Die Liste
zu stehen. Warum sollte er freiwillig in Dannys Sinn aussagen?
Gaddis wechselte das Thema. »Sie sagten, das Foto des blutverschmierten Mr Padgitt habe viel zu tun gehabt mit Ihrer Annahme, er sei schuldig. Liege ich da richtig?«
»Auf dem Bild wirkte er sehr verdächtig.«
»Haben Sie den ganzen Artikel gelesen?«
»Ich denke schon.«
»Dann haben Sie auch gelesen, dass Mr Danny Padgitt einen Autounfall hatte, sich dabei verletzte und zusätzlich wegen Alkohols am Steuer angeklagt wurde?«
»Ja, ich glaube, das habe ich auch gelesen.«
»Möchten Sie, dass ich Ihnen den Artikel zeige?«
»Nein, ich erinnere mich.« :
»Gut. Wie sind Sie dann so schnell zu der Annahme gelangt, das Blut stamme von dem Opfer und nicht von Mr Padgitt selbst?«
Pickard rutschte wieder hin und her. Er wirkte entmutigt.
»Ich hab nur gesagt, dass er schuldig wirkte, wenn man die Fotos anschaute und die Artikel las.«
»Waren Sie je in einer Jury?«
»Nein, Sir.«
»Kennen Sie den Sinn der Unschuldsvermutung?«
»Ja.«
»Ist Ihnen klar, dass die Staatsanwaltschaft des Bundesstaates Mississippi Mr Padgitts Schuld zweifelsfrei beweisen muss?«
»Ja.«
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»Glauben Sie daran, dass jeder eines Verbrechens Beschuldigte ein Anrecht auf einen fairen Prozess hat?«
»Ja, natürlich.«
»Gut. Dann lassen Sie uns mal annehmen, Sie würden aufgefordert, in diesem Fall als Geschworener zu fungieren. Sie haben die Zeitungsartikel gelesen, die Gerüchte gehört, und Sie treffen jetzt zu diesem Prozess ein, in exakt diesem Sitzungssaal. Eben haben Sie ausgesagt, dass Sie Mr Padgitt für schuldig halten. Lassen Sie uns annehmen, dass Sie als Geschworener bestimmt werden und dass Mr Wilbanks, ein sehr fähiger und erfahrener Anwalt, die Anklage der Staatsanwaltschaft angreift und unsere Beweise ernsthaft in Zweifel zieht.
Und lassen Sie uns weiter annehmen, dass sich in Ihrem Kopf Zweifel regen, Mr Pickard. Könnten Sie in diesem Fall für seine Unschuld stimmen?«
Pickard war den Worten des Staatsanwalts nickend gefolgt. »Ja, unter diesen Umständen könnte ich es«, antwortete er.
»Unabhängig davon, wie Sie jetzt über seine Schuld oder Unschuld denken, wären Sie bereit, die Beweislage zu studieren und eine gerechte Abwägung vorzunehmen, bevor Sie Ihre Entscheidung fällen?«
Die Antwort war so offensichtlich, dass Mr Pickard gar keine andere Wahl blieb. »Ja.«
»Natürlich«, sagte Gaddis. »Und was ist mit Ihrer Frau?
Sie haben erwähnt, sie ist Lehrerin, stimmt’s? Sie würde doch genauso unvoreingenommen an den Fall herangehen, oder?«
»Ich denke schon. Ja.«
»Und was ist mit den Mitgliedern des Rotarierklubs in Karaway? Sind die auch so gerecht wie Sie?«
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»Vermutlich schon.«
»Nun zu Ihren Angestellten, Mr Pickard. Sie stellen doch sicher ehrenhafte, aufrichtige Leute ein. Wären auch sie in der Lage, die Zeitungsartikel und das Gerede zu vergessen und diesen Mann gerecht zu behandeln?«
»Ich glaube schon.«
»Keine weiteren Fragen, Euer Ehren.«
Eilig verließ Mr Pickard den Zeugenstand und stürmte aus dem Sitzungssaal. Lucien Wilbanks erhob sich. »Euer Ehren, die Verteidigung ruft Mr Willie Traynor auf«, verkündete er ziemlich laut.
Ein Ziegelstein hätte Mr Willie Traynor nicht härter treffen können als dieser Satz. Ich schnappte nach Luft.
»Oh, Scheiße«, sagte Baggy neben mir etwas zu laut.
Harry Rex saß mit ein paar anderen Anwälten auf der Geschworenenbank. Auch er wollte sich das Spektakel nicht entgehen lassen. Als ich mit wackligen Knien aufstand, warf ich ihm einen verzweifelten, Hilfe suchenden Blick zu. Er erhob sich ebenfalls.
»Euer Ehren«, begann Harry Rex. »Ich bin Mr Traynors Anwalt. Der junge Mann ist nicht benachrichtigt worden, dass man ihn in den Zeugenstand rufen würde.« Weiter so, Harry Rex, tun Sie was!
»Tatsächlich?«, bemerkte der Richter achselzuckend.
»Er ist hier. Was macht das also für einen Unterschied?«
In seiner Stimme deutete nichts auf irgendwelche Bedenken hin, und mir war klar, dass es kein Entkommen gab.
»Bei einer Benachrichtigung hätte sich mein Mandant vorbereiten können. Er hat ein Recht darauf.«
»Wenn ich richtig informiert bin, ist er der Herausgeber der Zeitung, oder?«
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»Ja.«
Lucien Wilbanks stürmte auf die Geschworenenbank zu, als wollte er Harry Rex einen Schwinger verpassen. »Euer Ehren, er gehört zu keiner prozessführenden Partei und wird bei dem Verfahren nicht als Zeuge aussagen. Er ist der Autor
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