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Die linke Hand Gottes

Die linke Hand Gottes

Titel: Die linke Hand Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Hoffman
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nicht, dass sie das auch als Nächstes tun.«
    »Warum sollten sie nicht? Bis jetzt war doch alles halbwegs erfolgreich.«
    »Mehr als das – es war erfolgreich. Sie haben alles erreicht, was ich geplant habe.«
    Eine peinliche Stille trat ein. Überraschenderweise brach Cale als Erster das Schweigen. »Verzeihung. Hochmut ist meine größte Sünde, sagt Bosco.«
    »Und liegt er falsch?«
    »Eher richtig.«
    »Kennst du diesen Princeps?«
    »Ich bin ihm einmal begegnet. Er war damals Militärgouverneur an der Nordküste. Dort oben gibt es keinen Grabenkrieg, weil es sehr gebirgig ist. Deshalb befehligt er den jetzigen Feldzug, denn er versteht sich am besten auf den Kampf mit einer beweglichen Truppe. Außerdem versteht er sich prächtig mit Bosco, während er überall sonst nicht beliebt ist.«
    »Weißt du auch, warum?«
    »Nein. Aber ich habe alle seine Feldzugsberichte gelesen. Er ist ein Schlachtenlenker, der seinen eigenen Kopf hat. So etwas macht die Behörde für Intoleranz nervös. Wie ich gehört habe, protegiert ihn Bosco.«
    »Warum braucht Princeps dann einen wie dich, der ihm sagt, was er tun soll?«
    »Das müsst Ihr Bosco fragen.« Cale zeigte auf die Karte.
    »Wo befinden sie sich jetzt?«
    Vipond deutete auf einen Punkt ungefähr hundert Meilen vom nördlichsten Ende der Scablands entfernt.
    »Es sieht so aus, als wollten sie quer durch die Scablands zurück in die Ordensburg.«
    »So scheint es. Aber das Risiko ist zu groß, mit einer Armee, auch wenn sie klein ist, im Sommer die Scablands zu durchqueren.«
    »Gehört das dann also nicht zu deinem großen Plan?«
    »Das gehört sehr wohl zu meinem Plan, weil es genauso aussehen soll, als ob sie durch den Wald von Hessel Richtung Scablands ziehen wollten. Die Materazzi werden dann versuchen, vor ihnen dort zu sein und ihnen auflauern. Sobald die Erlöser aber im Wald sind, wenden sie sich nach Westen und überqueren den Fluss an der Brücke von Stamford. Dann ziehen sie weiter Richtung Port Erroll an der Westküste. Die Flotte, die Klein-Memphis in Brand geschossen hat, wird sie im Hafen erwarten. Falls das nicht gelingen sollte, könnten sie, da die Küste, wie ich gelesen habe, dort flach ist, auch Ruderboote einsetzen.« Er zeigte auf einen Pass auf der Karte. »Selbst wenn sich die Flotte durch ungünstiges Wetter verspäten sollte, könnten einige hundert Mann, sind sie erst einmal durch die Baring-Enge, ohne Weiteres eine große Armee mehrere Tage lang aufhalten.«
    Vipond schaute Cale so lange wortlos an, dass dieser erst unruhig und dann ärgerlich wurde. Er wollte schon etwas sagen, als Vipond ihm schließlich eine Frage stellte.
    »Erwartest du wirklich, dass ich dir das abnehme? Man fordert einen Jungen deines Alters auf, einen Angriffsplan auszuarbeiten, und setzt diesen Plan dann bis in alle Einzelheiten um? Ich hätte dir etwas mehr gesunden Menschenverstand zugetraut.«
    Zuerst wurde Cale nur blass, seine Miene versteinerte, sodass Vipond schon bedauerte, ihm gegenüber so offen gewesen zu sein, denn er erinnerte sich an das Ergötzen, mit dem Cale Solomon Solomon hingerichtet hatte. Dieser Junge ist nicht normal, dachte er. Doch dann lachte Cale amüsiert auf. »Habt Ihr schon einmal die Geldverleiher im Ghetto Schach spielen sehen?«
    »Ja.«
    »Viele alte Männer spielen da, aber auch Kinder, die viel jünger sind als ich. Darunter ist ein Junge, der immer gewinnt, nicht einmal der alte Rabbiter mit seinen Schläfenlöckchen und seinem langen Bart und dem komischen Hut kann ihn schlagen. Der Rabbiter sagt...«
    »Der Rabbiner, meinst du.«
    »Oh, ich war mir nicht ganz sicher. Also der Rabbiner sagt, dass Schach eine Gabe Gottes sei, die uns helfen soll, die göttliche Vorsehung besser zu verstehen, und dass dieser Junge, der kaum lesen kann, ein Zeichen für uns ist, an die Ordnung hinter allen Dingen zu glauben. Ich habe zwei Talente: Ich kann Menschen mit einer Leichtigkeit töten, wie Ihr einen Teller zerbrechen könnt. Das ist das eine, und das andere: Wenn man mir eine Karte vorlegt oder einen beliebigen Ort zeigt, dann sehe ich, wie man ihn angreifen oder verteidigen kann. Das fällt mir so leicht wie dem Jungen im Ghetto das Schachspielen. Allerdings glaube ich nicht, dass es sich um eine Gabe Gottes handelt. Wenn Ihr mir nicht glaubt, dann ist das Euer Pech.«
    »Und wie würdest du sie aufhalten?«, fragte Vipond. Und nach einer Pause: »Wenn du darum gebeten würdest?«
    »Vor allen Dingen darf man sie nicht die

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