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Die linke Hand Gottes

Die linke Hand Gottes

Titel: Die linke Hand Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Hoffman
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kenne mich damit aus, weil ich mir diese Taktik selber ausgedacht habe. Gebt mir eine Landkarte, dann erkläre ich sie Euch.«
    »Im Anbetracht der Aussage, die du gerade gemacht hast, halte ich es nicht für klug, dir eine Karte zu geben. Erkläre zuerst die Taktik.«
    »Wenn Ihr an meiner Hilfe interessiert seid, brauche ich eine Karte, damit ich Euch zeigen kann, was sie vorhaben und wie man sie daran hindern kann.«
    »Gib mir einen groben Umriss. Dann sehen wir weiter.«
    Cale sah, dass Vipond eher skeptisch als misstrauisch war. Er glaubte ihm nicht.
    »Vor acht Monaten nahm mich Monsignore Bosco in die Bibliothek zum Strick des Gehenkten Erlösers mit – etwas Unerhörtes für einen Akoluthen – und erlaubte mir den freien Zugang zu allen Werken der Militärgeschichte des Erlöserordens der vergangenen fünfhundert Jahre. Dann gab er mir alles, was er persönlich über das Reich der Materazzi gesammelt hatte. Auch das war sehr umfangreich. Dann forderte er mich auf, einen Angriffsplan auszuarbeiten.«
    »Warum gerade dich?«
    »Zehn Jahre lang hatte er mich in der Kunst der Kriegsführung unterrichtet. Für diese Materie gibt es eigens eine Ordensschule. Von uns Zöglingen lernen zweihundert dort – man nennt uns die Arbeiter. Ich bin der Beste.«
    »Wie bescheiden von dir.«
    »Ich bin der Beste. Mit Bescheidenheit hat das gar nichts zu tun.«
    »Sprich weiter.«
    »Nach ein paar Wochen Studium kam ich zu dem Ergebnis, dass ein Überraschungsangriff nicht infrage kam. Ich mag Überraschungen – im taktischen Sinn, meine ich -, aber nicht in diesem Fall.«
    »Das verstehe ich nicht. Das ist doch ein Überraschungsangriff.«
    »Nein. Seit hundert Jahren kämpfen die Erlöser nun schon gegen die Antagonisten – die meiste Zeit über war es Grabenkampf und nun ist es ein Patt. Der Verlauf der Front hat sich seit zwölf Jahren kaum verändert. Um die Pattsituation zu überwinden, müsste man etwas Neues versuchen, aber die Mönche lieben das Neue nicht. Bei ihnen gibt es sogar ein Gesetz, wonach ein Mönch einen Zögling sofort töten kann, wenn dieser etwas Unerwartetes tut. Bosco ist die Ausnahme. Er ist ein denkender Kopf und er denkt unausgesetzt. Er hat erkannt, dass ich nicht wie die anderen bin und dass er dies für seine Zwecke nutzen könnte.«
    »Wie kann denn ein Angriff auf uns das Patt mit den Antagonisten brechen?«
    »Das habe ich auch nicht verstanden. Ich habe ihn gefragt.«
    »Und?«
    »Keine Antwort. Stattdessen hat er mich geschlagen. Also habe ich an dem Plan weitergearbeitet, wie er es mir aufgetragen hatte. Der Grund, weshalb ich nichts von einem Überraschungsangriff auf die Materazzi hielt, war einfach der, dass die Materazzi nicht wie die anderen kämpfen – weder wie die Erlöser noch wie die Antagonisten. Die Mönche verfügen über keine nennenswerte Reiterei und sie haben auch keine Rüstungen. Für sie spielen Bogenschützen eine tragende Rolle. Ihr dagegen setzt sie kaum ein. Unsere Belagerungsmaschinen waren schwer und ungeschlacht, jede wurde am Ort der Belagerung selbst gebaut. Ihr habt an die vierhundert Städte mit fünfmal mächtigeren Mauern als alles, was sonst an Befestigungen bekannt ist.«
    »Zwei von den in York eingesetzten Belagerungsmaschinen gingen zu Bruch, aber sie haben alle vier verbrannt. Warum?«
    »Schon am ersten Tag sind die Mauern durchbrochen worden, habt Ihr das nicht gesagt?«
    »Ja.«
    »Die Mönche haben eine neue Waffe weit von der Heimat gegen einen neuen Feind in einem echten Kampf erprobt. Selbst wenn zwei versagt haben, haben zwei die Erwartungen erfüllt.«
    »Aber zwei eben nicht.«
    »Dann werden sie sie verbessern – das ist der Sinn des Ganzen.«
    »Was heißt das?« »Es hat keinen Sinn, den Feind auf seinem Territorium zu überraschen, wenn man nicht die Gewissheit hat, ihn schnell zu vernichten. Bosco hat mich immer geschlagen, weil er der Meinung war, ich ginge unnötige Risiken ein. Aber nicht in diesem Fall. Ich wusste, dass die Erlöser noch nicht stark genug waren, dass wir« – er verbesserte sich selber – »dass sie zuerst einen kurzen Feldzug führen mussten, um so viel wie möglich über die Kriegsführung der Materazzi, über ihre Waffen und ihre Rüstungen zu erfahren. Danach hieß es sich zurückziehen. Zeigt mir eine Karte.«
    »Warum sollte ich dir vertrauen?«
    »Ich bin hiergeblieben, und ich erkläre Euch genau, was geschehen ist. Wir hätten auch einfach türmen können.«
    »Angenommen, was du mir hier

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