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Die Lieder der Erde - Cooper, E: Lieder der Erde - Songs of the Earth 1

Die Lieder der Erde - Cooper, E: Lieder der Erde - Songs of the Earth 1

Titel: Die Lieder der Erde - Cooper, E: Lieder der Erde - Songs of the Earth 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elspeth Cooper
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vier Personen, aber es waren nur selten so viele Badende gleichzeitig hier. Holzregale mit Handtüchern und Waschzeug darauf standen am Kopfende einer jeden Wanne, und hüfthohe Trennwände teilten sie von den Nachbarn ab, so dass wenigstens eine gewisse Privatsphäre gewahrt wurde.
    Gair wusch sich die letzten Seifenreste ab und lehnte sich mit dem Rücken gegen die Kacheln. Das heiße Wasser war wohltuend, aber auch nach einer ganzen Stunde waren die Schmerzen in seinen Muskeln noch nicht verschwunden. Auch wenn er sich über die anderen Meister beschwerte, forderte ihn Aysha nicht weniger hart. In den zwei Wochen, seit sie ihn zum ersten Mal zu sich gerufen hatte, war er weitere acht oder neun Mal bei ihr gewesen, für gewöhnlich am frühen Morgen, wenn sie sicher sein konnte, dass die anderen Meister noch nicht gefrühstückt hatten, und er hatte keine Ahnung, wie viele Meilen sie zusammen in anderen Gestalten als ihren eigenen geflogen oder gelaufen waren. Heute war sein freier Tag, der erste seit seiner Ankunft, und sie hatte ihn gerufen, während er sich rasiert hatte. Sie war so plötzlich in seine Gedanken eingebrochen, dass ihm das Rasiermesser fast ein zweites Lächeln ins Gesicht geschnitten hätte.
    Seine Verletzungen hatten bei ihr nur eine erhobene Braue sowie die kurze Frage hervorgerufen, ob sein Gegner nun auch so hübsch aussehe, bevor sie ins Hochland geflogen waren. Sie hatte ihm gezeigt, wie er sich in einen Weißhirsch verwandeln konnte, und sie hatte ihn ausgelacht, als bei seinem ersten Versuch eine echte Hirschkuh angstvoll zwischen die silbrigen Birken floh. Daraufhin hatte er sich in einen leahnischen Rothirsch mit prächtigem Geweih verwandelt und so laut geröhrt, dass es Aysha angst und bange geworden war. Sofort war sie als Eichhörnchen auf den nächsten Baum gehuscht und hatte ihn von dort mit Fichtenzapfen beworfen. Sie war genauso zielgenau wie zielstrebig gewesen, was der stechende Schmerz hinter seinem rechten Ohr bewies.
    Obwohl die Zeit, die er mit Aysha verbrachte, als Unterrichtszeit galt, fühlte sie sich doch keineswegs so an. Es gab keine Struktur und nur wenig Förmlichkeit; was sie taten, hing von Ayshas Stimmung ab, und manchmal bedeutete das, dass sie ihm etwas Neues zeigte. Aber es war ihm egal, denn nach den vielen Stunden harter Disziplin in den Unterrichtszimmern bei den anderen Meistern war es stets eine Erleichterung für ihn, an die frische Luft zu kommen und einfach nur er selbst zu sein. Er war schon immer lieber draußen als drinnen gewesen, und außerdem war Aysha eine angenehme Gesellschaft. Sie respektierte sein Schweigen und schien irgendwie zu spüren oder zu wissen, wann ihm nicht nach Reden zumute war, aber zu anderen Zeiten forderte sie ihn heraus, befragte ihn, warf angesichts seiner Halsstarrigkeit die Hände in die Luft oder brachte ihn mit ihren scherzhaften Nachahmungen der anderen Mitglieder des Lehrkörpers zum Lachen. Ihr Lieblingsziel war Godril. Sie hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, ihn auf die Schippe zu nehmen, wann immer sich eine Gelegenheit dazu bot, aber auch die anderen waren nicht sicher vor ihr. Wenn Gair im Unterrichtszimmer vor dem Meister mit dem blonden Haar saß und sich an eine ihrer bösartigeren Bemerkungen über ihn erinnerte, musste er sich regelmäßig in die Backe beißen, damit er nicht grinste.
    Strahlend helle Farben drangen plötzlich in seine Gedanken ein.
    Du schuldest mir einen Gefallen, Leahner , sagte Aysha in seinem Kopf.
    Gair schaute sich im Badehaus um, aber zu dieser Zeit – mitten am Tag – war es so leer, dass niemand nach den Heilern rufen würde, wenn er sah, dass sich Gair mit der Luft unterhielt.
    »Inwiefern?«
    Eavin hat nach dir gesucht .
    »Warum? Heute ist doch mein freier Tag.«
    Sobald er das gesagt hatte, zuckte er zusammen und befürchtete, sie könnte glauben, dass er sich damit auch über sie beschwerte.
    Er unterrichtet heute eine Novizenklasse und hat einen der Schüler auf die Suche nach dir geschickt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass du sehr interessiert daran bist, einigen kichernden Kindern zu zeigen, wie man eine Wasserhose dreht, also habe ich ihn abgelenkt .
    »Das wird Meister Eavin nicht gefallen.«
    Ihr Lachen verursachte ihm eine Gänsehaut – als ob er ihren Atem an seinem Ohr fühlen würde.
    Er ist ein erwachsener Mann und wird darüber hinwegkommen. Außerdem ist heute dein freier Tag. Steh auf und komm .
    »Ach, Meisterin Aysha, ich bade

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