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Die linke Hand Gottes

Die linke Hand Gottes

Titel: Die linke Hand Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Hoffman
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Sache.«
    Es folgte ein langes Schweigen.
    »Wenn es denn so sein soll«, fuhr Kitty der Hase schließlich fort, »habe ich keine Einwände gegen einen Krieg. Ich habe von Kriegen immer profitiert. Ihr wärt erstaunt, Pater, wie viel Geld man auch in den kleinsten Kriegen durch die Lieferung halb verdorbener Esswaren und zerbeulter Töpfe und Pfannen verdienen kann. Ich verlange eine schriftliche Garantie, dass mir im Falle des Sieges Eurer Seite kein Schaden an meinem Eigentum entsteht. Ferner brauche ich freies Geleit zu jedem Ort meiner Wahl.«
    »Das sei Euch gewährt.«
    Ein jeder traute dem anderen nicht über den Weg. Kitty der Hase freute sich bestimmt darauf, an einem Krieg Geld zu verdienen, doch seine Pläne reichten sehr viel weiter.
    »Es braucht etwas Zeit«, seufzte Kitty der Hase und sandte einen weiteren aasigen Hauch über Pater Roys Gesicht. »Aber in drei Wochen habe ich die Pläne fertig.«
    »Das ist zu lang.«
    »Mag sein, aber so lange dauert es nun einmal. Lebt wohl.«
    Und damit wurde Stape Roy aus Kittys Privatgemächern, von dort in den Hof und schließlich hinaus in die Stadt geführt. Draußen hatte sich ein Menschenauflauf vor einem Galgen gebildet, wo zwei junge Männer, keiner älter als sechzehn, gehenkt worden waren. Beide trugen Schilder mit der Aufschrift: VERGEWALTIGER.
    »Was ist denn ein Vergewaltiger?«, fragte Pater Roy, bei dem Unschuld und blutiger Fanatismus friedlich zusammenlebten, seinen Begleitschutz.
    »Jeder Mann, der genießt, ohne zu zahlen«, lautete die Antwort.

    Ein nachdenklicher Cale machte sich auf den Weg zu Arbells nun systematisch abgeschirmten Gemächern. Bei allem Argwohn und Groll hatte selbst er bei ihr ein gewisses vorsichtiges Wohlwollen ihm gegenüber entdeckt. Weder warf sie ihm zornige Blicke zu noch zuckte sie zurück, sobald er sich ihr näherte. Manchmal fragte er sich sogar, ob ihre Augen ihm etwas sagen wollten – obwohl er es selbstverständlich nicht als Mitleid und Verlangen dechiffrieren konnte. Doch er verwarf solche Gedanken wieder, da sie ihm sinnlos erschienen. Aber irgendetwas schwer Fassbares ging vor. Während er in Gedanken verloren weiterging, achtete er gar nicht auf eine Gruppe von vielleicht zehn Jahre alten, finster dreinblickenden Jungen, die am Rand des Exerzierplatzes standen und sich mit Steinen bewarfen. Beim Näherkommen merkte er, dass einer aus der Gruppe viel älter war, vielleicht vierzehn, und die hochgewachsene Gestalt der Materazzi-Jugendlichen dieses Alters besaß. Das Befremdliche war nur, dass die kleineren Jungen sich nicht gegenseitig mit Steinen bewarfen, sondern den älteren zur Zielscheibe nahmen und ihn auch mit Schimpfwörtern bedachten: »Holzkopf! Schafsnase! Sabbermaul! Scheißhaufen!« Dann flogen abermals Steine. Obwohl der Junge deutlich größer war, taumelte er vor Angst und Verwirrung im Steinhagel. Als ihn ein Stein an der Stirn traf, fiel er in den Schmutz. Seine jüngeren Peiniger wollten sich schon auf ihn stürzen und ihn mit Fußtritten bearbeiten, als Cale dazwischenging, dem einen eine Ohrfeige verpasste, dem anderen ein Bein stellte und ihm einen leichten Tritt gab. Im nächsten Augenblick stob die Bande laut schimpfend in alle Richtungen davon.
    »Wenn ich euch Blagen noch einmal hier sehe«, rief ihnen Cale nach, »trete ich euch knietief in den Hintern!«
    Cale beugte sich über den am Boden liegenden Jungen.
    »Ist ja gut, die anderen sind weg«, sagte er zu dem heulenden Opfer, das zusammengerollt zu seinen Füßen lag und sich die Hand schützend vors Gesicht hielt. Keine Regung. Der Junge winselte nur vor sich hin. »Ich tu dir doch nichts, und die anderen sind weg.« Immer noch keine Regung. Leicht irritiert, berührte ihn Cale an der Schulter. Blitzartig kam Leben in den Jungen, er schlug um sich und traf Cale mit der Hand an der Stirn. Vor Schreck und Schmerz schrie Cale auf und machte rasch einen Schritt zurück. Der Junge sah ihn nur erstaunt an und schleppte sich bis zu einer Wand, wo er, verängstigt um sich blickend, nach seinen Peinigern Ausschau hielt.
    »Scheiße«, stieß Cale hervor. Der Junge hatte einen Schlagring, Cale hatte den Eindruck, als hätte ihn ein Hammer getroffen. »Was ist los mit dir, du Berserker?«, fuhr er den Jungen an. »Ich wollte dir helfen und du haust mir fast den Kopf ab.«
    Der Junge starrte ihn an, bis er schließlich den Mund aufmachte. Aber was zu hören war, waren keine Worte, sondern nur unverständliche Laute.
    Da Cale den Umgang

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