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Die linke Hand Gottes

Die linke Hand Gottes

Titel: Die linke Hand Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Hoffman
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erklärst, ist alles nur scheinbar wahr, und in Wirklichkeit bist du ein Geschöpf Boscos und führst seine Taktik aus und das von Anfang an.«
    Cale lachte.
    »Das ist eine glänzende Idee. Ich probiere sie später einmal aus. Zeigt mir eine Karte.«
    »Von dem Kartenmaterial verlässt nichts dieses Zimmer«, sagte Vipond nach einer kurzen Pause.
    »Wer außer Euch würde mir zuhören?«
    »Sehr richtig – aber damit eines klar ist: Wenn sich doch herausstellen sollte, dass du mit denen unter einer Decke steckst, bekommst du die Schlinge als Dank.« Vipond ging an ein Regal an der Wand gegenüber und nahm eine Pergamentrolle heraus. Als er zurück an seinen Schreibtisch kam, sah er Cale eindringlich an, so als könnte das Eindruck auf jemanden machen, der sein Leben lang seine wahren Gedanken verborgen hatte. Dann sammelte er sich und breitete die Karte auf dem Tisch aus. Dazu versah er die Ecken mit Papierbeschwerern aus venezianischem Glas und einem Exemplar seines Lieblingsbuches, des Traurigen Prinzen. Cale studierte die Karte mit einer Konzentration, wie er sie sonst bei keiner anderen Tätigkeit gezeigt hatte. Eine halbe Stunde lang stellte er Vipond präzise Fragen nach dem Terrain der vier Angriffe und nach Anzahl und Aufstellung der Truppen, worauf der Kanzler die gewünschten Antworten gab. Dann fragte er nicht mehr, sondern versenkte sich für weitere zehn Minuten schweigend in die Karte.
    Schließlich bat er um ein Glas Wasser. Das Wasser wurde ihm gebracht, und er trank es in einem Zug aus.
    »Und?«
    »Die Materazzi haben durch Mauern geschützte Städte. Ich wusste, dass ohne sehr viel leichtere Belagerungsmaschinen, die sich mühelos von Stadt zu Stadt transportieren lassen, keine Aussicht auf Erfolg bestand. Wir hätten genauso gut auch Trompeten blasen können, in der Hoffnung, damit die Mauern zum Einsturz zu bringen. Ich sagte Bosco, die Päpstlichen Pioniere müssten unbedingt leichtere Maschinen bauen, die man rasch aufstellen und abbauen kann.«
    »Und du hast diese Maschinen selber entworfen?«
    »Ich? Nein, davon verstehe ich nichts. Ich wusste nur, was gebraucht wurde.«
    »Aber er sagte nicht, dass er einverstanden sei und deinen Plan auch in die Tat umsetzen werde.«
    »Nein, das nicht. Als ich von den Angriffen hörte, dachte ich zuerst, dass ich« – er machte mehrmals mit der Hand eine kreisende Bewegung über dem Kopf – »verrückt würde.«
    »Aber das bist du nicht.«
    »Ich? Ich bin ganz klar im Kopf. Also, sie haben bei York alles erprobt, was zu erproben war, und deshalb sind sie wieder abgezogen, nicht ohne drei Materazzi mitzunehmen – wegen der Rüstung, nicht wegen der Männer. Mittlerweile werden sie auf halbem Weg zur Ordensburg sein, wo schon die Pioniere darauf warten, die Ergebnisse auszuwerten.«
    »Ihr seid bei Fort Invincible geschlagen worden.«
    »Nicht ich, die Mönche.«
    »Manchmal sagst du >wir<, wenn du von ihnen sprichst.«
    »Aus alter Gewohnheit.«
    »Gut, also dann ist dein Plan bei Fort Invincible schiefgegangen.«
    »Eigentlich nicht – es war nur Pech. Die Materazzi hatten nicht die Absicht, sie von hinten anzugreifen, das geschah nur, weil sie zum falschen Zeitpunkt – ich meine falsch für die Erlöser – vom Manöver heimkehrten. >Willst du Gott zum Lachen bringen, dann erzähl ihm von deinen Plänen ☇ – sagen das nicht die Geldverleiher in Memphis?«
    »Um Eintritt ins Ghetto zu erhalten, muss man eine Parole kennen.«
    »Das hat mir niemand gesagt.«
    »Du bist so scharfsinnig, dass du dich noch selber schneiden wirst.«
    »Noch lebe ich, wenn Ihr das meint.«
    »Ich behaupte weiterhin, dass bei Fort Invincible alles schiefgegangen ist.«
    »Durchaus nicht.«
    »Wie das?«
    »Wie viele Mönche sind auf dem Schlachtfeld geblieben?«
    »Ungefähr zweieinhalbtausend.«
    »Sie sind zweimal gegen Eure Kavallerie angetreten, der Rest hat sich retten können. Sie wollten sehen, mit was für einem Gegner sie es zu tun haben, sie waren nicht auf einen Sieg in der Schlacht aus.«
    »Und Port Collard.«
    »Ihr nennt es Klein-Memphis. Warum?«
    »Weil es in einem natürlichen Hafen ähnlich wie die Bucht von Memphis angelegt wurde. Die Stadt hat denselben Grundriss – die Leute aus der Provinz kopieren gern...« Er sprach den Satz nicht zu Ende. »Ich hätte selbst darauf kommen können.« Er seufzte und räusperte sich. »Pardon. Was steht uns als Nächstes bevor?«
    Cale zuckte die Achseln.
    »Ich weiß, was der Plan vorsieht, aber das heißt

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