Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Liebenden von Sotschi

Die Liebenden von Sotschi

Titel: Die Liebenden von Sotschi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
die für die Gesetze verantwortlich sind.«
    Sie blieben drei Wochen in Reit im Winkl, gingen viel spazieren, lagerten stundenlang auf den Almwiesen, erfrischten sich in den klaren, kalten Gebirgsbächen und liebten sich in Blumenwiesen oder in Heustadeln.
    Zweimal rief Dr. Ewingk an. Er teilte mit, daß die Sowjetische Botschaft nun einen förmlichen Auslieferungsantrag gestellt hatte – (ein neuer, guter Trick von Ussatjuk!) – und daß man nicht bereit sie, diesem Begehren nachzukommen. Es könnte sogar sein, daß man Bubrows Flucht als Begehren um politisches Asyl bewerte – dann gäbe es vielleicht auch keinen Prozeß.
    »Was sie machen, ist mir gleichgültig. Nur wenn ich nach Rußland zurück muß – dann nehme ich mir das Leben«, sagte Bubrow ruhig. »Ich weiß, was mich drüben erwartet.«
    Irene rief sofort Dr. Ewingk an und erzählte ihm, was Bubrow gesagt hatte. »Um Gottes willen, tun Sie alles, um ihm Asyl zu geben!« flehte sie. »Er kommt sonst in ein Straflager nach Sibirien – das ist doch ein Grund, nicht wahr?! Wenn das nicht genügt …«
    Nach drei Wochen kehrten sie nach Steinebach zurück. Aber Bubrow fuhr sofort weiter nach München und bezog ein Zimmer in einer Pension in Schwabing. Auf einen Rat des Innenministeriums sollte er erst einmal ›aus dem Verkehr gezogen‹ werden. Es galt Zeit zu gewinnen.
    Das war etwas, das Bubrow als Russe sofort akzeptierte. Die Zeit ist unser Freund – das ist für jeden Russen das elfte Gebot. Mit Hilfe der Zeit lösen sich viele Probleme von allein.
    Irene Walther vertröstete ihre Mitbürger am Wörthsee und die angereisten Reporter: ein wenig später könne man Herrn Bubrow immer noch die Hand drücken. Sie hatte ihre Arbeit im Labor ›Bio-Agrar‹ wieder aufgenommen. Bubrow verbrachte die Tage meist in seinem Zimmer und las deutsche Bücher über Wasserbautechnik oder Zukunftsromane.
    Abends ging er zum Essen in Schwabinger Lokale, unauffällig wie immer, und lächelte still in sich hinein, wenn er den ihn beschattenden Kriminalbeamten erkannte, der auf Staatskosten ein Bier und warmen Leberkäs verzehrte. Man muß die Spesen niedrig halten.
    Trotzdem gelang es ihm, über den Weg zur Toilette zu telefonieren. Es war ein kurzes Gespräch nach Brüssel.
    Dort saß in einem modernen Büro der Fruchtimporteur Harrelmans und freute sich, Bubrows Stimme zu hören. In Wahrheit hieß er Michail Jefimowitsch Orlowskij und hatte den Rang eines Oberstleutnants des GRU. Er war der Hauptabteilungsleiter West; in seinem Fruchtbüro liefen die Fäden der sowjetischen Militärspionage in Mitteleuropa zusammen.
    »Endlich!« sagte Harrelmans-Orlowskij. »Man kann doch nicht unentwegt auf einer Frau liegen.«
    »Es war mir bisher unmöglich, anzurufen.«
    »Wo sind Sie?«
    »In München-Schwabing.« Bubrow nannte seine Adresse. »Ich werde noch beschattet. Machen Sie schnell, Michail Jefimowitsch, man glaubt sonst nicht, daß ich noch auf dem Lokus bin!«
    »Ihr Kontaktmann ist A 5. Peter Hämmerling. Er wird sich bei Ihnen melden. Sie haben Code ›Franz-Josef‹.«
    »Sehr sinnig.«
    »Wir haben doch Humor, Boris Alexandrowitsch! Wann können wir mit Ihnen rechnen?«
    »Ich brauche Zeit. Ich muß erst völlig harmlos sein. Ich melde mich. Ende.«
    »Viel Glück, Franz-Josef!« rief Harrelmans-Orlowskij und legte lachend auf.
    Der Kriminalbeamte saß noch geduldig hinter seinem Bier und war froh, als Bubrow das Lokal verließ und zurück zu seiner Pension ging.
    Keine besonderen Vorkommnisse. Gegessen hat er: eine Leberknödelsuppe und einen Tiroler Braten. Getrunken: zwei kleine Pils. Fünfzig Pfennig Trinkgeld.
    Zwei Stunden später kam Irene zu Bubrow, um bei ihm zu schlafen. Drei Tage war sie ohne ihn gewesen, ohne seine Zärtlichkeit, ohne seine Stimme. Sie hatte es fast nicht mehr ausgehalten.
    Du bist wahnsinnig, hatte sie zu sich gesagt. Aber es ist ein wunderbarer Wahnsinn. Davon will ich mich nie heilen lassen. Was bin ich noch ohne Boris?
    Er fing sie mit offenen Armen auf, als sie ins Zimmer stürzte, hob sie hoch und trug sie zum Bett.
    Es wurde Winter. Das Verfahren gegen Bubrow war eingestellt worden, zumal auch die Sowjetische Botschaft in Bonn auf dem Auslieferungsantrag nicht herumritt und sogar nicht unzufrieden darüber zu sein schien, daß der peinliche Vorfall in Vergessenheit geriet. Daß auch die Sowjetunion bei einer Flugzeugentführung hilflos ist, war eine bittere Erkenntnis, die ihr weh tun mußte. Das war auch der einzige schwarze

Weitere Kostenlose Bücher