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Die Liebeshandlung

Die Liebeshandlung

Titel: Die Liebeshandlung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey Eugenides
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bezweifle, dass Professor Churchill eine hohe Meinung von Rollen in
Zeit der Sehnsucht
hat.»
    «Was hat er uns bei der Einführung gesagt? Er bietet einen Schauspiel-Workshop an. Für Leute, die Profis am Theater werden wollen.»
    «Am Theater heißt nicht   –»
    «Was hat er
dir
gesagt? Dass du ein Filmstar wirst?»
    «Er hat mir gesagt, dass ich nicht Theater spielen kann.»
    «Hat er das, tatsächlich?» Dabney steckte die Hände in die Taschen und wippte auf den Absätzen, als wäre er erleichtert,dieses Urteil nicht selbst aussprechen zu müssen. «Bist du darum so stinkig? Dass du es an mir auslässt? Die Bewertung meines Könnens schlechtmachst?»
    «Ich mache nichts schlecht. Ich bin mir nur nicht sicher, ob du Churchill richtig verstanden hast.»
    Dabney stieß ein bitteres Lachen aus. «Ob ich ihn richtig verstanden habe? Ich bin wohl zu blöd, was? Ich bin nur so ein hirnverbrannter Muskelprotz, dem du seine Englischarbeiten schreiben musst.»
    «Ich weiß nicht. Für Sarkasmus scheint es ja zu reichen.»
    «Mann, bin ich ein Glückspilz», sagte Dabney. «Was täte ich nur ohne dich? Du musst doch den ganzen Feinsinn für mich mitkriegen, oder? Du mit deinem feinen Näschen. Es muss schön sein, im Geld zu schwimmen und den ganzen Tag zu schnuppern, ob nicht etwas Feinsinn in der Luft liegt. Was weißt du schon davon, sich seinen Unterhalt verdienen zu müssen? Mach dich ruhig über mein Werbefoto lustig. Du bist ja schließlich nicht mit einem Football-Stipendium aufs College gekommen. Und jetzt stehst du hier und willst mich runterziehen. Weißt du was? Das ist alles Bockmist. Ich hab die Schnauze voll von deiner Herablassung und deinem Überlegenheitskomplex. Im Übrigen hat Churchill recht. Du hast es nicht drauf, Theater zu spielen.»
    Am Ende musste Madeleine zugeben, dass Dabney viel flüssiger redete, als sie es ihm zugetraut hatte. Er war auch in der Lage, eine ganze Palette von Emotionen darzustellen, Wut, Abscheu, verletzten Stolz und andere zu simulieren, einschließlich Zuneigung, Leidenschaft und Liebe. Er hatte eine große Karriere in Soaps vor sich.
     
    Madeleine und Dabney hatten im Mai Schluss gemacht, unmittelbar vor dem Sommer, und es gab keine bessere Zeitals den Sommer, um jemanden zu vergessen. Noch am Tag ihrer letzten Prüfung war sie direkt nach Prettybrook gefahren, ausnahmsweise einmal froh, dass sie so gesellige Eltern hatte. Bei all den Cocktailpartys und gastlichen Essen in der Wilson Lane blieb ihr wenig Zeit, sich näher mit sich selbst zu befassen. Im Juli bekam sie ein Praktikum bei einer gemeinnützigen Gesellschaft für Poesie auf der Upper East Side und fuhr regelmäßig mit dem Zug nach New York. Ihre Aufgabe bestand darin, die Einsendungen für den jährlich verliehenen Poesiepreis «Neue Stimmen» auf ihre Vollständigkeit hin zu überprüfen, bevor sie an den Juror (in diesem Jahr Howard Nemerov) weitergeschickt wurden. Madeleine war technisch nicht sonderlich begabt, aber da alle anderen im Büro es noch weniger waren, galt sie schließlich als Anlaufstelle, wann immer der Kopierer oder Matrixdrucker streikte. Ihre Mitarbeiterin Brenda kam mindestens einmal in der Woche an ihren Schreibtisch, um mit kindischer Stimme zu fragen: «Kannst du mir bitte helfen? Der Drucker ist wieder mal nicht nett zu mir.» Die einzige erfreuliche Stunde des Tages war für Madeleine die Mittagspause, wenn sie durch die schwülen, stinkenden, aufregenden Straßen spazieren ging, in einem engen französischen Bistro, schmal wie eine Bowlingbahn, Quiche aß und die unterschiedlichen Stile der Klamotten bestaunen konnte, in denen die Frauen ungefähr ihres Alters herumliefen. Als der einzige Hetero im Büro sie einladen wollte, nach der Arbeit etwas trinken zu gehen, antwortete sie schroff: «Tut mir leid, ich kann nicht», zur Abwechslung einmal bemüht, nicht mit schlechtem Gewissen an die verletzten Gefühle eines anderen, sondern an sich selbst zu denken.
    Danach kehrte sie mit dem Vorsatz ans College zurück, in ihrem letzten Studienjahr fleißig, karriereorientiert und offensiv keusch zu sein. Sie spannte ein weites Netz und schickteBewerbungen an die Yale Graduate School (Englische Philologie und Literatur), an eine Organisation, die Englischunterricht in China vermittelte, sowie, für ein Berufspraktikum in der Werbebranche, an Foote, Cone & Belding in Chicago. Sie bereitete sich mit einem Übungsbuch auf die Zulassungsprüfung fürs Masterstudium vor. Der mündliche Teil

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