Die Liebenden von Sotschi
mehrmals. Dann brach es aus ihm heraus: »Aber es wird ihnen nichts nützen! Es nützt ihnen gar nichts! Eines Tages werden die Möbel auch von dort weggeschafft! Und das wird Wassili genau beobachten!« Doch Strelenko wurde vom Unglück verfolgt.
Wie Wassili meldete, wurden die Möbel und Kartons in einem Raum neben der Tiefgarage aufgestapelt. Aber drei Tage später waren sie plötzlich verschwunden. Weggebracht in der Nacht, wahrscheinlich mit Fahrzeugen der US-Army.
Strelenko meldete auch das nicht nach Moskau. Aber sein Haß auf Bubrow wurde grenzenlos.
Mabel Jefferson hatte die Stellung als zweite Assistenzärztin der II. Inneren Abteilung im Sprain Ridge Hospital angetreten.
Ihr Chef, Prof. Harold Rogers, ein internationaler Experte für Hämatologie, begrüßte sie sehr herzlich in seinem Arbeitszimmer, machte sie dann mit den anderen Kollegen der Abteilung, vor allem mit den wichtigsten Personen in einem Krankenhausbetrieb bekannt: der Oberschwester und der Leitenden Schwester der Station. Was der Chef der Klinik über einen denkt, ist zweitrangig; wichtig ist die Sympathie der Stationsschwester. Wer es als Arzt mit ihr verdorben hat, läuft täglich gegen dicke Mauern an.
Irene-Mabel übernahm eine Frauenstation der ›Inneren‹; meistens handelte es sich um Magengeschwüre und Darminfektionen, auch zwei Ephyseme und einige Gallenentzündungen waren dabei. Sie bekam ein schönes Zimmer mit Blick ins Grüne, bis zum Grassy Sprain Reservoire, einem langgestreckten See, an dessen Ende das riesige Salvation Army Camp lag und der herrliche Platz des St. Andrews Golf Club.
In Cohagens Augen bedeutete das absolute Sicherheit. Alles, was Bubrow von nun an betraf, insbesondere alle Möbel, Einrichtungsgegenstände und Lieferungen, wurde in das Militärlager gebracht. Hier mußte für jeden noch so findigen Sowjetmenschen die Spur zu Ende sein. Der immerwährende Lastwagenverkehr der Army, Tag und Nacht, nach allen Richtungen, war auch mit den raffiniertesten Methoden nicht zu kontrollieren.
Cohagen war auf seine Idee erst gekommen, als er auf dem Stadtplan Irenes Fahrtstrecke von Ardsley nach Yonkers nachmaß, um den besten Weg auszukundschaften. Dabei fiel ihm das Army-Lager auf, und er rief sofort den Kommandeur an.
Nach einem kurzen Gespräch war Cohagens Wunsch erfüllt. Wer kann der CIA etwas abschlagen? Ein Army-Transporter holte die Sachen in der Tiefgarage der CIA ab, brachte sie nach Sprain, und von dort, zwei Tage später, in das schöne, weiße Haus bei Ardsley. Auch den Container, der noch auf See schwamm, wollte Cohagen so verschwinden lassen. Das war schneller und einfacher als der erste Plan mit den wechselnden Besitzern.
Bubrow schien glücklich zu sein.
Er hängte Gardinen auf, arbeitete im Garten, strich Fenster und Treppengeländer nach, pflanzte Blumen und isolierte eine Dachkammer. Cohagen hatte ihn noch nicht in die Übersetzerabteilung geholt, bezahlte aber vom 1. des Monats an das Gehalt.
»Ich will warten, bis Ihr Gesicht vollkommen geheilt ist«, sagte er. »Keine sichtbare Narbe mehr, keine Schwellungen, keine Hautverfärbungen. Ihr Gesicht muß glatt wie ein Kinderarsch sein. Ich will vermeiden, daß Ihre Kollegen Sie fragen: Was ist denn, Tony? Biste unter'n Fleischhacker geraten?! – Sie müssen erst der reinrassige Jefferson sein.«
Die erste Nacht im neuen Haus, im neuen, eigenen Schlafzimmer war ein kleines Fest.
Cohagen hatte zum Einstand eine Magnumflasche Champagner mitgebracht, Irene servierte Spickbraten und Bubrow geschmorte Gurken nach russischer Art mit saurem Rahm, das köstliche Ogurzywsmetanje, wie man es in der Ukraine ißt. Zum Nachtisch gab es Erdbeeren mit Vanilleeis und eisgekühlten Wodka.
»Das war kein Essen, das war eine Orgie!« stöhnte Cohagen, als er die Champagnerflasche öffnete und den Korken knallend gegen die Decke schießen ließ. »Jetzt könnte man mir gebündelt alle Ziegfield-Girls überreichen – ich wär' zu faul, auch nur Killekille zu machen! Du lieber Himmel, was könnt ihr Russen fressen!«
Gegen 23 Uhr verabschiedete sich Cohagen. Bubrow brachte ihn bis vors Haus und hielt seine Hand fest.
»Wie kann ich Ihnen danken, Ronny?«
»Indem Sie künftig solche albernen Fragen unterlassen.«
»Was Sie für uns getan haben, ist ohne Beispiel. Ich habe mich immer gefragt, in all den Wochen: Warum tut er das? Für die CIA bin ich doch jetzt wertlos. Von mir kommt nichts mehr.«
»Können wir nicht mal Menschenfreunde sein – ohne
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