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Die Liebenden von Sotschi

Die Liebenden von Sotschi

Titel: Die Liebenden von Sotschi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Punkt auf Oberst Ussatjuks strahlender Weste; eine Blöße mußte man sich eben geben, wenn man einen Bubrow in die Zentrale der B- und C-Forschung einschleusen wollte.
    Immerhin vollzog Moskau noch einen kleinen dramatischen Akt, der Boris Alexandrowitsch in den Augen des Westens nun wirklich blütenweiß wusch: sie bürgerte Bubrow aus. Da Bubrow kein Schriftsteller, sondern nur ein kleiner Wasserbau-Ingenieur war, hatte er das Glück, nicht unter die Fittiche eines deutschen Nobelpreisträgers schlüpfen zu müssen; er konnte bei Irene Walther bleiben und zog nun endlich zu ihr nach Steinebach.
    Zwei Wochen lang wurde Boris Alexandrowitsch dort herumgereicht, trank Kaffee in der Villa eines Textilmillionärs und aß Käse-Fondue im Chalet eines Schweizer Wirtschaftsberaters. In einem Segelboot fuhr er über den See und durfte das berühmte Grillfleisch eines der größten Wagner-Tenöre unserer Zeit kosten, mit dessen Hunden spielen und sich Arien aus russischen Opern anhören.
    Wo Bubrow sich auch sehen ließ, überall machte er Eindruck. Lediglich der große Wagner-Tenor mit seiner Welterfahrung äußerte im vertrauten Kreis Bedenken.
    »Der Bursche ist mir irgendwie zu glatt!« sagte er. »Jeder Mensch hat Ecken und Kanten und Macken – er offenbar nicht. Ich kann mir nicht helfen: ich mag ihn nicht!«
    Da man Aussprüche von Tenören, und seien sie noch so berühmt, nur selten ernst nimmt, vergaß man diese Charakteristik bald. Immerhin wurde Bubrow von dem Kammersänger nicht mehr eingeladen.
    Weihnachten feierten sie in Garmisch. Bubrow kamen die Tränen, als man die alten deutschen Weihnachtslieder sang, als es nach Pfeffernüssen und Bratäpfeln, Spekulatius und Printen duftete und er zum erstenmal Lebkuchen aß.
    »Ich kann dir nichts schenken, Irinaschka«, sagte er bedrückt. »Ich habe nichts, ich bin ein armer Mann, arbeitslos, staatenlos …«
    »Du bist da«, sagte sie voller Glück. »Das ist ein unbegreifliches Geschenk.«
    Zwischen Weihnachten und Neujahr kam ein Elektriker von den Stadtwerken in Irenes Wohnung, um die Panzersicherungen zu kontrollieren. Sie waren im Keller angebracht. Bubrow ging mit dem Elektriker hinunter.
    »Ich heiße Peter Hämmerling!« sagte der Mann. »Die Sicherungen sind in Ordnung, Franz-Josef?«
    Bubrow musterte den Elektriker und nickte. Das also ist A 5! Ein noch junger Mann mit wachen braunen Augen. »Das Licht brennt ohne Zwischenfälle«, sagte Bubrow ruhig.
    »Man hört so gar nichts …«
    »Ich hatte um Zeit gebeten.«
    »Es sind jetzt fast fünf Monate.«
    »Vier!«
    »Ein gutes Licht muß man sehen.«
    »Erst muß die Leitung verlegt werden.«
    »Wann?«
    »Im neuen Jahr wird es heller.«
    Als Bubrow wieder hinaufkam, hatte er ein verschlossenes Gesicht. »Etwas nicht in Ordnung?« fragte Irene.
    »Mit dem Licht schon. Aber –« Bubrow stockte, dann sprudelte es aus ihm heraus. »Es muß etwas geschehen, Irina! So geht es nicht weiter. Das Herumsitzen, das Warten, das Nutzlossein, das Almosenempfangen!«
    »Boris!«
    »Eben habe ich wieder gehört, was die Leute so denken. Der Elektriker fragt mich: Noch keine Arbeit? Wasserbau ist vielleicht nicht gefragt, aber Sie sind doch Ingenieur! Da gibt es doch viele Möglichkeiten … So sehen mich die Leute: als Schmarotzer, der nur von deiner Arbeit lebt! Irinaschka, das zerrt an den Nerven. Verzeih mir!«
    »Ich werde mit Dr. Ewingk sprechen«, sagte Irene, betroffen von Boris' Ausbruch. Es war das erstemal, daß er laut geworden war.
    »Was soll ich in eurem Labor?«
    »Ewingk kennt eine Menge Leute. Da ist sicher etwas zu machen.«
    »Ihr forscht doch für die Landwirtschaft. Ist da nicht eine Abteilung, die mit Wasserbau zu tun hat?«
    »Nein. Nur mit Wasserchemie.«
    »Das ist schon etwas!«
    »Es sind Projekte einer kleinen Arbeitsgruppe. Da ist nichts zu machen.«
    »Sie wollen das Wasser verbessern?«
    »Das kann man nicht gerade sagen«, antwortete sie ausweichend.
    »Ich begreife immer noch nicht, was du als Ärztin mit Bodenbakterien zu tun hast.«
    »Ich untersuche die Wirkung auf Menschen.«
    »Aha!«
    Es war das erstemal, daß sie eine Winzigkeit aus ihrem Arbeitsgebiet erzählte. Bubrow verhielt sich wie ein normaler Laie; er machte den Eindruck, als verstünde er nur wenig davon.
    »Es gibt höllische Bakterien«, sagte sie, »Bakterien, die noch kaum einer kennt, weil man sie erst gezüchtet hat. Sie können ganze Landstriche entvölkern.«
    Bubrow lächelte und schüttelte den Kopf. »Jetzt

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