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Die Liste

Die Liste

Titel: Die Liste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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Padgitts Prozess war eine unscheinbare junge Frau namens Darla Clabo gewesen. Sie hatte ein paar Jahre für Loopus gearbeitet und war nach seinem Tod weggezogen.
    Als sie im Sommer 1977 an einem Spätnachmittag in mein Büro kam, wusste ich, dass ich sie von irgendwoher kannte.
    Darla stellte sich vor, und da fiel mir wieder ein, wo ich 348

    sie gesehen hatte: Während des Prozesses hatte sie fünf Tage hintereinander unterhalb der Richterbank gesessen und jedes Wort mitgeschrieben. Inzwischen lebte sie in Alabama. Sie war fünf Stunden gefahren, um mir etwas zu sagen. Doch zuerst musste ich schwören, ihren Namen aus der Sache herauszuhalten.
    Sie stammte ursprünglich aus Broomfield. Vor zwei Wochen hatte sie ihre Mutter besucht und um die Mittagszeit herum einen Mann auf dem Bürgersteig gesehen, den sie kannte. Es war Danny Padgitt, in Begleitung eines Bekannten. Sie war so überrascht gewesen, dass sie über den Randstein gestolpert war und fast gestürzt wäre.
    Padgitt und sein Bekannter gingen in ein Restaurant und setzten sich. Darla konnte sie durch das Fenster sehen. Sie wollte nicht hineingehen. Padgitt hätte sie vielleicht erkannt; allerdings wusste sie nicht genau, warum ihr dieser Gedanke solche Angst einjagte.
    Der Mann, der bei ihm war, steckte in einer Uniform, die jeder in Broomfield kannte – marineblaue Hose und ein kurzärmeliges weißes Hemd, auf dessen Tasche in sehr kleinen Buchstaben STRAFANSTALT BROOMFIELD
    stand. Dazu trug er schwarze Cowboystiefel. Von einer Waffe war nichts zu sehen. Sie erklärte mir, dass es den Wärtern, die die Gefangenen zur Arbeit begleiteten, freigestellt sei, eine Waffe zu tragen. Ich konnte mir nur schwer vorstellen, dass ein Weißer in Mississippi freiwillig auf eine Waffe verzichtete, wenn man ihm die Wahl ließ. Darla äußerte die Vermutung, Danny wolle vielleicht nicht, dass sein Aufpasser bewaffnet war.
    Danny hatte eine weiße Arbeitshose und ein weißes Hemd getragen, die vermutlich vom Camp ausgegeben worden waren. Die beiden blieben lange sitzen und ließen sich ihr Mittagessen schmecken. Sie schienen Freunde zu 349

    sein. Von ihrem Wagen aus sah Darla, wie sie das Restaurant schließlich verließen. Sie folgte ihnen in einiger Entfernung, während Danny und sein Freund einen kleinen Spaziergang machten. Dann betrat Danny ein Gebäude, in dem das Regionalbüro der Straßenbaubehörde von Mississippi untergebracht war. Der Wärter stieg in ein Fahrzeug des Camps und fuhr davon.
    Am nächsten Morgen ging Darlas Mutter in das Büro und gab vor, sich über eine reparaturbedürftige Straße beschweren zu wollen. Man teilte ihr in ruppigem Ton mit, dass es dafür keine Formulare gebe. Während der darauf folgenden turbulenten Auseinandersetzung gelang es ihr, einen Blick auf den jungen Mann zu werfen, den Darla ihr genau beschrieben hatte. Er hielt ein Klemmbrett in der Hand und sah genauso aus wie die vielen anderen Bürohengste, die bei der Behörde beschäftigt waren und nur Papier hin und her schoben.
    Darlas Mutter hatte eine Freundin, deren Sohn in der Verwaltung des Camps arbeitete. Er bestätigte, dass Danny Padgitt im Sommer 1974 dorthin verlegt worden war.
    Nachdem Darla mir das alles erzählt hatte, fragte sie:
    »Werden Sie darüber schreiben?«
    Ich hatte schon die Schlagzeile vor Augen. »Ich werde Nachforschungen anstellen«, erwiderte ich. »Hängt ganz davon ab, was ich herausfinde.«
    »Bitte tun Sie es. So etwas ist nicht recht.«
    »Es ist einfach unglaublich.«
    »Dieser furchtbare Mensch sollte eigentlich in der Todeszelle sitzen.«
    »Da bin ich ganz Ihrer Meinung.«
    »Ich habe bei acht Mordprozessen für Richter Loopus 350

    gearbeitet, aber nur an diesen denke ich heute noch.«
    »Ich auch.«
    Ich musste ihr noch einmal versichern, ihren Namen nicht zu erwähnen. Dann gab sie mir ihre Adresse. Sie wollte ein Exemplar der Zeitung haben, wenn wir die Geschichte druckten.

    Am nächsten Morgen hatte ich keine Mühe, um sechs Uhr aus dem Bett zu steigen. Wiley und ich fuhren nach Broomfield. Da sowohl der Spitfire als auch der Mercedes in der kleinen Stadt zu viel Aufsehen erregt hätten, nahmen wir seinen Ford-Pick-up. Das Camp, das knapp fünf Kilometer außerhalb der Stadt lag, fanden wir ohne Schwierigkeiten. Auch das Gebäude der Straßenbaubehörde war nicht zu übersehen. Gegen Mittag stellten wir uns auf der Hauptstraße in Position. Weil Padgitt uns beide mit Sicherheit erkennen würde, standen wir vor dem Problem, uns auf

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