Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die linke Hand Gottes

Die linke Hand Gottes

Titel: Die linke Hand Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Hoffman
Vom Netzwerk:
einmal ab, hinreichend schnell und wendig sein konnte. Doch der Anblick der exerzierenden Materazzi belehrte ihn eines Besseren. Er staunte, wie rasch und leichtfüßig sie waren, ohne dass die Rüstung sie in ihren Bewegungen gehindert hätte. Genauso leicht schwangen sie sich auf den Rücken ihrer Streitrösser. Conn Materazzi kletterte sogar eine Leiter auf der Rückseite hinauf und machte oben angekommen eine Rolle, bereit zum Entern des Turmes, den es zu erobern galt. Die Hiebe, die sie sich gegenseitig zufügten, hätten einen Gegner ohne Rüstung entzweigehauen, doch ihnen machten auch gefährliche Schläge offenbar nichts aus. Gewiss, die Rüstung hatte ein paar Schwachstellen, zum Beispiel die Innenseite der Oberschenkel, aber dort einen Hieb zu landen, wäre unverhältnismäßig riskant gewesen. All das musste genau erwogen werden.
    »Buh! Hab dich!«, rief Kleist, als er mit Vague Henri und IdrisPukke hinter einem Baum auftauchte.
    »Ich habe euch schon vor fünf Minuten kommen hören. Die dicken Matronen in der Eisdiele in Memphis machen weniger Lärm als ihr.«
    »Vipond will dich sprechen.« Erst jetzt schaute Cale auf.
    »Hat er gesagt, weshalb?«
    »Eine Flotte der Erlöser hat unter dem Kommando dieses Saftsacks Coates eine Hafenstadt namens Port Collard angegriffen. Sie haben den Hafen in Brand geschossen und sind wieder davongesegelt. Ein Soldat hat mir gesagt, die Einheimischen nennen ihre Stadt Klein-Memphis.«
    Cale schloss die Augen, als hätte er eine schlimme Nachricht gehört. Und so war es auch. Nach seinem Kommentar der Ereignisse schwiegen alle für eine Weile.
    »Wir sollten endlich verschwinden«, befand Kleist. »Am besten noch heute Nacht.«
    »Ich finde, er hat Recht.«
    »Ich auch, aber ich kann leider nicht weg.«
    Kleist knurrte.
    »Menschenskind, Cale, was glaubt du, wie das mit dir und deiner Prinzessin enden wird?«
    »Warum machst du nicht einen langen Spaziergang unten am Hafen?«
    »Ich meine, du solltest es Vipond sagen«, riet IdrisPukke.
    »Wir sind hier fertig. Warum seht ihr das nicht?«
    »Wenn einer von uns Vipond einen Wink gibt, dann enden wir alle drei als Fischfutter auf dem Grund der Bucht von Memphis.«
    »Da hat er Recht«, sagte Vague Henri. »Wir sind hier so beliebt wie die Beulenpest.«
    »Und wir wissen auch, wem wir das zu verdanken haben«, führte Kleist weiter aus und schaute dabei Cale an. »Nämlich dir, falls du darüber im Zweifel bist.«
    »Ich sage es morgen Vipond. Ihr beide geht heute Nacht«, schlug Cale vor.
    »Ich gehe nicht«, protestierte Vague Henri.
    »Doch«, sagte Cale.
    »Auf gar keinen Fall«, beharrte Vague Henri.
    »Doch, du gehst«, mischte sich Kleist ein.
    »Nimm ruhig meinen Anteil des Geldes und geh«, sagte Vague Henri.
    »Ich will deinen Anteil nicht.«
    »Dann eben nicht. Nichts hindert dich, aus eigenem Antrieb zu gehen.«
    »Das ist mir schon klar, aber ich will ja gar nicht.«
    »Und warum?«, fragte Vague Henri.
    »Weil ich Angst im Dunkeln habe«, sagte Kleist. Und er zog sein Schwert und hieb auf den nächsten Baum ein. »Da! Und da! Und da!«
    Auf diesen Umwegen einigten sich alle drei zu bleiben. IdrisPukke und Cale sollten gemeinsam zu Vipond gehen.
    Diesmal brauchte Cale nicht vor Viponds Amtszimmer zu warten, sondern wurde sofort vorgelassen. In den ersten zehn Minuten gab Vipond einen Bericht über die drei Angriffe des Gegners und das Massaker in Mount Nugent. Er reichte Cale den Handschuh, der auf der Hinrichtungsstätte mitten im Dorf liegen geblieben war.
    »Drin ist ein Namensschildchen. Kennst du diesen Mann?«
    »Brzica? Das war der Henker für Schnellhinrichtungen in der Ordensburg. Er musste alle erledigen, die nicht für die Glaubensakte vorgesehen waren. >Öffentliche Hinrichtungen zur Erbauung der Gläubigen.‹« Aus dem Ton, in dem er das sagte, ging hervor, dass es sich um etwas auswendig Gelerntes handelte. »Die wurden von höheren Erlösern ausgeführt. Ich habe ihn nie einen solchen Handschuh tragen sehen, aber Brzica war berüchtigt für die Schnelligkeit, mit der er damit töten konnte.«
    »Ich sehe es als meine persönliche Pflicht an«, sagte Vipond leise, »diesen Mann aufzuspüren.« Er setzte sich und holte tief Luft. »Diese Angriffe scheinen alle keinen ersichtlichen Sinn zu haben. Kannst du mir Hinweise geben, welche Strategie die Erlöser hier verfolgen?«
    »Ja.«
    Vipond lehnte sich in seinem Stuhl zurück und schaute Cale fragend an. Der Ton des Jungen machte ihn stutzig.
    »Ich

Weitere Kostenlose Bücher