Die Liste
Loopus, als wäre er für den Nachmittag zu einer Partie Golf verabredet. »Rufen Sie Ihren ersten Zeugen auf, Mr Wilbanks.«
»Mr Walter Pickard.«
Der Name sagte mir nichts, was zu erwarten war, aber auch Baggy hatte noch nie etwas von ihm gehört.
Während der einleitenden Fragen stellte sich heraus, dass 121
er seit über zwanzig Jahren in Karaway lebte, jeden Sonntag in die Kirche ging und jeden Donnerstag den Rotarierklub besuchte. Seinen Lebensunterhalt bestritt er durch eine eigene kleine Möbelfabrik.
»Der muss sein Holz bei den Padgitts kaufen«, flüsterte Baggy.
Seine Frau war Lehrerin. Pickard hatte eine Baseball-Jugendmannschaft und eine Pfadfindergruppe betreut.
Wilbanks legte ein meisterhaftes Fundament, um zu suggerieren, dass Mr Pickard tief in seiner Umgebung verwurzelt war.
Karaway war kleiner als Clanton und lag gut fünfundzwanzig Kilometer westlich. Spot hatte den Ort immer vernachlässigt, und wir verkauften dort nur sehr wenige Zeitungen und noch weniger Anzeigen. In meinem jugendlichen Eifer dachte ich bereits über eine Expansion meines Reichs nach. Meiner Ansicht nach konnte eine kleine Wochenzeitung in Karaway tausend Exemplare verkaufen.
»Wann haben Sie zuerst von dem Mord an Miss Kassellaw gehört?«, fragte Wilbanks.
»Zwei Tage danach«, antwortete Mr Pickard. »Manchmal dauert es eine Weile, bis die Nachrichten in Karaway ankommen.«
»Wer hat es Ihnen erzählt?«
»Eine meiner Angestellten, deren Bruder in der Nähe von Beech Hill lebt, wo der Mord passiert ist.«
»Haben Sie auch gehört, dass ein Tatverdächtiger verhaftet wurde?«, fragte Wilbanks, der wie ein gelangweiltes Tier im Käfig seine Runden drehte. Trotzdem spulte er sein Programm herunter, ohne etwas auszulassen.
»Ja, es hieß, einer der jungen Padgitts wäre festge-122
nommen worden.«
»Konnten Sie sich später von der Richtigkeit dieses Gerüchts überzeugen?«
»Ja.«
»Wie?«
»Ich hab den Artikel in der Ford County Times gesehen.
Auf der Titelseite war ein großes Foto von Danny Padgitt, direkt neben einem genauso großen Bild von Rhoda Kassellaw.«
»Haben Sie den Artikel gelesen?«
»Ja.«
»Und haben Sie sich eine eigene Meinung über Mr Padgitts Schuld oder Unschuld gebildet?«
»Für mich wirkte er schuldig. Das Foto zeigte ihn in einem blutverschmierten Hemd. Sein Gesicht war direkt neben dem des Opfers. Die Schlagzeile war riesig und lautete, wenn ich mich recht erinnere, ›Danny Padgitt wegen Mordes verhaftet‹.«
»Also dachten Sie, er wäre schuldig?«
»Es war unmöglich, das nicht zu denken.«
»Wie fielen in Karaway die Reaktionen auf den Mord aus?«
»Alle waren geschockt und empört. Dies ist ein friedliches County. Schwere Verbrechen sind selten.«
»Glauben die meisten Leute in Karaway, dass Danny Padgitt Rhoda Kassellaw vergewaltigt und ermordet hat?«
»Ja, besonders wegen der Art, wie die Zeitung die Story präsentiert hat.«
Ich spürte, wie sich von allen Seiten Blicke auf mich richteten, aber ich sagte mir, dass wir nichts Unrechtes getan hatten. Die Menschen verdächtigten Danny Padgitt, 123
weil der Dreckskerl die Verbrechen begangen hatte.
»Kann Mr Padgitt Ihrer Meinung nach in Ford County einen fairen Prozess erwarten?«
»Nein.«
»Worauf gründet sich diese Meinung?«
»Die Zeitung hat ihm schon den Prozess gemacht und ihn verurteilt.«
»Glauben Sie, dass der Großteil Ihrer Freunde und Nachbarn in Karaway diese Meinung teilt?«
»Ja.«
»Ich danke Ihnen.«
Mr Ernie Gaddis war bereits auf den Beinen und streckte seinen Notizblock aus, als wäre er eine Pistole. »Sie haben also eine Möbelfabrik, Mr Pickard?«
»Ja, das ist richtig.«
»Kaufen Sie Ihr Holz hier in der Gegend?«
»Ja.«
»Bei wem?«
Pickard rutschte auf seinem Stuhl herum und überdachte die Frage. »Bei Gates Brothers, Henderson, Tiffee, Voyles and Sons und ein oder zwei anderen Holzhändlern.«
»Voyles gehört Padgitt«, flüsterte Baggy.
»Kaufen Sie Holz von den Padgitts?«, fragte Gaddis.
»Nein, Sir.«
»Weder jetzt noch früher?«
»Das ist richtig, Sir.«
»Gehört eine dieser Holzfabriken den Padgitts?«
»Meines Wissens nach nicht.«
Tatsache war, dass niemand genau wusste, was den Padgitts gehörte. Seit Jahrzehnten hatten sie sich in zu 124
vielen Geschäften breit gemacht, legalen und illegalen. Mr Pickard mochte in Clanton nicht besonders gut bekannt sein, aber im Augenblick verdächtigte man ihn, in irgendeiner Beziehung zu den Padgitts
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