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Die Löwen

Die Löwen

Titel: Die Löwen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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gewesen.
    Die zweite Möglichkeit bestand darin, dass es sich um Boris handelte.
    › Boris ‹ war eine legendäre Gestalt in den Kreisen, in denen Ellis sich bewegte – unter revolutionären Studenten, unter den exilierten Palästinensern, den passionierten politischen Rhetorikern, den Herausgebern schlecht gedruckter Extremistenblätter, den Anarchisten und Maoisten und Armeniern und militanten Vegetariern. Es hieß, er sei Russe, ein KGB-Mann, der bereit sei, jedwede › linke ‹ Gewalttat im Westen finanziell zu unterstützen. Viele bezweifelten, dass es ihn wirklich gab, vor allem diejenigen, die vergeblich versucht hatten, für ihre Heldentaten Geld von den Russen zu kriegen. Doch Ellis hatte seine Beobachtungen gemacht. Von Zeit zu Zeit kam es vor, dass zum Beispiel eine Gruppe, die monatelang gejammert hatte, sie könne sich nicht einmal ein Kopiergerät leisten, mit einem Schlag aufhörte, von den fehlenden Finanzen zu quasseln, und plötzlich sehr Sicherheitsbewusst wurde; und dann, kurz darauf, gab es eine Entführung oder eine Schießerei oder eine Bombenexplosion.
    Zweifellos, davon war Ellis überzeugt, gaben die Russen solchen Gruppen wie den türkischen Dissidenten Geld: Der Versuchung, auf so billige und praktisch risikolose Weise Unruhe zu stiften, konnten sie schwerlich widerstehen. Im übrigen finanzierten j a auch die USA in Mittelamerika Kidnapper und Mörder, und er konnte sich nicht vorstellen, dass die Sowjetunion weniger Skrupel hatte als sein eigenes Land. Und da in diesem Beruf Banküberweisungen mehr als riskant gewesen wären, musste es jemanden geben, der bar zahlte; folglich existierte da auch irgendeine Art Boris.
    Den wollte Ellis dringendst kennenlernen.
    Punkt zehn Uhr dreißig ging Rahmi vorüber. Er trug ein rosa Lacoste-Hemd und tadellos gebügelte braune Hosen. Er wirkte nervös. Er warf Ellis einen brennenden Blick zu, dann sah er wieder weg.
    Ellis folgte ihm im Abstand von zehn bis fünfzehn Metern, wie sie es vereinbart hatten.
    Im nächsten Straßencafé saß, muskulös und übergewichtig, Pepe Gozzi. Er trug einen schwarzen Seidenanzug, als habe er die Messe besucht, was wahrscheinlich sogar stimmte. Auf seinen Knien lag eine große Aktentasche. Er erhob sich und fiel gleichsam neben Ellis in Schritt, doch auf eine solche Weise, dass ein zufälliger Beobachter nicht wissen konnte, ob sie zusammengehörten oder nicht.
    Rahmi strebte hügelaufwärts, dem Are de Triomphe entgegen.
    Ellis beobachtete Pepe aus den Augenwinkeln. Der Korse besaß einen geradezu animalischen Selbsterhaltungstrieb. Unablässig prüfte er, ob er beschattet wurde: Zum Beispiel blickte er, wenn sie eine Straße überquerten und wartend an der Ampel standen, auf denkbar natürlichste Weise den Boulevard zurück; oder er beobachtete, wenn sie einen Eckladen passierten, die Menschen, die sich hinter ihm in der diagonalen Schaufensterscheibe spiegelten.
     
    Ellis mochte Rahmi, Pepe jedoch nicht. Rahmi war ein aufrichtiger Mensch mit hohen Prinzipien, und die Menschen, die er tötete, hatten den Tod wahrscheinlich verdient. Pepe war völlig anders. Was er tat, tat er des Geldes wegen – und weil er zu plump und zu dumm war, sich im legalen Geschäftsleben über Wasser zu halten.
    Drei Straßenzüge östlich vom Are de Triomphe bog Rahmi in eine Nebenstraße ein. Ellis und Pepe folgten. Rahmi führte sie quer über die Straße und trat ins Hotel Lancaster.
    Das also war der eigentliche Treffpunkt. Ellis hoffte, das Rendezvous werde in einer Bar oder einem Restaurant im Hotel stattfinden: In einem der Öffentlichkeit zugänglichen Raum würde er sich sicherer fühlen.
    Nach der Hitze auf der Straße wirkte die marmorne Eingangshalle kühl. Ellis fröstelte leicht. Ein Kellner im Frack musterte missbilligend seine Jeans. Rahmi trat in den winzigen Fahrstuhl am Ende des L-förmigen Foyers. In einem Hotelzimmer also. Nun gut.
    Ellis folgte Rahmi in den Fahrstuhl, und Pepe quetschte sich hinter beiden rein. Während der Lift empor glitt, waren Ellis’ Nerven zum Zerreißen gespannt. Im vierten Stock stiegen sie aus. Rahmi führte sie zu Zimmer 41 und klopfte.
    Ellis versuchte, eine ruhige und ausdruckslose Miene aufzusetzen.
    Die Tür öffnete sich langsam.
    Es war Boris. Das war Ellis klar in demselben Augenblick, da er ihn sah, und er empfand einen vibrierenden Triumph und gleichzeitig das kalte Schaudern von Furcht. Alles an dem Mann › sprach ‹ gleichsam von Moskau, vom billigen Haarschnitt bis zu

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