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Die linke Hand Gottes

Die linke Hand Gottes

Titel: Die linke Hand Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Hoffman
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seufzte sie. »Mein Gatte hasst mich und tut alles, damit ich meine Tochter nicht mehr sehe. Wie findest du das?«
    Riba machte vor Erstaunen große Augen. »Oh, ich finde das sehr traurig, Madam.«
    »Das ist es in der Tat. Er unterbindet jeden Verkehr mit ihr und nimmt sie gegen mich ein. Ich kann mich dagegen nicht wehren, denn wenn sie Partei gegen den Marschall ergriffe, würde sie ihre Zukunft aufs Spiel setzen. Das kann ich nicht wollen. Deshalb, Riba, muss ich es ertragen. Ich muss hinnehmen, dass meine eigene Tochter, die ich so sehr liebe, von mir glaubt, ich sei kalt und kümmere mich nicht um sie. Wie findest du das?«
    »Ich...«, Riba zögerte. »Ich glaube, das muss schrecklich für Euch sein.«
    »Das ist es wahrhaftig. Aber du kannst mir helfen.«
    Ribas Augen weiteten sich noch mehr, aber sie wusste nicht, was sie antworten sollte.
    »Es heißt, du seist eine ausgezeichnete Gesellschafterin und obendrein eine Kammerdienerin mit begnadeten Händen.«
    »Vielen Dank, Madam.«
    »Alle reden davon, wie du dank deiner Fähigkeiten diese undankbare Mademoiselle Jane verwandelt hast. Sie war keine große Schönheit, um die Wahrheit zu sagen, aber unter deinen Händen ist sie fast zu einer Schönheit geworden.«
    »Danke, Madam.«
    Für eine Weile herrschte Schweigen.
    »Was ich von dir verlange, wird dir eine hohe Stellung verschaffen. Du sollst die Kammerdienerin meiner Tochter werden.«
    »Oh«, sagte Riba.
    Die Ehrenwerte Edith Materazzi lächelte. »Nicht wahr, das ist doch großartig.«
    »Ja, Madam.«
    »Ich weiß, dass du diese Aufgabe glänzend bewältigen wirst. Ich verlange nur zweierlei von dir. Eines wird dir schwerfallen, denn ich halte dich für ein gutes und ehrliches Mädchen.« Sie sah Riba forschend an. Riba wartete schon auf den Haken, der in diesem Angebot steckte. »Ich bitte dich, meiner Tochter nicht zu verraten, dass du durch meine Vermittlung zu ihr kommst.« Sie drückte Ribas Hand fest, als müsse sie einen nur zu verständlichen Protest beschwichtigen. »Ich verstehe, dass dir ein solches Vorgehen unaufrichtig erscheint, aber es muss sein, weil sie dich sonst ablehnen würde. Um etwas wirklich Gutes zu tun, muss man bisweilen eine kleine Unaufrichtigkeit in Kauf nehmen. Ich verlange von dir lediglich, dass du mir von Zeit zu Zeit berichtest, wie es ihr geht, worüber sie redet und was sie bekümmert, ebendie Dinge, die eine Tochter ihrer liebenden Mutter mitteilt. Kannst du das für mich tun, Riba?«
    Aber gewiss konnte sie das, was blieb ihr anderes übrig? Sie ging dieses Abkommen mit der Ehrenwerten Edith Materazzi ein und wenn sie ihr auch nicht ganz glaubte, was tat das schon zur Sache? Riba hatte keine andere Wahl, das wussten beide.
    Seine Exzellenz Monsignore Bosco schaute von seinem Balkon auf die Soldaten, die zu seinen Füßen in Scharen die weitläufige Ordensburg füllten. Männer riefen Befehle, Maultiere schrien, Pferde wieherten und brachten ihre Reiter zum Fluchen. Der Anblick und die Geräusche des allgemeinen Aufbruchs gefielen Bosco – schließlich begann hier das ehrgeizigste Unternehmen seines Lebens. Er nahm einen weiteren Löffel seiner Leibsuppe zu sich: Hühnerfüße mit einem grünen Gemüse, das in Memphis unter dem Namen Arschwisch bekannt war. Dort schätzte man die Blätter nur für den genannten praktischen Zweck und nicht als Nahrungsmittel.
    Es klopfte.
    »Herein.«
    Es war der Suchtruppführer Stape Roy.
    »Ihr wolltet mich sprechen, Euer Gnaden.«
    »Ja. Nehmt zwanzig Männer aus Eurer Truppe und versucht, Arbell Materazzi zu töten.«
    »Aber Euer Gnaden, das ist unmöglich!«, protestierte Roy.
    »Das weiß ich wohl. Wäre es möglich, würde ich Euch nicht aussenden.«
    Roy war darüber unruhig und verwirrt, verbiss sich jedoch die Frage an Bosco, was er damit meine.
    »Ihr seid mir böse, Pater Stape Roy.«
    »Euer Wort ist mir Befehl, Euer Gnaden.«
    Bosco stand auf und bedeutete Stape, mit ihm zu einem Tisch zu gehen, wo ein Plan der Befestigungsanlagen von Memphis ausgebreitet lag.
    »Ihr wart bei der Belagerung von Voorheis dabei.«
    »Jawohl, Euer Gnaden.«
    »Wie lange dauerte es, bis die Stadt fiel?«
    »Fast drei Jahre.«
    Bosco zeigte auf den Plan von Memphis.
    »Ihr als erfahrener Soldat, sagt, wie lange wird es dauern, Memphis einzunehmen?«
    »Länger.«
    »Wie viel länger?«
    »Sehr viel länger.«
    Bosco sah ihn an.
    »Mächtig wie wir sind, könnten wir uns bei dem Versuch, Memphis einzunehmen, doch selbst ruinieren,

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