Die Liste
abgestimmt habe. Widerstrebend hatte sie zugegeben, dass sie sich gegen die Todesstrafe für Danny Padgitt ausgesprochen habe, und bestätigt, dass auch Lenny Fargarson und Mo Teale dagegen gestimmt hätten. Da die beiden ermordet worden waren, hatte McNatt ihr mit ernster Stimme gesagt, dass sie das nächste Opfer sein könnte.
Noch Jahre nach dem Prozess hatte Maxine mit dem Schuldspruch gehadert. Die Stadt war verbittert darüber gewesen, und Maxine hatte die Feindseligkeit gespürt, die man ihr entgegenbrachte. Zum Glück hatten die Geschworenen ihr Versprechen gehalten und kein Wort über die Abstimmung verlauten lassen, sodass sie, Lenny und Mo nicht noch zusätzlich beschimpft worden waren.
Im Laufe der Zeit hatte sie es sogar geschafft, sich von dem Prozess und seinen Folgen zu distanzieren.
Jetzt wusste die ganze Welt, wie sie abgestimmt hatte.
Jetzt wurde sie von einem Verrückten verfolgt. Sie war von ihrer Arbeit als Buchhalterin beurlaubt. Ihre Nerven lagen blank, sie konnte nicht schlafen. Sie hatte es satt, sich in ihrem eigenen Haus zu verstecken, war es leid, dass sich jeden Abend Nachbarn in ihrem Garten versammelten, als hätte sie ein Barbecue veranstaltet, und sie hatte keine Lust mehr, sich vor Fenstern in Acht zu nehmen. Maxine schluckt so viele verschiedene Medikamente, dass sie sich gegenseitig beeinflussten und keines wirkte.
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Als sie die Schachtel mit Pekannüssen sah, fing sie an zu weinen. Es gab jemanden, der sie liebte. Ihre Schwester Jane dachte an sie. Oh, wie gern wäre sie jetzt in Kalifornien bei Jane.
Maxine wollte die Packung schon öffnen, als ihr ein Gedanke durch den Kopf schoss. Sie ging zum Telefon und wählte Janes Nummer. Die beiden Schwestern hatten seit einer Woche nicht miteinander gesprochen.
Jane war im Büro und freute sich über den Anruf. Die beiden plauderten eine Weile über dies und das und kamen dann auf die Situation in Clanton zu sprechen. »Es war wirklich nett von dir, mir die Nüsse zu schicken«, sagte Maxine schließlich.
»Welche Nüsse?«, fragte Jane.
Maxine stutzte. »Die Geschenkpackung von der Bolan-Pekannussfarm in Hazelhurst. Eine große, sie wiegt sicher fast anderthalb Kilo.«
Wieder entstand eine Pause. »Die ist nicht von mir, Schwesterherz. Das muss jemand anderes gewesen sein.«
Kurze Zeit später legte Maxine auf und untersuchte das Päckchen. Ein Aufkleber auf der Vorderseite war mit Text bedruckt: »Ein Geschenk von Jane Parham.« Maxine kannte nur eine Jane Parham.
Sehr vorsichtig nahm Maxine die Schachtel in die Hand.
Sie schien für eine große Dose Pekannüsse etwas zu schwer zu sein.
Zufällig war gerade Travis, der Teilzeit-Deputy, im Haus. Er wurde von einem gewissen Teddy Ray begleitet, einem pickelgesichtigen Jungen mit einer viel zu großen Uniform und einem Dienstrevolver, den er noch nie abgefeuert hatte. Maxine holte die beiden in die Küche, wo die rot-weiß-blaue Schachtel ganz harmlos auf der Arbeitsfläche stand. Der Wachposten gesellte sich 465
ebenfalls zu ihnen. Für eine Weile standen die vier nur da und starrten die Schachtel an. Maxine erzählte von der Unterhaltung mit ihrer Schwester.
Travis nahm die Schachtel in die Hand und schüttelte sie vorsichtig. »Scheint ein bisschen schwer für Pekannüsse zu sein«, bemerkte er. Teddy Ray war blass geworden, und der mit einem Gewehr bewaffnete Nachbar wäre am liebsten sofort in Deckung gegangen.
»Glauben Sie, es ist eine Bombe?«, fragte der Nachbar.
»O Gott«, murmelte Maxine. Sie sah aus, als würde sie gleich in Ohnmacht fallen.
»Möglich wär’s«, erwiderte Travis und starrte entsetzt auf die Schachtel in seiner Hand.
»Schaffen Sie sie raus«, drängte Maxine.
»Sollten wir nicht den Sheriff verständigen?«, krächzte Teddy Ray.
»Schätze, das sollten wir«, sagte Travis.
»Und wenn die Bombe einen Zeitzünder oder so was hat?«, fragte der Nachbar.
Travis zögerte kurz. Dann sagte er mit einer aus völliger Unkenntnis geborenen Autorität: »Ich weiß, was wir zu tun haben.«
Sie gingen durch die Küchentür nach draußen auf die schmale Veranda, die an der Rückseite des Hauses verlief.
Travis legte die Schachtel vorsichtig an den Rand der Veranda, etwa einen Meter über der Erde. Als er seine 44er Magnum zog, fragte Maxine: »Was machen Sie da?«
»Wir werden gleich sehen, ob es eine Bombe ist«, antwortete Travis. Teddy Ray und der Nachbar rannten von der Veranda herunter und stellten sich fünfzehn Meter vom Haus
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