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Die Liebenden von Sotschi

Die Liebenden von Sotschi

Titel: Die Liebenden von Sotschi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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die sie neugierig musterten. Dr. Ewingk, für die Öffentlichkeit nichts als ein Chemiker, hob bedauernd die Schultern und sagte dann ernst:
    »Man will Sie sehen, Irene. Auf dem Polizeipräsidium. Was haben Sie angestellt? Sicher nicht nur falsch geparkt? Hat Ihr schöner Anblick vielleicht zu einer Massenkarambolage geführt?«
    Die Polizisten grinsten.
    Irene sah sie ratlos an.
    »Ich habe keine Ahnung …«
    »Wir auch nicht, Frau Doktor.« Der Hauptwachtmeister war etwas gehemmt. Er mußte in eine Art Vorhölle geraten sein. An vielen Türen stand: ›Achtung! Gefahr! Nicht eintreten‹. Über anderen Türen leuchtete eine rote Lampe. An Durchgängen, die aussahen wie Eingänge zu Atombunkern, stand: ›Schleuse I‹ und ›Schleuse II‹ und ›Danger – Gefahr‹. So etwas bedrückt.
    »Wir haben per Funk vom Präsidium nur den Befehl bekommen, Sie hinzubringen«, sagte der Hauptwachtmeister.
    »Vom Präsidium?« wiederholte Irene ungläubig.
    »Sie müssen ja ein schwerer Fall sein!« lachte Dr. Ewingk.
    »Wer hat das befohlen?«
    »Der Herr Polizeipräsident persönlich.«
    »Das ist in der Tat ungewöhnlich.« Dr. Ewingk zog seinen weißen Laborkittel aus. »Irene, ich begleite Sie. Vorher spreche ich noch mit Bonn.«
    »Wir sollen aber nur –« sagte der Hauptwachtmeister stockend. Dr. Ewingk winkte ab.
    »Meine Herren, Sie wissen nicht, um was es sich handelt. Ich werde Ihrem Präsidenten erklären, daß ich berechtigt bin, bei der Unterredung mit Frau Walther zugegen zu sein. Bitte, nur noch fünf Minuten.«
    Er ging ins Nebenzimmer, man hörte ihn telefonieren, dann kam er zurück und nickte zufrieden.
    »Das Ministerium meldet mich bereits bei Ihrem Präsidenten an. Meine Herren, wir können fahren.«
    Im Zimmer des Polizeipräsidenten saß Bubrow im Kreis der ihn ausfragenden Herren und erzählte aus seinem Leben. Es war nicht übermäßig interessant. Jeder in dieser Runde hatte ungleich mehr erlebt als dieser geflüchtete Russe.
    Immer wieder fragte er: »Wann kommt Irina?«
    »Sie ist schon auf dem Weg zu uns.«
    »Wie hat sie sich verhalten? Vor Freude geschrien? Oder geweint?«
    »Sie weiß noch gar nicht, daß Sie hier sind, Herr Bubrow.« Nun erklärte man Bubrow die Rechtslage, eröffnete ihm, daß eine Flugzeugentführung aus Liebe – übrigens ein Novum in der Geschichte der Luftpiraterie – keine mildernden Umstände rechtfertige und daß er wahrscheinlich auch alle Kosten der von ihm verursachten Aktionen zu tragen habe. Allein die Landegebühr in München sei ein großer Brocken.
    »Ich werde alles abarbeiten«, sagte Bubrow zuversichtlich. »Wann kommt Irina?«
    Vier Stunden nach der Landung der Iljuschin in München betrat Dr. Irene Walther mit Dr. Ewingk das Polizeipräsidium. Die Presse hatte mittlerweile einen Tip zugespielt bekommen und lauerte auf die große Sensation. Man wußte nicht Genaues, aber allein die Tatsache, daß eine sowjetische Maschine nach München entführt worden war, daß die Botschaft protestiert hatte und die ganze Angelegenheit bisher als top secret behandelt worden war, reichte für eine dicke Schlagzeile auf der ersten Seite.
    Von der Pressestelle des Präsidiums war nichts zu erfahren, die Flughafenverwaltung bestätigte nur, daß eine sowjetische Verkehrsmaschine in München ›zwischengelandet‹, aber längst schon wieder abgeflogen sei – auch das erschien als Verharmlosung, die eine dicke Story ahnen ließ. Da aber niemand wußte, daß eine Frau etwas damit zu tun hatte, ließen die Presseleute Irene Walther und ihre Begleiter ungeschoren den Eingang passieren.
    »Was ist eigentlich los?« fragte Dr. Ewingk sofort, nachdem sie der persönliche Referent des Polizeipräsidenten im Vorzimmer begrüßt hatte. »Hat man Ihnen gesagt, daß –«
    »Das Verteidigungsministerium hat angerufen, ja. Aber es ist gar nichts Dienstliches, es ist ganz privat.«
    »Ich habe nichts mit der Polizei zu tun«, sagte Irene energisch.
    »Die Polizei ist hier gewissermaßen auch nur Vermittler.« Der Beamte lächelte hintergründig. »Bitte, kommen Sie mit.«
    Er öffnete die Tür. Zunächst sah Irene nur eine Versammlung rauchender und Mineralwasser trinkender Männer, aber dann schlug ihr ein Aufschrei entgegen, der ihren Herzschlag aussetzen ließ.
    »Irina! Moj drug! Irina!«
    Ein Mann war aufgesprungen, warf die Arme hoch und drängte sich nach vorn. Plötzlich flimmerte es vor ihren Augen. Sie fühlte, wie Dr. Ewingk sie stützte.
    »Boris …« stammelte sie.

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