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Die Liebenden von Leningrad

Die Liebenden von Leningrad

Titel: Die Liebenden von Leningrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paullina Simons
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jedem Strohhalm. »Aber was ist denn mit diesem Chernenko? Ich kenne ihn gar nicht und schulde ihm auch nichts.« »Sie müssen ihn mitnehmen«, flüsterte Alexander. »Heute Nachmittag hat er endgültig begriffen, dass ich Tania nie opfern würde, um mich zu retten. Er wird ihr helfen und alles andere ist mir egal.« Dr. Sayers blickte ihn stumm an.
    »Doktor«, sagte Alexander sanft, »hören Sie auf, um mich zu kämpfen. Das versucht bereits Tania ständig. Ich möchte nicht, dass sie sich Sorgen um mich macht. Mein Schicksal ist besiegelt, aber sie hat ihr Leben noch vor sich. Kümmern Sie sich um sie.« Dr. Sayers rieb sich über das Gesicht. »Alexander, glauben Sie denn, dass sie überhaupt ohne Sie mitkommt?« »Niemals«, erwiderte Alexander. Er liebte Tatiana in diesem Moment mehr, als er jemals für möglich gehalten hätte. »Oh Gott! Und was soll ich dann tun?«, rief Sayers aus. »Sie darf nie erfahren, dass ich verhaftet worden bin. Wenn sie es erfährt, folgt sie Ihnen nicht. Deshalb müssen Sie ihr sagen ...«
    Alexander erklärte Dr. Sayers seinen Plan. »Major, das kann ich nicht tun!«, rief Sayers aus. »Doch, das können Sie. Es sind ja nur Worte, Doktor.« Sayers schüttelte den Kopf.
    »So vieles kann und wird schief gehen«, sagte Alexander. »Es ist kein perfekter Plan. Aber wir haben keine andere Wahl. Wenn er überhaupt gelingen soll, müssen wir alle Waffen nutzen, die wir zur Verfügung haben. Selbst die ohne Munition.« »Major, Sie sind wahnsinnig. Sie wird mir nie glauben«, sagte Sayers.
    Alexander packte den Arzt am Handgelenk. »Nun, das wird von Ihnen abhängen, Doktor. Sie wird nur am Leben bleiben, wenn Sie sie hier rausbringen. Wenn Sie sie nicht überzeugen können, wenn Sie auch nur für den Bruchteil einer Sekunde zeigen, wie Ihnen zumute ist, wird Tatiana nicht mitkommen. Und solange sie denkt, dass ich noch am Leben bin, wird sie hier bleiben und innerhalb weniger Tage werden sie sie verhaften.« Mit brüchiger Stimme fuhr er fort: »Wenn sie mein leeres Bett sieht, wird sie zusammenbrechen und sie wird Sie mit Tränen in den Augen ansehen und sagen: >Sie lügen. Ich weiß, dass Sie lügen, weil ich spüre, dass er noch lebt.< Ihre Trauer wird für Sie kaum zu ertragen sein, aber Sie werden sie trotzdem weiter anlügen müssen, weil Sie sonst Tania und unser Kind zum Tode verurteilen. Merken Sie sich das, Doktor: Wenn Sie ihr die Wahrheit sagen, um sie zu trösten, dann sprechen Sie damit ihr Todesurteil aus.«
    Alexander ließ Sayers' Handgelenk los. »Und jetzt gehen Sie. Sehen Sie ihr in die Augen und lügen Sie!« Mit versagender Stimme flüsterte Alexander: »Und wenn Sie sie retten, so haben Sie mir damit geholfen.«
    In Dr. Sayers' Augen standen Tränen, als er sich erhob. »Ich hasse dieses Land«, sagte er.
    »Ich auch.« Alexander reichte ihm die Hand. »Schicken Sie Tatiana bitte zu mir. Ich muss sie noch ein letztes Mal sehen. Aber kommen Sie mit. In Gegenwart anderer Leute wird sie die nötige Distanz wahren.«
    Alexander schloss die Augen. Nach zehn Minuten hörte er Schritte und Tatianas melodische Stimme. »Doktor, ich habe Ihnen doch gesagt, dass er schläft.« »Major?«, rief Dr. Sayers.
    »Major? Bist du wach?«, fragte Tatiana. Er spürte ihre warmen, vertrauten Hände an seinem Kopf. »Er fühlt sich nicht heiß an.«
    Alexander legte seine Hand auf ihre, holte tief Luft und schlug die Augen auf. Tatiana blickte ihn so liebevoll an, dass er die Augen sofort wieder schloss und leise sagte: »Ich bin nur müde, Tatia. Wie geht es dir? Wie fühlst du dich?« »Mach die Augen auf, Soldat«, befahl Tatiana zärtlich und streichelte ihm übers Gesicht.
    »Warum hängst du nicht mehr an der Infusion?«, fragte sie dann und griff nach seiner Hand. »Und warum ist deine Hand ganz blau und schwarz, als ob du sie dir selbst herausgerissen hättest? Was hast du heute Nachmittag getrieben, als ich weg war?«
    »Ich brauche die Infusion nicht mehr. Mir geht es schon viel besser.«
    Sie legte ihm die Hand wieder auf die Stirn. »Er fühlt sich ein bisschen kalt an, Doktor«, stellte sie fest. »Vielleicht sollte ich ihm noch eine Decke holen.«
    Als sie weg war, öffnete Alexander die Augen und registrierte den gequälten Gesichtsausdruck des Arztes. »Reißen Sie sich zusammen«, formte er mit den Lippen.
    Tatiana kam mit der Decke zurück, breitete sie über Alexander aus und betrachtete ihn. Sie lächelten einander zu. »Geht es dir gut?«, fragte sie. »Ich

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