander.«
    »Darf ich auch hereinkommen?«, fragte Dimitri. »Ja, bitte, Dimitri.«
    Tatianas Familie saß in Babuschkas und Dedas Zimmer um den großen Esstisch. Tatiana steckte den Kopf durch die Tür. »Ich bin wieder da!«
    Niemand blickte auf. Mama fragte gleichmütig: »Wo warst du?«
    »Mama, Papa! Seht euch die Lebensmittel an, die ich gekauft habe!«
    Papa blickte kurz von seinem Wodkaglas auf. »Sehr schön, Tochter«, sagte er. Genauso gut hätte sie mit leeren Händen zurückkommen können. Leise seufzend warf sie Alexander, der noch im Gang stand, einen Blick zu. Zeigte er etwa Mitleid? Nein, das traf es nicht ganz. Es war mehr als das. Sie flüsterte ihm zu: »Stell die Kisten hin und komm mit mir herein.«
    »Mama, Papa, Babuschka, Deda«, sagte Tatiana, wobei sie sich vergeblich bemühte, die Begeisterung in ihrer Stimme zu unterdrücken, »ich möchte euch Alexander vorstellen »Und Dimitri«, warf Dimitri rasch ein, bevor Tatiana ihn vergessen konnte.
    »Und Dimitri«, fügte Tatiana hinzu.
    Alle blickten ungläubig auf Alexander und dann auf Tatiana. Mama und Papa blieben am Tisch sitzen, vor sich eine Flasche Wodka und zwei Gläser. Deda und Babuschka setzten sich auf das Sofa, damit die Soldaten am Tisch Platz nehmen konnten. Tatiana fand, dass ihre Eltern traurig aussahen. Tranken sie wegen Pascha?
    Papa stand auf. »Das hast du sehr gut gemacht, Tania. Ich bin stolz auf dich.« Er machte eine einladende Geste zu Alexander und Dimitri. »Kommt, trinkt ein Glas Wodka mit uns.« Höflich schüttelte Alexander den Kopf. »Nein, danke. Ich habe nachher noch Dienst.« »Aber ich sage nicht nein.« Dimitri trat vor. Papa schenkte ihm stirnrunzelnd ein Glas ein. Alexander mochte ja seine Gründe haben, die Gastfreundlichkeit ihres Vaters abzulehnen, aber Tatiana wusste ganz genau, dass ihr Vater diese Haltung nicht billigte. Es war nur eine Kleinigkeit, aber ihr Vater würde es nicht vergessen. Dennoch mochte Tatiana Alexander lieber.
    »Tania, du hast wahrscheinlich keine Milch gekauft, oder?«, fragte Mama.
    »Papa hat gesagt, ich solle nur haltbare

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