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Die linke Hand Gottes

Die linke Hand Gottes

Titel: Die linke Hand Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Hoffman
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Unschuldigen und etwas dagegen vorzubringen war unmöglich. Daraufhin ließen der Marschall und sein Kanzler Solomon Solomon holen. Dieser ließ sich weder durch Beschimpfungen aus dem Mund des Ersteren noch durch klare Drohungen seitens des Letzteren zur Aufgabe bewegen. Der Marschall schäumte.
    »Ihr macht Schluss damit oder Ihr werdet hängen«, schrie der Marschall.
    »Ich werde weder damit aufhören noch werde ich hängen«, schrie Solomon Solomon zurück. Und auch er hatte Recht. Nicht einmal der Marschall konnte ein Duell verhindern, dem das Ritual des Ohrfeigens vorausgegangen war, genauso wenig konnte er die Duellanten bestrafen. Vipond appellierte an Solomon Solomons Standesehre.
    »Was kann Euch das Töten eines vierzehnjährigen Jungen anderes einbringen als Schande? Er ist ein Niemand. Er hat weder Vater noch Mutter, geschweige denn einen Adelsnamen, der ein Duell rechtfertigt. Was ist bloß in Euch gefahren, Euch so herabzulassen?«
    Das war ein stichhaltiger Einwand, dennoch verweigerte Solomon Solomon die Antwort.
    Und dabei blieb es. Der Marschall schnauzte Solomon Solomon an, ihm aus den Augen zu gehen, und der Gescholtene gehorchte wutschnaubend.
    Cales Begegnung mit Arbell Schwanenhals verlief höchst verwirrend. Zuerst bat sie ihn, nicht zum Duell anzutreten, aber da die Folgen noch schlimmer gewesen wären, brach sie in eine wütende Tirade gegen Solomon Solomon aus und eilte danach zu ihrem Vater, um ihn zum Einschreiten zu bewegen.
    Zur tränenreichen Unterredung mit Arbell hatte Cale vorausschauend Vague Henri mitgebracht, damit er seine Darstellung des Vorfalls bestätigte. Nachdem die untröstliche Arbell gegangen war, wandte sich Cale an ihn. Der sah ihn vorwurfsvoll an.
    »Wo liegt die Schwierigkeit?«, fragte er Vague Henri.
    »Bei dir.«
    »Nämlich?«
    »Warum tust du so, als hättest du nicht gewusst, was geschehen würde, wenn du ihm das Vorrecht in der Wahl der Stücke streitig machst?«
    »›Wer zuerst kommt, mahlt zuerst<, das weiß doch jeder.«
    »Du gehst in diesen Kampf, bei dem es um Leben und Tod geht, und wofür – für ein paar Fleischstücke?«
    »Ich gehe in diesen Kampf auf Leben und Tod, weil er mich ein Dutzend Mal für nichts und wieder nichts gedemütigt hat. Das lass ich mir von niemandem mehr bieten.«
    »Solomon Solomon ist nicht Conn Materazzi. Du kannst ihn auch nicht mit einer Schar schlaftrunkener Mönche vergleichen, die nicht wussten, dass du es auf sie abgesehen hast. Das ist dumm von dir. Er kann dich töten.«
    »Kann er das?«
    »Ja.«
    »Ich hoffe, dass er deiner Meinung ist und mich für dumm hält – umso überraschter wird er sein, wenn ich kurzen Prozess mit ihm mache.«

DREISSIGSTES KAPITEL
    D ie Opera Rosso ist ein prachtvolles Amphitheater mit einem so herrlichen Blick auf die Bucht von Memphis, dass selbst Reisende, die schon viel von der Welt gesehen haben, vor Bewunderung hingerissen sind. Die Stufen seiner Sitzreihen erheben sich steil aus der eigentlichen Arena, und es soll vorgekommen sein, dass aufgebrachte Zuschauer auf den obersten Rängen den Halt verloren haben und in den Tod gestürzt sind. Doch Il Rapido, wie dieses Schwindel erregend hohe Halbrund heißt, hat den Zweck, Platz für dreißigtausend Zuschauer zu bieten und ihnen auch noch auf den oberen Rängen den Eindruck zu vermitteln, direkt am Geschehen in der Arena teilzunehmen.
    Duelle gab es in zweierlei Art: einfache Duelle und vollkommene Duelle. Erstere konnten abgebrochen werden, sobald Blut floss; Letztere hingegen endeten erst mit dem Tod eines der Duellanten. Der Widerstand des Marschalls gegen die vollkommenen Duelle hatte seinen Grund nicht so sehr im Mitleid, obgleich er mit zunehmendem Alter kein Vergnügen mehr in solch blutigen Spektakeln fand, als vielmehr in der Tatsache, dass sie Unruhe in die Gesellschaft brachten. Die Fehden, Kämpfe und Rachemorde, die ein Duell mit tödlichem Ausgang auslöste, brachten so viel Kummer und Leid über weite Kreise der Bevölkerung, dass der Marschall alles in seiner Macht Stehende unternahm, um sie zu unterbinden. Zweikämpfe auf Leben und Tod führten zu Unruhe und stachelten zur Unbotmäßigkeit gegenüber den Herrschenden auf. In neuerer Zeit kamen die Bürger von Memphis nur noch ins Amphitheater, um sich Stierkämpfe und Bärenhatzen anzuschauen. Auch Boxkämpfe und Hinrichtungen fanden hier statt. Die Gelegenheit, den Oberen – dass Cale nicht dazugehörte, wusste das Volk nicht – dabei zuzusehen, wie sie sich

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