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Die linke Hand Gottes

Die linke Hand Gottes

Titel: Die linke Hand Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Hoffman
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dort sucht Ihr mir die besten Stücke aus. Von nun an schickt Ihr mir jede Woche Fleisch von gleicher Güte. Haben wir uns verstanden?«
    »Ja!«
    »Gut.« Cale beendete den Tanz der Keule und ließ ihn aufstehen.
    »Hier entlang«, sagte der Mann mit mühsam unterdrückter Wut.
    Alle drei gingen in die Vorratskammer, wo Keulen und Seiten von Rind, Schwein und Lamm hingen sowie in einer Ecke auch Schlachtkörper von Katze, Hund und anderen Tieren, die Cale auf den ersten Blick nicht erkannte.
    »Sucht das Beste aus«, sagte Vague Henri.
    Der Fleischer schickte sich an, die besten Stücke von Hinterkeule und Lende von den Haken zu nehmen, als eine bekannte Stimme »Halt!« rief.
    Es war Solomon Solomon, der mit vier Soldaten seiner Garde auftauchte. Es mag auf den ersten Blick verwundern, dass ein hochrangiger Militär wie Solomon Solomon persönlich Fleisch für seine Männer aussuchte. Man muss sich jedoch vor Augen halten, dass Soldaten leichter Entbehrungen, Krankheiten, Verwundung und selbst den Tod in Kauf nehmen als schlechtes Essen. Solomon Solomon legte groϐen Wert darauf, das beste Essen für seine Männer selbst zu beschaffen, und er sorgte dafür, dass es alle wussten.
    »Wisst Ihr überhaupt, was Ihr da tut?«, fuhr er den Fleischer an.
    »Ich wähle Stücke für die neue Palastwache aus«, antwortete dieser und wies mit einer Kopfbewegung auf Cale und Vague Henri, über die Solomon Solomon aber geflissentlich hinwegsah. Er trat an die Fleischseiten, begutachtete sie und schaute sich dann in der Kammer um.
    »Ich will, dass die Stücke noch heute Nachmittag in die Tolland-Kaserne geliefert werden. Aber nicht dieses Zeug da in der Ecke.« Dann warf er einen Blick auf das für Cale beiseitegelegte Fleisch. »Und das hier ebenfalls.«
    »Wir waren aber vorher hier«, sagte Cale. »Das ist schon abgesprochen.«
    »Ich habe hier den Vorrang. Bestreitet Ihr das etwa?«
    Obwohl es draußen warm war, blieb es in der Fleischkammer, die tief in den Felsen gebaut war und außerdem mit großen Eisblöcken gekühlt wurde, empfindlich kalt – aber die Temperatur fiel noch tiefer mit Solomon Solomons Frage. An Cales Antwort, das spürten alle im Raum, hing das weitere Wohl und Wehe. Vague Henri sah das Unheil kommen und schlug gegenüber Solomon Solomon einen versöhnlichen Ton an.
    »Wir brauchen gar nicht alles, es sollte nur für dreißig Mann reichen.«
    Solomon Solomon schaute Vague Henri nicht an, ja er schien ihn nicht einmal gehört zu haben.
    »Ich habe hier den Vorrang«, wiederholte er Cale gegenüber. »Bestreitet Ihr das?«
    »Ja, wenn Ihr so wollt«, erwiderte Cale.
    Sehr langsam, damit Cale auch alles sah, was jetzt folgte und was offenbar einem Ritual entsprach, hob Solomon Solomon die rechte Hand und versetzte ihm einen fast sanften Schlag auf die Wange. Dann senkte er die Hand und wartete. Cale hob seinerseits ebenso langsam die Hand, führte sie zu Solomon Solomons Gesicht und versetzte ihm aus dem Handgelenk heraus einen Schlag. Der Knall platzte in die gespannte Stille, als schlüge jemand in einer Kirche ein heiliges Buch laut zu.
    Empört über Cales Schlag, stürzten sich die vier Gardesoldaten auf ihn.
    »Halt«, rief Solomon Solomon. »Hauptmann Grey wird noch heute Abend bei Euch vorsprechen.«
    »Ach ja?«, sagte Cale. »Wozu denn das?«
    »Das werdet Ihr schon sehen.«
    Und damit drehte er sich um und rauschte davon.
    »Was ist mit unserem Fleisch?«, rief Cale munter, als der andere gegangen war. Er sah den Fleischer an, der noch ganz unter dem Eindruck des tödlichen Dramas stand, das gerade in seiner Fleischkammer begonnen hatte. »Ich vermute, dass man für die Lieferung nicht mehr auf Euch zählen kann.«
    »Das ist mehr wert als mein Leben.«
    »Dann nehmen wir am besten selber etwas davon mit.« Er legte sich eine mächtige Rinderseite auf die Schulter und spazierte hinaus.

NEUNUNDZWANZIGSTES KAPITEL
    A ls wäre der Blitz in einen ausgedörrten Wald gefahren und hätte alles im Umkreis in Brand gesetzt, so pflanzte sich der Tumult, den die Begegnung in der Fleischkammer auslöste, bis in das letzte Haus in Memphis fort. Marschall Materazzi wäre bei der Nachricht beinahe in die Luft gegangen. Vipond fluchte. Beide bestellten Cale herbei und forderten ihn auf, sich nicht zum Kampf zu stellen.
    »Mir wurde aber gesagt, wenn ich mich weigere, dann darf mich jeder töten und das ohne Warnung.«
    Cale war nicht von seiner Haltung abzubringen, denn er hatte Recht. Er spielte den

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