Die Liste
erzeugen, dass die Politiker sich nicht mehr taub stellen konnten. Nach kurzer Zeit führten der Gouverneur, der Generalstaatsanwalt und Senator Morton die Parade derer an, die verlangten, Danny wieder nach Parchman zu schicken.
Zwei Wochen, nachdem der Artikel erschienen war, wurde er in das Staatsgefängnis von Parchman
»zurückverlegt«.
Am nächsten Tag bekam ich zwei Telefonanrufe, einen im Büro, einen zu Hause, als ich schon geschlafen hatte.
Es war jedes Mal eine andere Stimme, aber immer die gleiche Nachricht: »Du bist ein toter Mann.«
Ich verständigte das FBI in Oxford, das zwei Beamte nach Clanton schickte. Diese Information spielte ich einem Reporter in Memphis zu, und bald wusste die ganze Stadt, dass ich bedroht worden war und das FBI deshalb Ermittlungen anstellte. Einen Monat lang postierte Sheriff McNatt rund um die Uhr einen Streifenwagen vor der Redaktion. Nachts stand ein zweiter Wagen in meiner Auffahrt.
Und nach sieben Jahren Pause trug ich wieder eine Waffe.
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orerst wurde kein Blut vergossen. Ich vergaß die V Drohungen nicht, aber mit der Zeit verloren sie ihren Schrecken. Die Waffe hatte ich immer bei mir, doch nach einer Weile dachte ich nicht mehr an sie. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass die Padgitts es wagen würden, den Herausgeber der Wochenzeitung um die Ecke zu bringen. Die Einwohner Clantons liebten mich nicht so heiß und innig wie Mr Caudle, aber bei einem Anschlag auf mich würde ein Aufschrei durch die Stadt gehen, der mehr Druck erzeugen würde, als den Padgitts lieb sein konnte.
Sie blieben für sich wie nie zuvor. Nach der Niederlage von Mackey Don Coley 1971 hatten sie wieder einmal bewiesen, dass sie sehr geschickt darin waren, ihre Taktik zu ändern. Danny hatte ihnen mehr Aufmerksamkeit verschafft, als sie brauchen konnten, und jetzt waren sie fest entschlossen, jedes weitere Aufsehen zu vermeiden.
Sie igelten sich zunehmend auf Padgitt Island ein und verstärkten ihre Sicherheitsmaßnahmen, da sie fälschlicher-weise der Meinung waren, der neue Sheriff, T.
R.
Meredith, oder sein Nachfolger, Tryce McNatt, würde sie irgendwann holen. Sie bauten ihr Marihuana an und schmuggelten es mit Flugzeugen, Booten, Pick-ups und Pritschenwagen, die angeblich mit Bauholz beladen waren, von der Insel herunter.
Nachdem die Familie festgestellt hatte, dass der Handel mit Marihuana zu viele Risiken barg, begannen die Padgitts mit dem für sie typischen Scharfsinn, Geld in seriöse Unternehmungen zu pumpen. Sie kauften eine Straßenbaufirma, die nach kurzer Zeit bei jedem 355
ausgeschriebenen Regierungsprojekt mitbot. Sie kauften einen Asphalthersteller, eine Fabrik für Fertigbeton und Kiesgruben im nördlichen Teil des Staates. Es war allgemein bekannt, dass der Bau von Highways in Mississippi ein durch und durch korruptes Geschäft war, und die Padgitts kannten sämtliche Regeln.
Ich beobachtete die Aktivitäten der Familie, so gut es ging. Doch damals gab es noch keine gesetzlich garantierte Informationsfreiheit, sodass ich keine Einsicht in die Akten der Behörde nehmen konnte. Auch die Vergabe der Aufträge erfolgte unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Zwarkannte ich die Namen einiger Firmen, die von den Padgitts gekauft worden waren, aber es war so gut wie unmöglich, auf dem Laufenden zu bleiben. Ich hatte nichts, das ich drucken konnte, nicht einmal den Ansatz einer Geschichte, da nach außen hin alles mit rechten Dingen zuging.
Ich wartete, war mir aber nicht ganz sicher, worauf.
Eines Tages würde Danny Padgitt zurückkehren. Vielleicht würde er dann einfach auf der Insel verschwinden.
Oder etwas ganz anderes tun.
Es gab nur wenige Menschen in Clanton, die keiner Kirche angehörten. Die Kirchgänger schienen genau zu wissen, wer die Ungläubigen waren, und ständig wurde man eingeladen, an einem Gottesdienst teilzunehmen.
»Wir sehen uns am Sonntag« war fast so häufig als Abschiedsgruß zu hören wie »Kommt uns besuchen«.
In meinen ersten Jahren in der Stadt war ich mit Einladungen dieser Art geradezu bombardiert worden.
Nachdem bekannt geworden war, dass der Eigentümer und Chefredakteur der Times nicht in die Kirche ging, wurde ich zum berühmtesten Pflichtvergessenen Clantons. Ich 356
beschloss, etwas dagegen zu unternehmen.
Jede Woche stellte Margaret unsere Religionsseite zusammen, die unter anderem aus einem sehr umfang-reichen Verzeichnis der örtlichen Kirchen nach der jeweiligen Glaubensrichtung bestand. Dazu kamen
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