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Die Liste der vergessenen Wünsche: Roman (German Edition)

Die Liste der vergessenen Wünsche: Roman (German Edition)

Titel: Die Liste der vergessenen Wünsche: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Gold
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Antwort wartend, klopfte Leo erneut gegen die Leiter. Mit der anderen Hand hielt er sich an der dicken, knorrigen Rinde des Baumes fest.
    »Erlaubnis erteilt«, antwortete Clara, die im Schneidersitz auf dem Holzboden vor einem Fenster saß, an dem blau-weiß karierte Vorhänge hingen, die Libby einst genäht hatte. Ihre Augen waren geschwollen und rot, und sie war sich ziemlich sicher, dass sie sich einen Splitter eingezogen hatte, in der Backe, die nicht Teil ihres Gesichts war.
    »Ich hatte so ein Gefühl, dass ich dich hier finden würde«, sagte Leo, als er den Kopf in das Baumhaus steckte. Er wuchtete seinen Körper ins Innere des leeren quadratischen Raums, in dem es nach altem, modrigem Wald roch.
    »Woher wusstest du das?«, schniefte Clara.
    Er zuckte mit den Schultern. »Brüderlicher Instinkt. Na ja, und hier hast du dich auch als Kind immer versteckt.«
    In der Tat, die Ahornburg war lange ihr Ort des Trostes gewesen, ein besonderer Platz hoch oben in den Ästen, wo sie allem Kummer, den die böse Welt bereithielt, entkommen und einfach nur träumen konnte.
    Leo sah sich gebückt stehend um. »Ist das Häuschen geschrumpft?«
    Clara nickte. »Ich denke, ja.«
    Die braunen Holzbohlen knarrten, als er sich mit einem unterdrückten Ächzen neben Clara auf den Boden setzte.
    Eine Träne kullerte ihre Wange hinunter, während sie erschöpft vor sich hin starrte.
    Leo tätschelte ihr freundlich das Knie.
    »Es tut mir leid wegen vorhin«, sagte Clara mit erstickter, schuldbewusster Stimme, als sie sich ihrem Bruder zuwandte. Sie konnte keine Sekunde länger mit ihm im Clinch liegen. »Das war total daneben von mir. Bitte verzeih mir.« Ihre Unterlippe zitterte.
    Sie streckte beide Arme aus, als sehne sie sich dringend nach einer Umarmung, und Leo nahm sie auch sofort in den Arm.
    »Schon okay«, sagte er leise. »Bitte nicht weinen.«
    »Ich hab all diese schrecklichen Dinge, die ich gesagt habe, nicht so gemeint.« Clara umarmte ihn noch fester. »Das war alles nicht wahr. Nicht wahr …«
    Nach einer Weile rückte Leo ein wenig von ihr ab. »Da bin ich mir nicht so sicher. Ich habe über das nachgedacht, was du gesagt hast, und du hattest damit vielleicht gar nicht so unrecht.«
    »Aber wie ich dich angegangen bin, das war fies«, sagte Clara beharrlich, nicht gewillt, sich selbst so einfach davonkommen zu lassen. »Du hattest recht damit, dass ich meine Probleme mit Lincoln an den Leuten auslasse, die ich liebe. Ich hab mich wie ein echtes Scheusal aufgeführt, und es tut mir sehr leid. Großes Geschwisterehrenwort«, sie zitterte und wischte sich mit den Handrücken über die Augen.
    »Es ist alles gut«, sagte er besänftigend. Er langte in die Tasche seines Kapuzenpullis. »Wie wäre es mit einem Mini Milk?« Er holte zwei bunt eingepackte kleine Eis am Stiel heraus und hielt Clara eines hin.
    Sie nickte. »Ja bitte.«
    Clara und Leo saßen nebeneinander in ihrem alten Baumhaus und aßen Eis.
    »Ach, das hätte ich fast vergessen.« Clara holte etwas hinter ihrem Rücken hervor. »Hier ist deine Blockflöte.« Sie reichte sie Leo. »Es tut mir leid, dass ich sie eingegraben habe und dass ich zugesehen habe, wie du dafür bestraft wurdest, sie verloren zu haben«, zitierte sie von ihrer Zeitkapsel-Liste.
    »Kein Problem.« Er grinste. »Entschuldigung angenommen.«
    Mit ihrem Schoko-Mini-Milk in der Hand atmete Clara erleichtert tief durch und ließ den Kopf hängen, während sie langsam ausatmete. »Harte Woche …«
    »Das kann man wohl sagen«, stimmte ihr ihr Bruder zu. »Wird schon werden …« Leo legte den Arm fest um ihre Schulter, ohne noch mehr Worte zu verlieren.
    Es waren nicht mehr Worte nötig.
Leos Blockflöte im Garten ausgraben & mich dafür entschuldigen, dass ich sie eingegraben habe (& dafür, dass ich zugesehen habe, wie er dafür bestraft wurde, sie verloren zu haben)

34
    Eine Woche ohne ein Wort von Lincoln zeigte Clara, dass er es ernst gemeint hatte, als er sagte, dass er ihre Zurückweisung persönlich nehme und »niemanden gebrauchen könne, der ganz offensichtlich nicht bereit sei, die Vergangenheit loszulassen und sich auf ihn einzulassen«. Rückblickend realisierte Clara, dass dies Lincolns Art gewesen war, ihr Lebwohl zu sagen. Ein schönes Leben noch. Adios. Game over. Sie wusste nicht, welche Reaktion genau sie von ihm erwartet hatte, als sie aus heiterem Himmel darauf bestanden hatte, Abstand zu brauchen, und zwar mit sofortiger Wirkung. In dem Moment war sie nicht in

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