Die Liebenden von Sotschi
sind schon auf diese Art liquidiert worden. Mit lautlosen Giftpistolen. Auf einer Straße, in Lokalen, auf Märkten werden sie angerempelt, spüren einen kaum wahrnehmbaren Stich, der Rempler entschuldigt sich höflich und verschwindet in der Menge. Sekunden später ringt der Überfallene nach Atem, wird blau im Gesicht und fällt um. Jeder glaubt zunächst an einen Herzinfarkt. Wenn man die Wahrheit entdeckt, ist der Täter schon längst in einer anderen Stadt oder in einem anderen Land.« Der CIA-Mann warf einen Blick auf den nackten Forster. »Wir kennen diese Giftpistolen sehr genau. Auch ihre Herkunft.«
»Wer war dieser James C. Forster?« fragte einer der deutschen Staatsanwälte.
»Das sollten wir nicht hier erörtern«, sagte der CIA-Delegationsleiter. »Man sollte diesen Fall diskret behandeln.«
»War er einer von Ihren Leuten?«
Der CIA-Mann wich aus. »Hat man die Gäste überprüft?«
»Natürlich. Alle einwandfrei.«
»Das sind sie immer«, sagte der CIA-Mann. »Der Täter muß ja nicht unter den Gästen sein.«
»Dr. Irene Walther und dieser Bubrow sind auch hier«, sagte ein Beamter von der Mordkommission. »Sie erinnern sich, meine Herren? Die Flugzeugentführung im letzten Sommer. Der ›Pirat aus Liebe‹. Ein Russe.«
»Da haben wir's ja!« meinte der CIA-Mann.
»Was haben wir?«
»Den Angelhaken, an dem unser Fisch zappeln wird.«
»Wenn die Sowjets Rache an Bubrow nehmen wollten, warum liquidieren sie dann Forster? Ein Irrtum? Ausgeschlossen! Forster und Bubrow sind nicht zu verwechseln.«
»Bubrow ist Russe«, sagte der CIA-Mann stur. »Und die Tötung mit der Giftpistole ist eine sowjetische Erfindung. Auch wenn Bubrow ein Flüchtling ist und brav wie ein Lämmchen – ein Russe bleibt er doch!«
»Wollen Sie ihm Forster anhängen?«
»Wir haben keine Beweise.«
»Das ist es.« Der Leiter der Mordkommission blätterte in seinen Vernehmungsprotokollen. »Dr. Walther und Herr Bubrow haben ein felsenfestes Alibi. Sie saßen an einem Sechsertisch in fröhlicher Gesellschaft. Selbst pinkeln ist er nicht allein gegangen, einer der Herren am Tisch, ein Dr. Feising, ging mit. Zwischen Bubrow und Forster sehe ich keinen Zusammenhang. Man sollte vielmehr nachprüfen, was Forster zu Silvester hier im Hotel wollte – wenn er von der CIA war.«
»Vielleicht nur saufen.«
»Ganz allein? Ohne weibliche Begleitung? War Forster ein Eremit oder schwul? Selbst dann wäre er zu Silvester kaum allein gewesen.«
Um die Mittagszeit wurde die Leiche des James C. Forster weggebracht. In vier Gruppen wurden die Hotelgäste noch einmal vernommen, auch das gesamte Personal, wobei sich herausstellte, daß sich darunter vier Jugoslawen, drei Griechen, zwei Polen, zwei Tschechen und drei Italiener befanden.
»Da haben wir einiges zu überprüfen«, sagte der Leiter der Mordkommission ahnungsvoll. »Das Personal war in der Silvesternacht natürlich pausenlos beschäftigt und unterwegs. Na, dann Prost!«
Am 2. Januar fuhren Irene und Bubrow wieder zurück nach Steinebach.
Sie wußten nicht, daß man James C. Forster in ihrem Zimmer, im Berghotel, ermordet hatte, als er gerade damit beschäftigt war, in die Nachttischlampe eine ›Wanze‹, einen Minisender, zu montieren. Unten im Saal wurde getanzt, und niemand vermißte den stillen Forster. Der Mörder aber mußte ihn genau beobachtet haben. Auch die deutsche Polizei und die amerikanische CIA wußten das nicht. Bei der Münchener CIA war man nur verblüfft, als aus Washington der Befehl eintraf, den Fall Forster als normalen Mordfall zu behandeln und den deutschen Behörden die weitere Ermittlung zu überlassen. Lediglich die Überführung Forsters nach Washington solle man betreiben. Er habe den Rang eines Captain gehabt. Aus.
Ein paar Tage später, als Irene wieder im Labor der ›Bio-Agrar‹ arbeitete, rief Bubrow von einer Telefonzelle in München seinen Kontaktmann A 5 an.
»Hier Franz-Josef«, sagte er. »Was war das eigentlich zu Silvester? Wart ihr das?«
»Es mußte sein.«
»Idioten!«
»Er montierte eine Wanze in Ihre Nachttischlampe.«
»Glaubt ihr, wir sprechen im Bett über Mikroben?! Das war ein verdammter Fehler. Jetzt ist die CIA heiß.«
»Und wir wissen endlich, daß die Amerikaner hinter Ihnen her sind, Franz-Josef. Was ist da falsch gelaufen?«
»Nichts! Das ist eben nur ihr ewiges Mißtrauen gegen uns Russen. Die Deutschen haben sich da gewandelt, sie bejubeln jeden Flüchtling von drüben. Hättet ihr doch die Wanze in
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