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Die linke Hand Gottes

Die linke Hand Gottes

Titel: Die linke Hand Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Hoffman
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die Luft aus. »Warum? Das ist dein Schicksal, dir schlägt jetzt die Stunde, an einem anderen Tag wird mir die Stunde schlagen. Was beklagst du dich, alter Mann?«
    Und damit stellte Cale sich hinter Solomon Solomon, packte ihn an den Haaren, riss ihm den Kopf hoch und tötete ihn mit einem einzigen Schwertstreich in den Nacken. Er ließ den erschlafften Körper zu Boden sinken, mit dem Gesicht nach oben und den blicklosen Augen offen. Nur ein Rinnsal Blut tropfte ihm noch aus der Nase, doch auch das hörte bald auf. Und das war das Ende für Solomon Solomon.
    In den letzten Augenblicken des Lebens seines Peinigers hatte Cale nichts anderes mehr wahrgenommen, weder den Schmerz in seiner linken Hand noch den Lärm der Menge. Sein Zorn hatte ihn für die Welt um ihn herum taub gemacht. Die Menge verhielt sich ungewöhnlich – sie jubelte nicht, nur auf manchen Rängen grölten und buhten ein paar Betrunkene, aber insgesamt herrschte ungläubiges Staunen.
    Vague Henri und Kleist saßen auf der Bank, die man ihnen angewiesen hatte, und verfolgten das Geschehen in einem Zustand des Schocks. Als Erster begriff Vague Henri, was Cale als Nächstes tun würde. » Geh doch weg«, sagte er leise zu sich selbst. Dann rief er Cale zu: »Tu’s nicht!« Er wollte zu ihm in die Arena laufen, wurde aber von einem Büttel und einem Soldaten daran gehindert. In der Mitte des Amphitheaters kippte Cale die Leiche auf den Rücken, legte sein Schwert auf den Bauch des Toten und zog ihn an den gespreizten Füßen durch den Sand bis zu der Umfriedung, hinter der die Materazzi ihre Plätze hatten.
    Er brauchte ungefähr zwanzig Sekunden, die Arme des Toten schleiften verdreht hinter ihm, der Kopf ruckte auf dem nicht ganz ebenen Boden und das Blut aus den Wunden hinterließ eine unregelmäßige rote Spur im Sand. Der Waffenmeister gab den vor der Menge postierten Soldaten ein Zeichen, enger zusammenzurücken. Die Männer und Frauen der Materazzi sowie die Jungspunde aus dem Munus-Zirkel verfolgten das Geschehen in fast vollständigem Schweigen.
    Cale, der immer noch Solomon Solomons Füße unter den Armen hielt, blieb stehen, schaute über die Zuschauermenge, als ob sie keinen Pfifferling wert wäre, und ließ plötzlich die Füße los. Mit einem dumpfen Geräusch fielen sie auf den Boden.
    Er warf die Arme in die Höhe und brüllte ihnen sein finsteres Triumphgeschrei entgegen. Der Waffenmeister bedeutete dem Büttel, Vague Henri und Kleist durchzulassen, um ihren Freund fortzuschaffen. Die beiden rannten los, doch Cale stolzierte bereits vor der Front der Soldaten auf und ab und schaute wild in die Menge, wie ein Marder, der sich einen Weg in den Hühnerstall sucht. Dann schlug er sich mit der rechten Hand dreimal auf die Brust und rief jedes Mal frohlockend: »Mea culpa! Mea culpa! Mea maxima culpa!« Die Zuschauer konnten es nicht verstehen, aber die Geste war auch so verständlich. Sie gerieten außer sich vor Zorn und warfen ihm ihren ganzen Hass entgegen. Dann hatten die beiden Jungen zu Cale aufgeschlossen und legten ihm die Arme um die Schultern.
    »Gut so, Cale«, sagte Kleist und schloss seinen Arm fester um ihn. »Warum legst du dich nicht gleich mit jedem an?«
    »Es reicht. Komm, wir gehen.«
    Die Menge weiter mit wilden Rufen herausfordernd, ließ er sich bis zur Tür des Warteraums führen, und keine dreißig Sekunden später saßen sie wieder im trüben Licht des Gewölbes und konnten es kaum fassen. Es war zehn Minuten her, dass sie weggegangen waren.

    Halb wahnsinnig vor Angst wartete Arbell Schwanenhals in ihrem Palast auf Nachricht. Sie konnte es nicht über sich bringen, ins Opera Rosso zu gehen und mit anzuschauen, wie er sein Leben ließe, denn für sie stand der Ausgang des Duells fest. Böse Ahnungen sagten ihr immer wieder, dass sie ihren Geliebten zum letzten Mal gesehen hatte. Dann hörte sie Fußscharren vor der Tür. Die Tür ging auf, Riba kam atemlos und mit großen Augen ins Zimmer gestürzt.
    »Er lebt!«
    Man kann sich die Szene vorstellen, als die beiden Liebenden in dieser Nacht endlich allein waren – das Entzücken, das sich in tausend Küssen über dem erschöpften Jungen entlud, die Liebkosungen, die Schwüre ewiger Liebe. Wenn er zu Mittag durch das dunkle Tal des Todes gegangen war, dann wurde er in dieser Nacht durch einen Blick ins Himmelreich belohnt. Aber auch die Hölle verließ ihn nicht, denn der Schmerz von seinem abgetrennten Finger war stechend und viel heftiger als von so mancher

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