Die Lilith Verheißung: Thriller (German Edition)
russische Regierung.« Er sprach etwas schleppend, so als ob er seinen eigenen Worten lauschen würde.
»Und was machen Sie in meiner Wohnung?« Reginas Stimme war jetzt kalt und schneidend. Es schienen nur der Fette und der Alte hier zu sein. Das wäre zu schaffen.
»Liebe Frau Bachmaier, ehe Sie voreilig an Gewalt denken, lassen Sie mich bitte erklären, warum wir Sie mit einem wirklich guten russischen Essen überrascht haben. Wir wissen, dass Sienach einem Antiserum suchen. Wir wissen, dass Sie zudem im Auftrag eines Herrn Köhn ein Bild suchen. Und zu guter Letzt wissen wir, dass die beiden anderen Helden Ihres illustren Quartetts derweil durch tiefen deutschen Schnee stapfen. Und weil wir das wissen, würden wir gern mit Ihnen zusammenarbeiten. Ach, als Vorspeise gibt es übrigens Blini und danach ein hervorragendes Lachsfilet in einem Estragon-Teigmantel.«
Faruk erkannte den Hünen wieder: Es war der freundliche Herr, der ihn am Morgen aus den Fängen des Wiener Mobs befreit hatte. Er konnte kein schlechter Mensch sein. Und Faruk hatte tatsächlich Hunger. Er und Regina setzen sich.
»Probieren Sie die Suppe mit Stör. Oder den Borschtsch, unsere Nationalsuppe. Leonid hat wirklich etwas Feines gezaubert.«
Timoschenko schob, obwohl Faruk und Regina bereits aßen, einen Teller nach dem anderen unter ihre Nase: handgemachte Teigtaschen, gefüllt mit Kartoffeln, Pilzen und Sauerrahm, Lachsfilet in Estragon-Sahnesauce, dazu gedämpftes Gemüse und grüne Fisolen mit scharfem Reis. Zwischenzeitlich wurde eine kräftige Kohlsuppe gereicht. Anders als Regina, die schon das zweite Glas in der Hand hielt, wies Faruk das Wasserglas mit Wodka freundlich, aber bestimmt ab.
Er sah mokant lächelnd zu Timoschenko. »In Gegenwart des russischen Geheimdienstes FSB bleibe ich gern nüchtern.«
Timoschenko erwiderte ebenso lächelnd: »Gospodin Al-Ali, Sie waren ein gelehriger Schüler, und wir sehen mit großer Traurigkeit auf Ihren rasanten Abstieg in Ihrem Heimatland. Dabei war Ihre Karriere doch so vielversprechend, nicht wahr?«
Regina sah gespannt auf die beiden Männer. Es herrschte keine echte Sympathie zwischen ihnen. Es war eher ein respektvolles Taxieren. Faruk war, seit sie die Wohnung betreten hatten, auffällig still und beherrscht. Sie konnte ihn nicht fragen, ahnte aber, dass er Timoschenko mehr als nur flüchtig kannte.
»Ja, Genosse, Sie begleiten mich schon lange durch mein Leben. In Berlin hat es begonnen«, erwiderte Faruk.
Der Russe nickte versonnen. »Ja, als unsere Ideen noch groß und unsere Länder stark waren.« Langsam reichte er seine knochigeHand über den Tisch. Und tatsächlich schlug Faruk, zwar zögernd, aber dennoch ein.
»Ich möchte nur ungern Ihr Schwelgen in der Vergangenheit unterbrechen, aber was wissen Sie über Köhn?«, rief Regina einen Tick zu laut dem alten Mann zu, der sich wieder über ein roséfarbenes Lammstück gebeugt hatte.
Mit großer Langsamkeit nahm er die Serviette, ehe er erklärte: »Der Vater Ihres Auftraggebers, Herr Köhn senior, ist kein Unbekannter für uns. Er ist für uns Russen so etwas wie diese Bläschen an der Lippe, wie nennt man sie noch?«
»Herpes«, half Regina ihm.
»Ja, genau. Es kommt immer wieder, und man braucht viel Geduld. Aber irgendwann geht es wieder weg. Köhn trat uns im Zweiten Weltkrieg das erste Mal unter die Augen. Es war am Aralsee. Er suchte im Auftrag Himmlers nach einem geheimen Buch. Der Versuch scheiterte. 1945 geriet er in Gefangenschaft und tauchte mit einem anderen älteren hohen Wehrmachtsoffizier in der Lubjanka, unserem allseits bekannten Gefängnis in Moskau, auf. Aus nicht näher erklärbaren Gründen konnte er bald zurück nach Deutschland reisen. Dort baute er ein gigantisches Wirtschaftsimperium auf. Wir haben ihn immer beobachten lassen. Er wusste das. Wenn es ihm zu unangenehm wurde, ließ er den einen oder anderen Beobachter verschwinden. So signalisierte er uns, dass wir ihm zu nah gekommen waren. Wir respektierten das. Dann brach unser Land auseinander. Seither galt er bei uns als ›geschlossen‹, also nicht mehr aktiv. Vor mehreren Jahren trat aber sein Sohn auf den Plan, kaufte einen Wissenschaftler aus unserem Land und sorgte für eine sichere Ausreise nach Israel. Dort wurden dann mit seiner Hilfe diese Pocken entwickelt, die den Deutschen geradeso zu schaffen machen.«
»Izzakh Roth, der Forscher aus dem Labor in Israel«, dachte Faruk, ließ sich aber nichts anmerken.
Regina zündete sich
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