Die Liebesfalle
tanzten nicht mehr, sondern wiegten sich nur noch im Takt.
»Kiki ist Ihr anderer Schützling.«
»Mein anderer Schützling?«, sagte sie erstaunt. »Ich dachte … Sie sagten doch, ich hätte zwei Mädchen zu betreuen und da dachte ich das andere Kind -«
»Wäre natürlich auch meines? Nein. Kiki ist nicht von mir. Kiki ist eine Naturgewalt, wie ein Zyklon über dem Pazifik oder ein Vulkan in Ostindien. Ich zähle darauf, Celeste, dass Sie sie zähmen.«
»Naturgewalten lassen sich unmöglich zähmen.«
»Ich setze größtes Vertrauen in Sie, Celeste. Lady Bucknell sagt, Sie seien ein Wunder, was ungezogene Kinder angeht und der russische Botschafter und seine Frau haben Ihnen ein glühendes Empfehlungsschreiben ausgestellt.« Mr. Throckmorton schaute sich um. »Die Musik hat aufgehört zu spielen. Sollen wir ein Stück gehen, während ich Ihnen die Lage erkläre?«
»Ja!« Gütiger Himmel, ja! Erhellte Flure entlangzugehen und über ihre Anstellung zu reden, war jedenfalls weniger vertraulich als diese Dunkelheit, dieses Sichberühren, die wirbelnde Musik in dem von Träumen erfüllten Raum. Den Träumen von Ellery, die nun ein unglücklicher Zwischenfall aufgeschoben hatte. Sie wirbelte aus Mr. Throckmortons Armen und ging zur Tür.
Er erwischte sie, noch bevor sie zwei Schritte getan hatte, legte den Arm um ihre Taille, machte sich ihren Schwung zu Nutze und schwang sie in seine Umarmung zurück – noch enger als zuvor. Er presste sie an seine Brust. Wütend, verlegen und sich der Gefahr bewusst, lehnte sie sich so weit wie möglich zurück. »Mr…. Throckmorton!«
»Lassen Sie Ihre Partner immer so auf der Tanzfläche stehen?« Er hörte sich streng an. »Ich erinnere mich jedenfalls nicht, dass man das in Paris so macht und in England ganz bestimmt nicht, das versichere ich Ihnen.«
Die Röte stieg ihr ins Gesicht. Er hatte Recht. Sie musste ihm ungezogen und undankbar erscheinen. Sie, die so hart daran gearbeitet hatte, jede Ungehobeltheit aus ihrem Benehmen zu schleifen. Der Comte de Rosselin hatte ihr beigebracht, dass eine Lady, wenn sie in Schwierigkeiten geriet, nie in irgendwelche Niederungen herabsank, sondern an der Herausforderung wuchs. »Sie haben Recht.« Sie brachte die Worte kaum über die Lippen, so sehr hasste sie sie. »Vergeben Sie mir mein mangelhaftes Betragen und seien Sie bedankt für diesen Tanz.«
Die Schatten konnten weder verbergen, dass er sie anstarrte, noch wie finster er sie musterte. Er legte die Hand an ihr Kinn, hob es an und schien nur zu sich selbst zu sprechen. »Sie sind die schönste und anmutigste Frau, die ich seit sehr langer Zeit gesehen habe.«
Seine Stimme hallte in ihr wider und sein glühendes Bekenntnis weckte den Wunsch in ihr, aus dem Ballsaal zu flüchten. Von Blythe Hall zu flüchten. Wie hatte er es geschafft, ihre Ablehnung in… in … eine derart bestürzende Wertschätzung seiner Person und der Komplimente, die er machte, zu verwandeln? Warum fiel ihr plötzlich auf, wie groß gewachsen er war, welch breite Schultern er hatte und welch klare Kraft von seinem Gesicht ausging?
Er lächelte und sagte in einem Ton, der den vorangegangenen Wutausbruch Lügen strafte: »Danke, Celeste. Ich kann mich nicht erinnern, je einen Tanz so genossen zu haben.«
Er ließ sie los, doch sie wagte nicht, ihm den Rücken zuzukehren. Eins hatte er ihr jedenfalls beigebracht: lasse Garrick Throckmorton niemals aus den Augen, denn du weißt nicht, was er als Nächstes tut.
Er hielt ihr einfach nur den Arm hin. Sie legte die Hand darauf und zusammen schlenderten sie auf den trüb erleuchteten Korridor hinaus.
»In England gilt es immer noch als recht skandalös, Walzer zu tanzen, müssen Sie wissen«, sagte er. »Sollte jemand anderes als der Gastgeber Sie zu einem Walzer auffordern, in unserem Fall also Ellery oder ich, wäre das eine Despektierlichkeit.«
Sie nickte langsam. »Danke, dass Sie mir das sagen. In Frankreich -«
Er lachte. »Ja, in Frankreich ist Walzertanzen natürlich noch die Geringste der Unschicklichkeiten.«
Sie konnte sich das Lächeln nicht verkneifen. Er hatte Recht. In Frankreich war sie das schöne Mädchen gewesen, das als Gouvernante beim Botschafter angestellt gewesen war. In England war sie immer noch die Gärtnerstochter. Hätte sie sich nicht so sehr nach Vater gesehnt und Blythe Hall und Ellery, sie wäre vermutlich nie zurückgekehrt. Doch nun war sie es und sie würde sich alles erobern.
Aber nicht heute Nacht. Heute Nacht
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