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Die Lilith Verheißung: Thriller (German Edition)

Die Lilith Verheißung: Thriller (German Edition)

Titel: Die Lilith Verheißung: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Calsow
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Realismus. Das Land, in dem er lebt, ist Kriegsgebiet. Die Spanier, zu denen die Provinz Holland damals gehörte, kämpfen mit grausamen Mitteln. Bosch verfremdet diese Szenen nur, aber die Hölle als Motiv hat er quasi vor der Haustür. Boschs Bilder bestehen aus dem Stoff, aus dem Träume, gute wie schlechte, sind. Für ihn ist die Welt, in der er lebt, das Hier und Jetzt, nur ein Traum, die physische Welt ist irreal. Unser aller Bewusstseinszustand ist, weil er ohne Erkenntnis ist, wie ein Schlaf. Erst wenn wir in unsere spirituelle Heimat zurückkehren, werden wir erkennen, dass unser Leben in Wirklichkeit nur ein Traum war. Das materielle Dasein ist ein Zwang. Aber nur wenige werden erleuchtet. Und die einfachen Menschen brauchen dafür die Vollkommenen. Diese führen dann die reuigen Sünder in das Licht.«
    Ihre Stimme hatte zum Schluss einen beschwörenden, fast pastoralen Klang angenommen. Sie blätterte in der Mappe und schlug eine Seite mit einem Bild auf.
    »Hier sehen Sie, Sie erwähnten doch Venedig.« Setner breitete das Bild vor ihnen aus.
    »Das kenne ich«, rief Regina.
    »Viele kennen das Bild als Illustration zu Nahtoderfahrungen. Im Volksmund nennt man das Werk auch den ›Lichttunnel‹. Aber der Titel lautet ›Der Aufstieg in das himmlische Paradies‹. Es hängt im Dogenpalast in Venedig.«
    Man sah tatsächlich einen Tunnel, in dem fünf von Engeln begleitete Personen einem gleißenden Licht entgegenflogen. Alles war heiter und leicht.
    Faruk lächelte. »Das muss für Menschen, die kurz vor dem Tod stehen, ein unglaublicher Trost sein. Kein strafender Gott ist zu sehen, nur Licht und Glück.«
    Setner gab das Lächeln zurück. »Genau darum geht es. Niemand richtet. Alles ist Licht. Und die Glücklichen streben danach.«
    Faruk murmelte etwas auf Arabisch.
    »Was sagst du?«, fragte Regina.
    »Entschuldigt, ich erinnerte mich gerade an eine Aussage Mohammeds, der von einer seiner Reisen mit dem Engel Michael in den Himmel berichtete. Er sagte: ›Er führte mich durch viele Schleier des Lichts, so dass das Universum, das ich erblickte, mit dem, was ich je auf der Welt erfuhr, nichts gemein hatte.‹«
    Setner schien begeistert zu sein. »Sind Sie Theologe?«
    Faruk verneinte schmunzelnd. »Nein, das bin ich nicht. Aber ich bin mit den Geschichten des Propheten aufgewachsen. Und wir alle wollen doch wissen, was nach diesem Leben kommt.«
    Setner sah ihn mit ihren grünen Augen lange an, ehe sie erwiderte: »Vielleicht wusste er, was nach dem Leben kommt.«
    Faruk wartete. Setner aber ließ sich nicht locken.
    Regina war das alles zu ungenau. »Gibt es verschollene Werke von Bosch?«, fragte sie bemüht beiläufig.
    Setner streckte ihren knochigen Rücken durch. Sie wirkte, selbst wenn sie sich wie jetzt reckte, immer noch klein und zerbrechlich, aber ihre Augen funkelten. »Es gibt die andere Seite, zumindest das Gerücht darüber«, murmelte sie.
    Darauf hatten die beiden gewartet. Wusste auch Setner von dem verschollenen Bild? »Angeblich soll es ein Gemälde Boschs geben, das aus der berühmten Figdor’schen Sammlung stammt.«
    Regina musste angesichts des Namens lachen. »Aus welcher Sammlung bitte?«
    Setner hüstelte verächtlich. »Albert Figdor war ein Wiener Bankier um die Jahrhundertwende. Seine Sammlung war bedeutend. Er sammelte niederländische Kunst. Nach seinem Tod wurde die Sammlung versteigert, gelangte unter anderem nach Deutschland, und einige Werke wurden bei Bombenangriffen der Alliierten im Zweiten Weltkrieg zerstört. Das berühmteste Werk aus der Sammlung ist die Figdor’sche Kreuzabnahme. Aber Figdor besaß auch ein Werk von Bosch, so sagt man. Er soll es versteckt haben.«
    Regina verstand immer noch nicht. »Na und?«
    Setner lächelte maliziös. »Es zeigt die andere Seite des Tunnels.«Sie wies auf die Folien. »Ein Bild von der Welt nach der Ewigkeit, so klar und erhaben, dass derjenige, der es betrachtet, danach unbeschwert und glücklich den Tod erwartet, weil er weiß, was er tun muss, um dorthin zu gelangen. Wenn Sie so wollen, ist es eine Handlungsanweisung zum ewigen Glück. Aber ich habe es noch nie gesehen, und nur sehr dürftige Quellen berichten davon. Ich glaube, dass es ein Hirngespinst ist. Aber wenn es wahr wäre, hätte der Besitzer einen unglaublichen Schatz in seinen Händen.«
    Regina rührte in ihrem Kaffee. Sie glaubte ihr kein Wort. »Was sehen die Bosch-Jünger wirklich in diesen Bildern? Eine Art Anleitung?«
    Setner ließ sich mit ihrer

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