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Die linke Hand Gottes

Die linke Hand Gottes

Titel: Die linke Hand Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Hoffman
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Zimmer.
    »Fünf von euch hier herein. Lasst die Vorhänge geschlossen und zeigt euch nicht. Achtet darauf, dass die Frauen in der Zimmerecke und weg von den Fenstern bleiben.«
    Arbell trat wieder hinaus in den Gang. »Ich will wissen, was hier vorgeht. Wenn nun mein Vater...«
    »Geh sofort wieder rein«, lautete Cales Antwort auf diese verständliche Furcht. »Tu verdammt noch mal, was man dir sagt. Und schließ die Tür ab.«
    Riba nahm die verstörte Aristokratentochter beim Arm und führte sie zurück, während fünf Soldaten, die bei Cales harschen Worten an Arbell zusammengezuckt waren, ihnen ins Zimmer folgten. Als das Türschloss knackte, nickte Cale dem Wachoffizier zu. »Ich schicke Nachricht, sobald ich mehr weiß. Und jetzt brauche ich ein Schwert.« Der Offizier wies einen seiner Soldaten an, Cale seine Waffe zu geben.
    »Wie wäre es mit einer Hose?«, fügte er sehr zur Erheiterung der Männer hinzu.
    »Wenn ich wiederkomme«, sagte Cale, »wird euch das Lachen vergehen.« Mit dieser grimmigen Erwiderung wandte er sich ab und lief los. Er schnappte sich seine Kleider in seinem Zimmer, und in weniger als dreißig Sekunden war er zwei Treppen hinunter und draußen im Hof des Palastes. Vague Henri und Kleist hatten schon Wachen entlang der Mauer postiert und schickten sich an, mit Bogen und Armbrust bewaffnet, ebenfalls ihre Posten einzunehmen.
    »Und?«, fragte Kleist.
    »Nichts Genaues«, sagte Henri. »Ein Angriff irgendwo hinter der fünften Mauer – angeblich Männer in Kutten. Könnte aber auch falsch sein.«
    »Wie um alles in der Welt konnten Erlöser so nahe herangekommen sein?«
    Die Erklärung war einfach. Memphis war eine Handelsmetropole, die seit Jahrzehnten nicht angegriffen worden war und die wahrscheinlich auch in Zukunft nichts zu befürchten hatte. Die ganze Vielfalt der Waren, die tagtäglich in der Stadt angeboten und verkauft wurden, mussten ohne Hemmnisse durch sechs innere Wehrmauern hereingebracht werden, deren letzte vor fünfzig Jahren errichtet worden war. Im Fall einer Belagerung sollten sie den genau gegenteiligen Zweck erfüllen. In Friedenszeiten waren diese Mauern ein ärgerliches Hindernis und deshalb hatte man sie nach und nach mit so vielen Ein- und Ausgängen sowie mit Kanälen für Abwasser, Jauche und Abfällen versehen, dass sie ihre Funktion als Barriere kaum noch erfüllten. Der Aufseher über die Kanalisationsanlagen hatte sich von Kitty dem Hasen bestechen lassen – solche Vergehen wurden von den Materazzi fast genauso streng bestraft wie von den Erlösern – und fünfzig Kriegermönche bis hinter die fünfte Mauer geführt. Einen Bezug zu Kitty dem Hasen durfte es nicht geben. Als der Angriff auf den Palast begann, lag der Aufseher schon mit durchtrennter Kehle in einem Abfallgraben. Boscos Versuch, auf Kosten einer zusammengewürfelten Truppe aus in Ungnade gefallenen Mönchen die Materazzi zu einem Angriff zu provozieren, hatte den Effekt, dass im bestbewachten Teil von Memphis ein hitziger Kampf ausbrach. Der Angriff hinter der fünften Mauer war nur zum Schein von zehn Kriegermönchen ausgeführt worden, doch die übrigen vierzig nutzten einen Tunnel unter dem Palast und drangen durch einen versteckten Einstiegsschacht bis in den Innenhof vor. Als sie in ihren Kriegerkutten wie ein Schwarm Schmeißfliegen aus dem Kanalschacht auftauchten, schickte Cale seine Gefährten Vague Henri und Kleist mit Pfeil und Bogen bewaffnet auf die Mauerzinnen. Er fragte sich gerade, welche Verwendung er noch für die zwölf Materazzi-Soldaten finden könnte, da sahen sie die vierzig anderen Kriegermönche wie ein Schwarm auf sie zusteuern.
    »Formation bilden!«, rief Cale seinen Männern zu, und da schlugen die Mönche auch schon zu. Cale gab Kleist das Signal, doch Schlag und Gegenschlag erfolgten so rasch, dass sich die Gelegenheit zum Schuss nicht bot. Dann aber versuchte ein Stoßtrupp der Mönche, die Formation der Materazzi zu überflügeln und zur Tür des Palastes zu gelangen. Sofort war das Zischen und Surren von Pfeil und Bolzen zu hören, denn nun lösten sich die Mönche aus dem Kampfverband und gaben damit Henri und Kleist Gelegenheit für Schüsse. Ein Mönch schrie auf und fasste sich an die Brust, als hätte sich eine Wespe unter der Kutte verfangen. Das machte Cale aufmerksam, er trat aus der Formation und lief zur Palasttür. Auf dem Weg dorthin trennte er mit einem Schwerthieb einem Mönch die Achillessehne durch, tat das Gleiche mit einem zweiten,

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